Die Kölnerin Annemarie Zoppelt, „Die HR Matchmakerin“ und Gründerin der talentrix consulting GmbH, bringt die Menschen im People Business zusammen, die zusammengehören – mit ihren Themen, Talenten und gemeinsamen Zielen. Und sie schreibt Artikel, die man einfach lieben muss. Auch diesmal wieder gespickt mit Kölner Wortwitz und Learnings für Ihr Employer Branding.
Kölns eigene Grundgesetze
Als in Köln lebende HR Matchmakerin nehme ich viele Annehmlichkeiten des Kölschen Lebensgefühls mit in meine Arbeit. Wenn es mal nicht so gut läuft, bauen wir uns gegenseitig auf, wenn es gut läuft, wissen wir zusammen zu feiern und ganz zur Not gibt es ja immer noch Kölsch.
Die Kölner haben ja sogar elf eigene Grundgesetze entworfen – sozusagen als Leitfaden, um ihr Leben etwas einfacher zu gestalten. Es gibt jedoch auch Bereiche, wo wir diesen elf Grundgesetzen nicht allzu viel Wichtigkeit einräumen sollten – oder wo wir sie sogar vermeiden müssen.
Im Employer Branding beispielsweise, genauer gesagt beim Thema Veränderung, sind diese überwiegend fehl am Platz. Womöglich werde ich mir damit auch den Zorn des ein oder anderen Kölners oder der ein oder anderen Kölnerin zuziehen.
Aber wat wellste maache.
Et kütt wie et kütt
Es kommt wie es kommt. Das ist wohl eines der bekanntesten Kölschen Grundgesetze. Der Kölner lebt eben im Moment und wenn einmal etwas Schlechtes passiert, dann wird das akzeptiert und trotzdem weitergemacht. Das ist lobenswert und damit lebt es sich im Alltag sicherlich auch einfacher.
Wenn wir jedoch eine Organisation, eine Firma, eine ganze Marke aufbauen wollen, dann stoßen wir damit schnell an unsere Grenzen – vor allem, wenn wir unsere Marke in die Zukunft führen wollen, was grundsätzlich Veränderung bedeutet.
Im Employer Branding gilt es ja, eine Marke bewusst zu steuern um sie in eine bestimmte Richtung zu lenken. Da ist der Satz „Et kütt wie et kütt“ eher kontraproduktiv. Für uns Erfolg versprechender wäre da eher „Et kütt wie wir es uns erarbeitet haben“. Wir kreieren ein Image, wir stellen die Mitarbeitenden unserer Wahl und mit unseren Werten ein. Wir treffen bestimmte Business-Entscheidungen, damit wir eben in schwierigen Zeiten auf sicheren Beinen stehen und nicht unser gesamtes Image mit einem falschen Social-Media-Post zerstört werden kann.
Hier ist also die Vorbereitung das A und das O. Dann kommt es natürlich immer noch wie es kommt. Aber eben genauso, wie wir uns das vorgestellt und worauf wir hingearbeitet haben.
Et hätt noch immer jot jejange
Ein weiteres sehr bekanntes Kölsche Grundgesetz, das zuletzt auch sehr häufig mit dem Fußballverein der Stadt, dem 1. FC Köln, in Verbindung gebracht wurde. Und genau dieses Beispiel zeigt: Es geht eben nicht immer gut und wenn man „Sch…“ baut, dann geht das auch mal nach hinten los.
In besagtem Beispiel wurde von Seiten des Managements (in anderen Branchen mit der HR vergleichbar) des Clubs bei einem Transfer gemauschelt und der FC dann von der UEFA mit einer Transfersperre von zwei Transferperioden belegt. Alles nur, weil sie unbedingt einen bestimmten Spieler verpflichten wollten.
„Et hätt noch immer jot jejange“ bedeutet eben nicht, dass man sich alles erlauben darf, denn am Ende hat dies ja eh keine Konsequenzen. Es hat Konsequenzen. Beim Beispiel des 1. FC Köln stand am Ende der Abstieg aus der 1. Bundesliga und ein sehr schwieriger Neuaufbau mit Talenten anstelle von teuren Neuzugängen.
Immerhin ein Gutes hat diese Situation hier: Eine grundlegende Veränderung, auch wenn diese natürlich erzwungen herbeigeführt wurde. Jetzt geht es mit jungen aufstrebenden Talenten in die Zukunft und nicht mit teuren Söldnern.
Kenne mer nit, bruche mer nit, fott damet
Wir Menschen sind manchmal schon merkwürdig. Denn eigentlich mögen wir ja Veränderungen. Schnellere Autos, leistungsstärkere Computer, eine neue Regierung, weil die aktuelle ja immer das Problem ist.
Wir wünschen uns Veränderungen, aber eben nicht an uns selbst. Da können wir noch so tief im Schlamassel stecken, verändern sollen sich am Ende lieber die anderen. Warum das so ist, darauf werde ich später bei der Deutung der Veränderung noch genauer eingehen, aber wir Menschen lieben eben mehr Routinen, Traditionen und gelernte Abläufe.
Kennen wir nicht, brauchen wir nicht, fort damit. Die Kölner sind damit nur ein typisches Beispiel für Menschen, die Veränderung aus banalen Gründen zunächst einmal ablehnen. Das Perfide an uns Menschen: Wenn uns in einer Notsituation dann Hilfe angeboten wird, lehnen wir diese sogar häufig ab. Denn von außen an uns herangetragene Veränderung ist noch schlimmer als eine selbst eingeleitete.
Wie lautet eine Lebensweisheit so schön: Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz. Und das ist ausnahmsweise mal kein Kölscher Aphorismus, sondern einer, der für alle Menschen gilt.
Zwischenfazit
Ich habe die elf Kölschen Grundgesetze jetzt als Beispiel genommen, aber natürlich betrifft dies alle Lebewesen auf diesem Planeten, inklusive der Menschen – und hier nicht nur die Kölner. Denn wenn diese Lebewesen sich nicht verändern bzw. anpassen, dann verschwinden sie von diesem Planeten.
Veränderung ist jedoch schwierig und wird aus Bequemlichkeit zunächst einmal abgelehnt. Da ist es eben einfacher zu sagen „Es kütt wie es kütt“ und dann das Schicksal entscheiden zu lassen. Im Folgenden will ich die Veränderung aber mal ein wenig genauer betrachten, sie erklären und zeigen, dass wir gerade auch beim Employer Branding tolle Ansatzmöglichkeiten haben, wie wir Veränderung positiv aufladen können.
Was bedeutet Veränderung?
Die allgemeine Definition von Veränderung lautet: der Wechsel von einem Zustand in einen anderen. Ist das verständlich ausgedrückt? Einerseits natürlich schon, andererseits ist es so vage, dass Veränderung auch einfach bedeuten kann, wir schütten Limonade und Bier zusammen in ein Glas und bekommen Radler.
Beim Employer Branding geht es uns natürlich viel mehr um die menschliche oder von Menschen eingeleitete Veränderung von persönlichen Lebensumständen aber auch von ganzen Unternehmen.
Und hier gibt es vier Zustände, die eintreffen müssen, damit sich Menschen von sich aus verändern:
- Wenn es zu sehr schmerzt
- Wenn sie von anderen inspiriert werden
- Wenn sie genügend lernen, um es selbst zu wollen
- Wenn sie genügend als Gegenwert bekommen
4 Auslöser für Veränderung
Dann gibt es allerdings auch noch vier äußerliche Auslöser, die eine Veränderung einleiten, die dann jedoch nicht unmittelbar von einem selber beeinflussbar ist. Diese sind auch meine 4K.
- Krieg: Der Russland-Krieg und die daraus resultierende Gas-Knappheit hat uns gezwungen, unseren Energieverbrauch zu überdenken.
- Krise: Das Beispiel Corona hat gezeigt, dass wir uns in Krisenzeiten sehr schnell anpassen können, weil wir die Krise eben so schnell wie möglich überwinden wollen.
- Krankheit: Auch Krankheiten führen gezwungenermaßen zu Veränderungen, allein schon um die Heilungschancen zu erhöhen oder unser Leben angenehmer zu gestalten.
- Klima: Wenn sich die klimatischen Bedingungen ändern, müssen sich die Menschen verändern und anpassen. So haben sie das seit Jahrtausenden gemacht und auch an tierischen Beispielen sieht man das. So bekommen viele Tiere bei ansteigenden Temperaturen größere Gliedmaßen, um ihre Körpertemperatur besser regulieren zu können.
Warum ist Veränderung für Menschen so schwierig?
Das ist evolutionsgenetisch bedingt. Das Gehirn von uns Menschen war immer schon darauf ausgerichtet, den kleinstmöglichen Zustand an Energieverbrauch zu realisieren und so Energie zu sparen. Das war früher wichtig, denn damit hatte das Gehirn noch Energiereserven, um im Ernstfall bereit zu sein, falls der Säbelzahntiger bei der Jagd auf einmal vor einem steht.
Die Veränderung allerdings ist einer der Prozesse, die den höchsten Energieaufwand für das Gehirn bedeuten – sowohl mental als auch körperlich. Daher versucht das Gehirn auch immer wieder zu verhindern, dass dieser Vorgang in Gang gesetzt wird. Viel einfacher und Energie sparender sind da die bereits erwähnten Routinen, Traditionen und gelernten Abläufe.
Es ist daher wichtig zu verstehen, dass Sätze wie „Das war immer schon so, das soll auch so bleiben“ oder „Das bin ich so gewöhnt“ oftmals nicht bösartig gemeint sind oder von Dummheit zeugen. Nein, vielmehr sind sie sogar eher der „normale“ Status, der für Veränderung überwunden werden muss.
Veränderung auch eine Frage des Alters?
Je älter Menschen werden, desto festgezurrter wird dieser Status, da das Aufbringen von hochenergetischen Aktionen sehr limitiert ist. Eine Veränderung mit 25 Jahren anzugehen ist somit um ein Vielfaches einfacher als mit 75 Jahren. Auch hierauf sollten wir beim Employer Branding achten – sowohl was Mitarbeiter als auch Zielgruppe betrifft.
Schon gewusst? Eine Veränderung durchzuführen und abzuschließen benötigt in der Regel bis zu zwei Jahre. Dauert der Veränderungsprozess auch danach noch an, wächst die Gefahr enorm, dass er nicht vollständig durchgeführt werden kann oder sogar scheitert. Diese zwei Jahre allerdings kosten enorm viel Energie, was bei der Planung einer Veränderung immer berücksichtigt werden muss.
Die Energie dafür muss also entweder persönlich abgezapft oder von außen hinzugefügt werden. Ohne Energieaufwand ist eine Veränderung nur in den seltensten Fällen erfolgreich.
Wie können wir Veränderungen auf das Employer Branding übertragen?
Wichtig ist es zunächst einmal, die Hintergründe für Veränderung zu verstehen. Den oben bereits erwähnten „Normalzustand“, die zunehmende Energiespar-Not mit dem Alter, die für eine Veränderung beanspruchte Zeit oder die Gründe, warum es zu Veränderung kommen kann.
Allein daran merken wir, wie vielschichtig das Thema ist. Für eine Organisation heißt das, dass Veränderung nicht bedeutet, einfach mal schnell die gesamte Mannschaft auszutauschen. Würde das funktionieren, dann hätten beispielsweise auch in der Bundesliga immer die Teams den größten Erfolg, die mit den meisten Neuzugängen in die Saison gehen. In der Saison 2023/2024 war dies im Übrigen beim 1. FC Union Berlin der Fall und wie lief die anschließende Saison? Sie rutschten von Platz 4 auf Rang 15 ab und entkamen nur knapp dem Abstieg.
Veränderung muss also in allererster Linie bedeuten, die gesamte Mannschaft auf diese Reise mitzunehmen. Die Veränderung in den Köpfen des Teams zu verankern und wenn nötig, dann auf bestimmten Positionen nachzubessern. Menschen an Bord zu holen, die eventuell sogar bereits Erfahrung mit Veränderung haben oder besonders vorwärts gerichtet denken, so dass sie den Rest des Teams mitreißen können.
Den Markt von morgen gewinnen
Denn Organisationen müssen den Markt von morgen gewinnen, nicht den von gestern.
Auch hier ist wieder wichtig, das Alter der jeweiligen Mitarbeitenden im Blick zu haben. Auf der einen Seite die älteren Menschen, die für Veränderung deutlich mehr Energie abzapfen müssen. Aber auch die jüngere Generation Z beispielsweise, die grundsätzlich körperlich genügend Energie aufbringen kann, um eine Veränderung mit Leichtigkeit anzugehen, der aber und das ist durch viele Psychologen bestätigt, eine gewisse Resistenz fehlt, auf Krisen vorbereitet zu sein und mit diesen umzugehen.
Vor allem die Vermittlung zwischen diesen beiden Extremen kann in einem Unternehmen zu einer großen Herausforderung werden.
Schlussfazit
Nix bliev wie et wor. Ich habe den Artikel mit einigen Kölschen Grundgesetzen begonnen, die uns nicht helfen, das Thema Veränderung anzunehmen. Da ist es nur fair, wenn ich mit einem schließe, das uns komplett in die Karten spielt. „Nichts bleibt wie es war“ lautet es übersetzt und eine noch freiere Übersetzung könnte lauten: Sei offen für Neuerungen.
So gerne die Kölner an ihren Traditionen hängen oder in den Tag hinein leben, so offen sind sie jedoch auch Neuem gegenüber.
Das macht es für mich als die HR Matchmakerin natürlich einfacher, in dieser Gegend Menschen oder Unternehmen zu „verkuppeln“. Und das macht es auch einfacher, Veränderung in diese Unternehmen und die Köpfe der Menschen zu tragen.
Wichtig ist einfach zu erkennen, dass Veränderung eine Gemeinschaftsaufgabe ist. Eine einzelne Person kann eine Organisation oder eine Marke nur schwer verändern. Wir haben ja gelernt, dass dafür so viel Energie nötig ist, dass ein Einzelner daran zerbrechen könnte. Bringen allerdings viele Menschen ihre Teil-Energie ein, dann kann Veränderung auch ganz leicht fallen.