edeka Weihnachtsspot

Was Employer Branding vom neuen Edeka Weihnachtsclip lernen kann

Es gibt kaum mehr einen Facebook-Kontakt, der ihn noch nicht in meine Timeline gepostet oder geliked hat. Der aktuelle Edeka Weihnachtsspot ist so schön traurig und süß zugleich. Er rührt an, weckt Emotionen und hat eine starke Botschaft. Und die trifft sein Ziel, gerade in turbulenten und unruhigen Zeiten wie wir sie jetzt haben.

Was also können Unternehmen für Ihr Employer Branding von diesem viralen Superstar, zu dem sich der Edeka-Clip entwickelt hat, lernen? Eine ganze Menge.


Bevor ich zur Sache komme, hier noch eine schnelle Zusammenfassung der Inhalte des Werbespots:

Ein alter Mann erhält von seinen Kindern und Verwandten nur Absagen zum Weihnachtsfest und wendet einen Trick an, um am Ende doch noch mit der Familie Weihnachten zu feiern: Er täuscht sein eigenes Ableben vor und lädt zum Leichenschmaus.

[youtube https://www.youtube.com/watch?v=V6-0kYhqoRo]

Und nun zu den Learnings für HR:

Verzichten Sie auf einen Bezug zu ihrer (Arbeitgeber)Marke

Lassen Sie sich nicht von überkommenem Geschwätz beirren, Authentizität wäre wichtig oder echtes Erleben der Markenwerte von Bedeutung. Alles Kokolores! Es geht nur um eine gute Geschichte. Die Menschen wollen Ihre Werbebotschaft eh nicht hören. Also verschonen Sie diese. Hauptsache die Story hinter Ihrer Kampagne ist gut.

Auch Edeka musste das erst lernen. Dort wo die reine „Wir lieben Lebensmittel“-Kampagne noch nah an der Unternehmenswirklichkeit war und den Einzelhändler sympathisch und authentisch gezeigt hatte, war die „Supergeil“-Kampagne bereits ein Fortschritt: Einfach mal richtig einen vom Leder ziehen und übertreiben. Den Makel, dass „Supergeil“ noch im Edeka-Laden spielte, haben die Macher jetzt behoben und den Markenbezug komplett gekippt.

Coca Cola macht das bereits seit vielen Jahren. Die ungesunde und völlig überteuerte Zuckermischung hat Weihnachten gekapert, stellt den Weihnachtsmann und die entsprechenden Lichtertrucks sowie das dazu notwendige Lebensgefühl. Und wir genießen es. – Nur dass Weihnachten eben nicht mehr nur Coca Cola ist, sondern ab jetzt auch Edeka.

Nutzen Sie rührselige Momente bei Ihrer Zielgruppe

Um den Effekt zu maximieren, starten Sie Ihre Kampagne am besten dann, wenn die Menschen besonders gefühlsduselig sind.

Weihnachten ist perfekt, kommt aber leider nicht so oft im Jahr vor. Und ist nun schon besetzt. Alternativ machen Sie was mit Kindern oder Tieren. Cat Content ist ja immer ein Garant für Klicks.

Traurige Katze am Fenster
Katzenbilder sind die Stars im Social Web

Heiß gehandelt sind auch Themen wie Umweltschutz oder Weltfrieden. Was, die passen nicht zu Ihrer Marke, weil Sie Zigaretten herstellen? Sie haben echt noch nichts verstanden. Ab zurück auf Los und den oberen Absatz (nochmal) lesen!

Denken Sie nur in Einzelkampagnen

Das Buzzword „Storytelling“ mag ich Ihnen in diesem Zusammenhang natürlich nicht vorenthalten. Passt jetzt gerade so gut. Also: Schreiben Sie eine Geschichte zu Ihrer Arbeitgebermarke. Zum Beispiel, dass Sie als Duschgel-Hersteller dafür Sorge tragen, dass Katzen ihren Besitzerinnen (Frauen sind zwischenzeitlich ebenfalls eine gern genommene emotionale Zielgruppe) über den Tod hinaus treu sind. Ziehen Sie das ordentlich in die Länge und weiden Sie den Katzenjammer richtig aus. Es ist ja nur für dieses eine Mal.

Denn beim nächsten Mal machen Sie was mit Weltraum und Zukunft, dem Aufbruch in eine bessere Welt auf einem anderen Planeten, nachdem wegen der Klimakatastrophe auf der Erde alles den Bach runter gegangen ist. Was das mit Duschgel zu tun hat? Herrgott, Sie kapieren es echt nicht, oder?

Wichtig: Keine zusammenhängenden Kampagnen oder sowas wie eine Folgestory. Jede einzelne Kampagne ist schließlich auf maximalen Einzelerfolg ausgelegt (Stichwort: Ausweiden!). Und was sollen auch Zusammenhänge, wo Ihr Unternehmen doch gleichermaßen halbjährlich seine Unternehmenswerte und Kultur verändert? Eben.

Werden Sie zur moralischen Instanz

Und jetzt zur Königsdisziplin. Employer Branding wirkt dann besonders gut, wenn Sie sich von anderen unterscheiden. Und das möglichst positiv. Man nennt das den besonderen Arbeitgebervorteil oder EVP (Employer Value Propositon).

Sendebewusstsein und Weltverbesserungsdenke
Als moralische Instanz über den Dingen stehen und eine Botschaft senden

Also stellen Sie sich am besten über die anderen Unternehmen und werden zugleich zu einer moralischen Instanz. Immerhin trifft der Edeka-Spot deshalb genau unser Gewissen, weil nahezu jeder wesentlich öfter mit seinen Eltern und Großeltern kommunizieren könnte, oder?

Trauen Sie sich also wertende Aussage über andere zu und integrieren Sie diese in Ihre Markenbotschaften. So nach dem Motto „Bei Moralfragen, Edeka fragen!“ (nein, nicht Tech-Nick!). Oder auch die Bundeswehr oder Waffenlobby. Völlig egal.

SIE. SIND. BESSER.

Das wird Ihre Zielgruppe schnell erkennen – immerhin hagelt es im Netz Kommentare wie „Danke Edeka, dass Ihr das mal aussprecht!“.

Wahrscheinlich wird es jetzt mit der Popularität des Papstes eng. Wo doch Unternehmen die neue moralische Instanz bilden. Fehlt nur noch, dass der Weihnachtssegen umbenannt wird in „urbi et edeka“…


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Stefan Scheller

Autor und Speaker Persoblogger Stefan SchellerMein Name ist Stefan Scheller. In meiner Rolle als Persoblogger und Top HR-Influencer (Personalmagazin 05/22) betreibe ich diese Website und das gleichnamige HR Praxisportal. Vielen Dank für das Lesen meiner Beiträge und Hören meines Podcasts Klartext HR!

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DANKE!

0 Antworten

  1. Danke Stefan, es war mir ein Fest. Und irgendwie habe ich mich auch gefragt, warum der offensichtlich wohlhabende und sehr rüstige Opa sich nicht einfach selbst bei seinen Kids einlädt. Die haben schließlich jede Menge zu tun und wenig Freizeit. Achja, dann hätte das mit der moralischen Instanz und dem schlechten Gewissen nicht funktioniert. Ich muss noch lernen 😉

  2. Zitat Joni Mitchell (Song „Big Yellow Taxi“): „All in all you´re gotta shown, you don´t know what you´ve got ´til it´s gone…“ Mit Mangel-Drohungen lassen sich gut Lebensmittel verkaufen, damit der Tisch zu Weihnachten richtig durchhängt… Es geht dabei gar nicht um den Lebensmittel-Mangel, sondern um den Mangel an Beziehung. Der verzweifelte Opa (und seine Nachfahren) gehören offensichtlich einer erfolgreichen sozialen Schicht an. Hier gilt ganz besonders das Motto: „Je mehr ich besitze, desto beziehungsloser werde ich.“ Darum kann ich – auch mit prallem Portemonnaie inmitten vorweihnachtlich überfällter Verkaufsregale – im Herzen ein armes, kleines Würstchen sein. Die große Menge der Bevölkerung, die sich einer sozial tieferliegenden Schicht als die Edeka-Video-Charaktere zuordnen darf, kann nun mit gutem Gewissen reichhaltigstes Edel-Futter für´s Familienfest einkaufen. Die Frage nach dem WO erübrigt sich – Absolution per youtube sozusagen… Ich find´s cool (bin aber befangen, da seit dem 25. Lebensjahr Halb- und mit 32 Lenzen Vollwaise geworden)

    1. „Je mehr ich besitze, desto beziehungsloser werde ich“ – eine starke, ebenso kontroverse These. Wahrscheinlich besteht tatsächlich ein Zusammenhang. Ja, das Video ist einerseits cool, sonst wäre es nicht so erfolgreich. Allerdings zugleich auch sehr subtil beeinflussend. Als ob der üppige Einkauf von Lebensmitteln den Mangel an Beziehungen dann wieder erfolgreich kitten würde. Es geht um Beziehungsmangel und Mangel an Nähe – das Thema ist perfekt. Aber bitte nicht „auf´s Brot geschmiert“ von EDEKA!

  3. Mein lieber Stefan,

    ich kann Dein Gesicht beim Schreiben des Posts förmlich vor mir sehen. 😉

    Sehr schön geschrieben – hoffe, jeder versteht das auch ohne „Ironie“-Tags richtig. Ich jedenfalls habe es mit Genuss gelesen. Danke Dir.

    Grüsse aus Basel + bis bald mal wieder!

    Marcus

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