An deutschen Hochschulen schreiben sich Frauen deutlich seltener als Männer für MINT-Fächer ein – selbst bei gleichen Schulleistungen in diesem Bereich. Die Geschlechterlücke liegt hier bei 24%. Das belegt eine aktuelle Studie, die zudem die Ursachen erforscht.
Ergebniss einer Studie
Mädchen entscheiden sich erst dann für den Studiengang in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik, wenn ihr persönlicher Leistungsabstand zu anderen Fächergruppen in der Schule viermal größer ist als bei Jungen. Weitere Hürde: Frauen in MINT-Fächern erwarten mehr geschlechtsbezogene Diskriminierung am Arbeitsplatz als Studentinnen anderer Fachrichtungen. Das sind Ergebnisse des Diskussionspapiers „Relative Grades and Gender Differences in STEM Enrollment“ des EPoS Economic Research Center an den Universitäten Bonn und Mannheim.
Für Mädchen und Jungen in der Schule gilt zunächst gleichermaßen, dass überdurchschnittliche Leistungen in den MINT-Fächern eine wichtige Voraussetzung für ein entsprechendes Studium sind. Allerdings schreiben sich junge Frauen erst dann mit derselben Wahrscheinlichkeit für ein MINT-Fach ein, wenn ihr persönlicher Leistungsvorteil gegenüber anderen Fächern viermal höher ist als bei Männern mit gleichen MINT-Leistungen und schlechteren Gesamtnoten. Dieser deutliche Unterschied hat die Studien-Autor:innen überrascht.
MINT-Studentinnen erwarten mehr Diskriminierung am Arbeitsplatz
Die Folge: In Deutschland sind Frauen noch immer weitaus seltener als Männer in den gut bezahlten MINT-Berufen vertreten. Eine zusätzliche Hürde, auf die junge Frauen bei der Studienfachwahl treffen, hat nichts mit der Leistung zu tun. Vielmehr befürchten die Studentinnen in MINT-Fächern im späteren Berufsleben deutlich häufiger als in anderen Fachrichtungen eine geschlechtsspezifische Diskriminierung am Arbeitsplatz. Strukturelle und kulturelle Barrieren halten viele geeignete Frauen davon ab, sich für einen MINT-Studiengang zu entscheiden. Das ist besorgniserregend, denn in diesem Bereich herrscht akuter Fachkräftemangel, obwohl MINT-Absolventen oft gut verdienen und gute Karriereaussichten haben.
Trotz dieser positiven Zukunftsperspektiven sind Frauen laut OECD-Angaben in mathematik-intensiven Fachbereichen nach wie vor unterrepräsentiert. Nur 22% aller Absolventen eines MINT-Studiengangs an deutschen Hochschulen sind Frauen. In den OECD-Ländern insgesamt sind es dagegen 32%. Die Gründe könnten nach Einschätzung der Forscher möglicherweise in traditionellen Rollenbildern und einer frühzeitigen geschlechtsspezifischen Fächerwahl im deutschen Schulsystem liegen. In Deutschland fehle es außerdem – anders als in skandinavischen oder osteuropäischen Ländern – an gezielter Förderung und Ermutigung von Mädchen in MINT-Fächern. Das spiegle sich dann in geringeren Studierendenzahlen und Berufseintritten wider.
Geschlechtsspezifische Barrieren in MINT-Feldern abbauen
Die Barrieren für Frauen in MINT-Feldern sind struktureller und kultureller Natur und erfordern maßgeschneiderte Antworten. Hilfreich wären beispielsweise spezielle Programme zur Bekämpfung von Diskriminierung in den MINT-Bereichen. Ziel sollte es sein, die Arbeitsbedingungen für Frauen zu verbessern. Auf diese Weise könnten sich mit der Zeit die Erwartungen junger Abiturientinnen ändern und künftig mehr Frauen eine MINT-Karriere einschlagen.
Quelle: Pressemitteilung von Sonderforschungsbereich Transregio 224 EPoS
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