Bloggerin Eva Zils nannte es in ihrem letzten HR Buzzfeed Newsletter „Aufruhr, ach was, helle Aufregung“, was mein Beitrag zum kununu-Update bei den Personalmarketing-Verantwortlichen hervorgerufen hat. Und der Blick auf die tausendfachen Aufrufzahlen gibt ihr Recht. HR-Deutschland fragt sich kollektiv: kununu, quo vadis? Ein Interview mit kununu CEO Florian Mann bringt Licht ins Dunkel.Was liegt also näher, als mit dem kununu CEO Florian Mann ein ausführliches Hintergrundgespräch über den derzeitigen Entwicklungsstand von kununu sowie der strategischen Positionierung im Umfeld von XING und Co zu führen.
Erstaunliche Einblicke und wertvolle Erläuterungen, z.B. warum sich die Arbeitgeberbewertungs-Scores auf kununu und XING unterscheiden können, lesen Sie in diesem Beitrag.
Kein kununu Relaunch sondern agiles Arbeiten
Zuallererst eine wichtige Klarstellung: Meine Formulierung „Update“ war bewusst gewählt, wurde allerdings bei der zigfachen viralen Verbreitung im Netz häufiger als „Relaunch“ bezeichnet. Dazu erläutert mir Florian Mann, dass kununu keine klassischen Relaunchs, bei denen an einem Tag X das komplett neue Produkt enthüllt wird, mehr fahre, sondern agil arbeite und mutiger geworden sei, was das Testen von Neuheiten angehe. Änderungen an der Website werden wöchentlich in kleinen Schritten getestet und bei Erfolg beibehalten. Somit kann das kununu Entwickler-Team auf Feedback schneller reagieren.
Für mich übrigens auch ein deutlicher Hinweis darauf, dass es sich lohnt Feedback zu geben.
90% der kununu-Nutzer suchen via Suchschlitz
Im Übrigen kommen nach internen Messungen ca. 60% der Nutzer über Google direkt auf die Unternehmensprofile und landen damit gar nicht auf der Startseite. Und diejenigen, die dort landen, nutzen bisher zu 90% den Suchschlitz, weshalb dieser nun prominent auf Startseite eingebunden sei.
Mit der neuen Logo-Struktur könnten, so Florian Mann, die Nutzer jetzt noch direkter und schneller auf besonders interessante oder häufig geklickte Profile springen.
Suchmöglichkeiten werden ausgebaut und optimiert
Die von mir vermissten Suchfilter, die anscheinend so gut wie nicht genutzt wurden, können übrigens schon heute über die Nutzung der Suchfunktion reaktiviert werden. Insgesamt baue kununu laut Florian Mann aber an einer weitaus größeren Optimierung der Suchfunktionen innerhalb der Plattform.
Redaktionelle Zusammenstellungen als Eyecatcher
Die unter dem noch etwas irreführenden Begriff „Neuigkeiten“ firmierenden redaktionellen Inhalte bzw. Zusammenstellungen auf der Startseite, sollen zukünftig massiv ausgebaut werden. Das erinnert stark an den Apple Appstore bzw. Spotify oder auch Amazon Prime und könnte daher erfahrungsgemäß tatsächlich für die Nutzer interessanter sein, als nur von Algorithmen errechnete Rankings (z.B. auf Basis von Klickzahlen oder der Anzahl vorhandener Bewertungen). Hierfür investiere kununu nach Florian Mann gerade in ein entsprechendes Redaktionsteam.
Auch Unternehmen sollen News posten können
Redaktionell wachsen sollen die Inhalte auf der Plattform auch dadurch, dass Unternehmen ihre Neuigkeiten zukünftig auf kununu einstellen und den Nutzern damit prominent zugänglich machen. Eine Art „großer multiautoren kununu-Blog“ bahnt sich also an.
Einen deutlichen Ausbau sollen auch die kununu Branchenseiten erfahren. Mehr dazu werden wir in Kürze sehen.
Die strategische Positionierung von kununu gegenüber XING
Da die in meinem letzten Beitrag beschriebenen strukturellen und funktionalen Anpassungen an der Plattform, insbesondere die Herausnahme des kununu-Stellenmarkts, den Eindruck hatte erwecken können, dass kununu alsbald komplett in XING integriert wird und seine Eigenständigkeit verliert, war für mich besonders die Frage nach der strategischen Ausrichtung von XUNUNU (= XING und kununu) von Interesse.
Dazu Florian Mann: „XING und kununu sind zwei Plattformen, deren Kernkompetenzen sich ideal ergänzen und miteinander vernetzen lassen. Eine echte Familie zu sein, bedeutet für uns, dass jedes Familienmitglied seine eigenständige Rolle mit einem klaren Schwerpunkt hat.“
Aus diesem Grund konzentriert sich kununu auf seine Vision durch Arbeitgeberbewertungen und Unternehmensprofile volle Transparenz auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen.
Stärkung des XING-Stellenmarkts
Entsprechend dieser Positionierung wird kununu zwar für Arbeitgebertransparenz stehen, den XING-Stellenmarkt aber nutzen, wenngleich nicht damit konkurrieren.
In diesem Zusammenhang bin ich schon sehr gespannt auf die geplanten Neuerungen im XING-Stellenmarkt. Nach dem Kauf der Job Metasuche Jobbörse.com waren die Spekulationen ja bereits groß. Vor allem hoffen wir auf eine Optimierung des XING Suchalgorithmus, damit z.B. Managern zukünftig keine Praktikantenstellen mehr vorgeschlagen werden. Wir werden sehen und ich werde sicher auch dazu hier bloggen.
Nur noch ein einziger kununu-Score
Wie im aktuellen Entwicklungsstand ersichtlich, wird es zukünftig einen Gesamt-kununu-Score pro Unternehmen geben, nach dem ganzheitlich gerankt wird. Dieser wird aus den drei bekannten Einzelbewertungs-Scores im Bereich Mitarbeiter, Bewerber und Auszubildende gebildet. Die drei Einzelwerte gehen dabei aber natürlich nicht verloren, sondern sind bereits wieder sichtbar und damit weiter nutzbar.
Die Erklärung, warum die Bewertungs-Scores zwischen dem kununu und dem XING Employer Branding Profil voneinander abweichen können, liefert Florian Mann gleich mit: Während kununu alle drei Einzelwerte mathematisch zusammenführt, nimmt XING nur den Wert aus der Rubrik Mitarbeiter, da XING auch nur die Mitarbeiterbewertungen anzeigt. Aber hier ist in Zukunft eine konsistente und klare Anzeige geplant.
Was bin ich froh.
Vor allem weil XING ja neuerdings einen Teil der kununu-Bewertungen ausführlich einblendet und damit die Nutzer möglichst lange auf der eigenen Plattform halten will. Aus meiner Sicht ebenfalls noch eine Ungereimtheit innerhalb der Stellung der XUNUNU-Familienmitglieder.
kununu-Bewertungen nur noch mit zertifizierten Codes?
Im Beitrag eines Schweizer Bloggers habe ich folgende Information über die Firma Webrepublic aufgeschnappt, die angeblich an ihre Mitarbeiter anonymisiert Gutscheincodes verteilt, die sie bei der Bewertung des Arbeitgebers auf kununu eingeben müssen. Ziel soll sein, dass nur Bewertungen von echten Mitarbeitern möglich sind und theoretisch nicht jeder beliebige Dritte den Score beeinflussen kann. Mit anderen Worten: Bewertungen ohne Code sollen gelöscht werden.
Was auf den ersten Blick nach einer cleveren Idee aussieht, entpuppt sich in meinen Augen schon auf den zweiten Blick als Rohrkrepierer. Denn wenn ich quasi die „Lizenz zum Bewerten“ explizit vergebe, setze ich mich als Unternehmen leicht dem Verdacht einer mehr als gezielten Steuerung der eigenen Arbeitgeberbewertung aus, was der Glaubwürdigkeit in meinen Augen nicht sonderlich dienlich ist.
Auch Florian Mann hält das nicht für den Weg der Zukunft, um die Anonymität der User sicherzustellen, erachtet aber solche Aktionen von Unternehmen als legitim. Im Fachjargon „verified reviews“ genannte Bewertungen seien als zentrale Funktion bei kununu jedoch nicht angedacht.
Was wurde eigentlich aus den ungeliebten Expressbewertungen via XING?
Spätestens im Zusammenhang mit den jährlichen Award-Verleihungen Top nationaler Arbeitgeber von Fokus und XING gerieten die sogenannten Expressbewertungen regelmäßig in die massive Kritik. So wurden XING-Nutzer angeschrieben und gebeten, ihren Arbeitgeber via Expressbewertung zu bewerten und damit Einfluss auf das medial stark vermarktete Ranking zu nehmen. Personalmarketing-Verantwortlich waren Jahr um Jahr erneut sauer, als im Nachgang der Befragung in Wellen die neuen Kurzbewertungen (reine Sternebewertung) in die Employer Branding Profile der teilnehmenden Unternehmen eingespielt wurden.
Hier gibt es positiv zu berichten, dass die aktuellen Befragungsaufrufe jetzt angeblich in den normalen kununu-Bewertungsprozess einlaufen und daher recht ausführlich sein können beziehungsweise organisch eingespeist werden.
kununu und das Verhältnis zu Glassdoor
Abschließend wollte ich von Florian Mann noch wissen, wie er zum Markteintritt von Glassdoor steht bzw. wie sich das Geschäft von kununu in diesem Zusammenhang entwickelt.
„Der Markteintritt von Glassdoor in Deutschland kam nicht überraschend. Wir begrüßen, dass das Thema Transparenz auf dem Arbeitsmarkt damit weiter an Fahrt gewinnt, kununu setzt sich bereits seit 2007 erfolgreich dafür ein. Unsere Marktführerschaft als größte Arbeitgeber-Bewertungsplattform im deutschsprachigen Raum und unsere lokale Stärke werden wir auch weiterhin mit voller Energie für unsere User und Kunden einsetzen und ausbauen.“
Herzlichen Dank, Florian, für das sehr ausführliche Telefonat! Die von Dir explizit oder zwischen den Zeilen geteilten Informationen helfen meinem persönlichen Verständnis über die zukünftige Rolle und Entwicklung von kununu sehr. Auch stimmen sie mich optimistisch, dass die HR-Szene im D-A-CH-Raum weiter einen starken Nutzen aus den Portalen XING und kununu ziehen wird.
Und der zu Anfang dieses Beitrags beschriebene „Aufruhr“ war insofern durchaus nützlich, denn er hat zu intensiven Gesprächen geführt. Und die wirken oft Wunder, wie ja gerade wir Personaler wissen …