Ravio Gender Pay Gap Report 2024

Lohngefälle in Deutschland: Frauen-Karrierewege für mehr Lohngerechtigkeit

Deutschland hat beim Thema Lohngerechtigkeit noch Verbesserungsbedarf. Ravios Pay Equity Bericht zeigt die Probleme auf und diskutiert das Entgelttransparenzgesetz und weitere Lösungswege. Julia Frey gibt Einblicke.

Pay Equity Bericht

Obwohl einige Fortschritte erzielt wurden, zeigt sich, dass es noch viel zu tun gibt, um Geschlechtergleichstellung in Europa zu erreichen – dies trifft insbesondere auf Lohngerechtigkeit am Arbeitsplatz zu. Laut Ravios neuem Pay Equity Bericht verdienen Frauen in europäischen Tech-Unternehmen immer noch 25% (Median, unbereinigt) weniger als Männer, und 2,5% (Median, bereinigt) weniger als Männer nach Berücksichtigung externer Faktoren wie Rolle, Joblevel und Land.

Wie schneidet Deutschland im Vergleich zu Europa ab?

Trotz signifikantem Wachstum der Tech-Branche und 30 ‘Unicorns’ im Land, zeigen Ravios Daten, dass geschlechtsspezifische Ungleichheiten bestehen bleiben. In diesem Blogartikel nehme ich die Daten zur Lohngerechtigkeit und Repräsentation von Frauen in Führungspositionen genauer unter die Lupe und beleuchten, wie das deutsche Arbeitsrecht versucht, diese Ungleichheiten zu bereinigen.

Egal, ob Sie für ein Startup oder ein etabliertes Unternehmen tätig sind, das Verständnis dieser Gesetze ist zur Förderung eines fairen und gerechten Arbeitsplatzes entscheidend. Lassen Sie uns ins Detail gehen:

Geschlechterrepräsentation ist in der deutschen Tech-Belegschaft unausgewogen

Deutschland hat einen florierenden Technologiesektor, der in den letzten zehn Jahren erheblich gewachsen ist. Das Land ist ein Zentrum sowohl für etablierte Unternehmen als auch für Startups.

Deutschland beheimatet jetzt über 20,000 Startups, die laut Startup-Verband über 620,000 Menschen beschäftige. Bis 2023 war Deutschland sogar das Tech-Startup-Ökosystem mit den meisten VC-Finanzierung in Europa.

Der Sektor wird zudem durch direkte Investitionen der Regierung in vielversprechende Branchen, wie beispielsweise der Halbleiterindustrie, sowie durch Programme, wie der High-Tech Gründerfonds (HTGF), der innovative early-stage Startups fördert, gestärkt. Nicht zuletzt ist Deutschland Heimat einiger der besten Ingenieure Europas – es ist also ein großartiger Standort, um erstklassige Tech-Talente einzustellen.

Trotz all dieser positiven Nachrichten zeigt Ravios Pay Equity Report, dass Männer immer noch den Großteil der deutschen Tech-Belegschaft ausmachen. Nur 42% deutscher Tech-Unternehmen sind Frauen, im Vergleich zu 58% der Männer.

Unternehmer:Innen müssen sich darauf konzentrieren, die Waage der Geschlechterrepräsentation auszugleichen. Um dies zu tun, müssen sie die Ursache des Problems anpacken. Warum treten nicht mehr Frauen in die Tech-Industrie ein oder bleiben dort?

Eine Theorie könnte sein, dass 38% der Frauen von der Branche abgeschreckt sind, da diese nach wie vor als männerdominiert wahrgenommen wird. Eine andere Problematik könnte die Doppelbelastung Beruf und Familie sein, die Studien zufolge hauptsächlich von Frauen getragen wird. Laut Stepstone reduzieren 74% deutscher Mütter ihre Arbeitsstunden im Vergleich zu nur 17% der deutschen Väter.

Deutsche Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert

Während 42% der Angestellten in der Technologiebranche Frauen sind, halten nur 20% dieser Frauen Führungspositionen. Das bedeutet, dass der Großteil der Frauen in niedriger bezahlten, junioren Positionen sitzt. Dies könnte darauf hinweisen, dass es Frauen schwerer fällt, die Karriereleiter zu erklimmen. Möglicherweise aufgrund verschiedener Ursachen, einschließlich gesellschaftlicher Vorurteile, systematischer Bevorzugung von Männern durch Unternehmen oder Verhandlungskompetenzen bei Beförderungen und Gehältern.

Laut Maria Kamischke, VP of People & Culture bei Lingoda GmbH, sind Männer bei Gehaltsverhandlungen durchsetzungsfähiger als Frauen – eine Kompetenz, die ihnen oft von klein auf beigebracht wird:

Während die niedrige bereinigte Lohnlücke in Deutschland zeigt, dass wir Fortschritte machen, ist die hohe unbereinigte Lohnlücke eine direkte Folge der sinkenden Zahl von Frauen, die in die höheren Ränge aufsteigen. Frauen werden in deutschen Tech-Unternehmen für interne Karrieremöglichkeiten gleichberechtigt in Betracht gezogen. Vielleicht weil sie weniger durchsetzungsfähig und bescheidener sind – eine Denkweise, die Frauen gesellschaftlich von klein auf vermittelt wird.

Gesetzgebung verändert die Denkweise in Richtung Lohngerechtigkeit. Deutschlands geringe bereinigte Lohnlücke könnte auf das Entgelttransparenzgesetz von 2017 zurückzuführen sein. Dieses Gesetz verlangt von Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern, jährlich über Geschlechtergleichheit und fairer Bezahlung zu berichten, sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Lohngerechtigkeit aufzubereiten. Unternehmen mit bereits 200 Mitarbeitern haben Auskunftspflicht, das heißt, Mitarbeiter dürfen ein Vergleichsgehalt von Kollegen, die gleichwertige Arbeit leisten, anfordern.

Aber das löst nicht das ganze Problem.

Maria Kimischke meint dazu: “Während Gesetze wie das Entgelttransparenzgesetz helfen, die Symptome der Lohngerechtigkeit zu behandeln, beheben diese nicht die Ursache. Unternehmen müssen faire und strategische Vergütungspraktiken einführen, die auf verlässlichen Daten basieren.

Deutschland hat große Lohnlücke zwischen Männern und Frauen

Wir wissen, dass Deutschland Verbesserungsbedarf in Bezug auf die generelle Repräsentation von Frauen in der Technologiebranche hat. Wie wirkt sich das auf das geschlechtsspezifische Lohngefälle aus?

Deutschland hat mit 26% eine der höchsten unbereinigten Lohnlücken Europas. Dies ist teilweise auf die mangelnde Repräsentation von Frauen in Führungspositionen zurückzuführen. Mit nur 20% der Frauen in Führungspositionen im Vergleich zu 34% unter Männern, gibt es bedeutend weniger Frauen, die höhere Gehälter verdienen.

Des Weiteren kann die fehlende Repräsentation in besser bezahlten Funktionen ein weiterer Beweggrund der Lohnlücke sein. Die Ravio-Daten zeigen, dass Positionen sowohl im Finanzwesen (25%) als auch in der Softwareentwicklung (15%) eine sehr hohe unbereinigte Lohnlücke aufweisen. Dies sind eindeutig Abteilungen, in denen deutsche Tech-Unternehmen Verbesserungen anstreben sollten.

Wo Deutschland im europäischen Vergleich gut abschneidet, ist die bereinigte Lohnlücke, die mit 1,6% viel niedriger ist als in anderen Ländern. Das heißt, dass Frauen in Deutschland in der gleichen Position und auf dem gleichen Level wie Männer 1,6% weniger verdienen. Nur das Vereinigte Königreich hat mit 1,4% eine geringere bereinigte geschlechtsspezifische Lohnlücke. Trotzdem sind es nicht 0% und Frauen erhalten effektiv für 5 Tage weniger Gehalt im Vergleich zu Männern.

Wie kann Deutschland die Lohngerechtigkeit verbessern?

Deutsche Unternehmen können sich auf verschiedene Weise verbessern, einschließlich:

Vorbereitung auf die EU-Richtlinie zur Lohntransparenz

Die EU-Richtlinie zur Lohntransparenz, die am 6. Juni 2023 in Kraft trat, sieht strengere Vorschriften zur Lohntransparenz vor, die Mitgliedstaaten, einschließlich Deutschland, bis zum 7. Juni 2026 umsetzen müssen. Die Richtlinie umfasst:

  • Erweiterte Berichterstattungsanforderungen zur geschlechtsspezifischen Lohnlücke für Unternehmen mit über 100 Mitarbeitern.
  • Das Recht der Arbeitnehmer, Informationen über Lohnniveaus und Karrierekriterien anzufordern.
  • Die Verpflichtung der Arbeitgeber, in Lohnstreitigkeiten Nichtdiskriminierung nachzuweisen
  • Obligatorische Offenlegung der Gehaltsspannen für Bewerber vor Vorstellungsgesprächen.

Verbesserung der Repräsentation in Führungspositionen

Die Erhöhung der Repräsentation von Frauen in Führungsrollen ist entscheidend. Unternehmen sollten Mentorenprogramme, Führungskräftetrainings und klare Aufstiegsmöglichkeiten einführen, um Frauen beim Aufstieg in höher bezahlte Positionen zu unterstützen.

Optimale Benefits zur Bekämpfung der Ursachen

Um die Ursachen der geschlechtsspezifischen Lohnungleichheit zu bekämpfen, müssen sich gesellschaftliche Wahrnehmungen und Unternehmenskulturen weiterentwickeln. Flexible Arbeitsregelungen, Förderung der Work-Life-Balance und Unterstützung von Elternzeit für beide Geschlechter können dazu beitragen, Berufs- und Familienverantwortung auszugleichen.

Nutzung von Daten und Technologie

Die Nutzung umfassender Gehaltsbenchmarking-Daten, wie die von Ravio, kann Unternehmen dabei helfen, Lohnungleichheiten zu identifizieren und fundierte Entscheidungen zu treffen, um faire Vergütung in allen Rollen und Ebenen zu gewährleisten.

Erhöhung der Transparenz und Kommunikation

Regelmäßige Kommunikation von Vergütungspolitiken und Kriterien für Beförderungen und Gehaltserhöhungen fördert eine Kultur der Transparenz und des Vertrauens. Mitarbeiter sollten sich befähigt fühlen, offen über Gehälter zu sprechen, ohne mit Repressalien rechnen zu müssen.

>> Den Pay Equity Report 2024 herunterladen 

Julia Frey

 

Julia Frey stammt aus dem Stuttgarter Raum und sammelte ihre Erfahrung bei Oracle sowie verschiedenen Startups in England. Heute arbeitet sie in der HR-Tech-Branche bei Ravio und leitet dort Teile des Vertriebs in Europa.

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