Arbeitszeit im Homeoffice - was ist rechtlich in der Praxis zu beachten?

Arbeitszeit im Homeoffice – was ist in der Praxis zu beachten?

Arbeitszeit ist einer der Kernpunkte des Arbeitsvertrags und elementarer Bestandteil des Arbeitsalltags. Sie entscheidet auch oft darüber, wie wohl sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fühlen. Gerade mit Blick auf eine ausgewogene Work-Life-Balance – ein wichtiges Kriterium für ein gesundes Leben. Was Arbeitgeber in Punkto mobiler Arbeit und Homeoffice rechtlich beim Thema Arbeitszeit in der Praxis beachten müssen, erfahren Sie im folgenden Artikel von Rechtsanwalt Christian Beck.

Arbeitsvertrag, Arbeitsleistung und Arbeitszeit im Zusammenspiel

Arbeitnehmer (stets gemeint sind alle Geschlechter im Sinne von „m/w/d“) schulden nicht einen bestimmten Arbeitserfolg, sondern die Erbringung von Arbeitsleistung während der vereinbarten oder vorgegebenen Arbeitszeit. Der Umfang der vom ihnen geschuldeten Arbeitsleistung wird – grundsätzlich unabhängig vom Arbeitsort – durch den Arbeitsvertrag oder auch die Vorgaben eines Tarifvertrags bestimmt.

Lage der Arbeitszeit unterliegt dem Weisungsrecht

Die Lage der Arbeitszeit, also wann genau über den Tag verteilt die Beschäftigten die vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen haben, unterliegt auch bei mobiler Arbeit dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nach §106 S. 1 GewO, soweit nicht durch den Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder tarifvertraglich eine Einschränkung erfolgt ist.

Aus dem Gesichtspunkt des Arbeitsschutzes kann der Umfang der Arbeitsverpflichtung allerdings nicht völlig frei festgelegt werden. Vielmehr sind Vorgaben, insbesondere aus dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG), zur Höchstdauer der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit, zur Einhaltung von Arbeitspausen und Ruhezeiten sowie zur Beschränkung der Arbeit an Sonn- und Feiertagen einzuhalten.

Und: Einem gewählten Betriebsrat stehen dabei die Mitbestimmungsrechte nach §87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zu.

Das Arbeitszeitgesetz gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer in allen Beschäftigungsbereichen, mit Ausnahme der leitenden Angestellten im Sinne von §5 Abs. 3 BetrVG. Der Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes ist nicht auf die Tätigkeit an einer betrieblichen Arbeitsstätte beschränkt. Die zwingenden Regelungen gelten auch im Homeoffice und bei mobiler Arbeit.

Begriff der Arbeitszeit

Unter dem Begriff Arbeitszeit wird die Zeit von Beginn bis zum Ende der täglichen Arbeit verstanden. Ruhepausen (geregelt in §2 Abs. 1 ArbZG) sind dabei nicht zu berücksichtigen. Unerheblich ist, ob die Arbeitnehmenden auch tatsächlich arbeiten. Es genügt, wenn sie sich am Arbeitsplatz bereithalten und damit in diesem Sinne „verfügbar“ sind.

Spezialfall Rufbereitschaft bzw. Bereitschaftsdienst im Homeoffice

Eine Rufbereitschaft stellt grundsätzlich keine Arbeitszeit dar. Wird vom Arbeitnehmer während des mobilen Arbeitens eine ständige Erreichbarkeit erwartet, kann dies möglicherweise als Arbeitszeit im Sinne einer Bereitschaft zu werten sein.

Bereitschaftsdienst liegt vor, wenn der Arbeitnehmer sich an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebs aufzuhalten hat, um seine Arbeit sofort oder zeitnah aufnehmen zu können, sobald es notwendig wird, ohne sich im Zustand wacher Achtsamkeit (Arbeitsbereitschaft) zu befinden.

Bereitschaftsdienste sind Arbeitszeit nach §2 Abs. 1 ArbZG. Rufbereitschaft ist hingegen die Verpflichtung des Arbeitnehmers, sich an einem selbstbestimmten, aber dem Arbeitgeber anzugebenden Ort bereit zu halten, um im Bedarfsfall die Arbeit innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne aufzunehmen.

Heutzutage wird Rufbereitschaft in der Regel durch die Erreichbarkeit über ein Mobiltelefon gewährleistet.

Erreichbarkeit in den Ferien - Infografik Bitkom
Quelle: Bitkom

„Echte“ Rufbereitschaft gehört nicht zur Arbeitszeit im Sinne von §2 Abs. 1 ArbZG. Wird eine ständige Erreichbarkeit des Arbeitnehmers gefordert, wird dies in aller Regel auch im Homeoffice oder bei mobilem Arbeiten (nur) Rufbereitschaft darstellen und zählt daher nicht zur Arbeitszeit. Eine andere Beurteilung kann sich ergeben, wenn die ständige Erreichbarkeit mit einer Einschränkung des arbeitnehmerseitigen Aufenthaltsorts verbunden ist.

Höchstarbeitszeit und Ruhezeit

Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf nach §3 S. 1 ArbZG acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden pro Tag verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (§3 S. 2 ArbZG).

Das Arbeitszeitgesetz gibt damit eine durchschnittliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche vor.

Ununterbrochene Ruhezeit von elf Stunden

Arbeitnehmer müssen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben, siehe §5 Abs. 1 ArbZG.

Ruhezeit ist die Zeit zwischen dem Ende der Arbeit und ihrem Wiederbeginn, in der der Arbeitnehmer zu keiner Arbeit herangezogen wird.

Dem Arbeitnehmer ist nach dabei eine „ununterbrochene“ Ruhezeit von elf Stunden zu gewähren, das heißt, sie darf nicht durch Arbeitszeit unterbrochen werden. Eine Tätigkeit, die Arbeitszeit darstellt und damit zu einer Unterbrechung führt, löst nach ihrer Beendigung erneut eine elfstündige Ruhezeit aus. Dies gilt grundsätzlich für jede Unterbrechung, egal aus welchen Gründen sie erfolgt, ob planmäßig oder überraschend, und wie lange sie dauert.

Streitfall: geringfügige Unterbrechungen

Problematisch und umstritten ist, ob auch geringfügige Unterbrechungen, wie zum Beispiel das Schreiben einer abendlichen E-Mail um 22.00 Uhr, die zehn Minuten beansprucht, die Ruhezeit im vorgenannten Sinne unterbricht. Und damit eine erneute elfstündige Ruhezeit ausgelöst wird.

Teilweise wird vertreten, dass solch „unerhebliche“ Unterbrechungen keine neue Ruhezeit auslösen würden, was allerdings dem Wortlaut des Gesetzes widerspricht.

Ruhepausen im Homeoffice

Die Ruhepause ist von der Ruhezeit zu unterscheiden.

Ruhepausen sind im Voraus festgelegte oder zumindest vorhersehbare Zeiten einer Arbeitsunterbrechung von bestimmter Dauer, in denen der Arbeitnehmer von jeglicher Arbeitspflicht befreit ist und sich zu keiner Arbeitsleistung bereithalten muss, sondern frei darüber entscheiden kann, wie er diese Freizeit verbringen will.

Bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden, ist die Arbeit gemäß §4 S. 1 ArbZG durch eine Ruhepause von insgesamt mindestens 30 Minuten und bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden durch eine Ruhepause von insgesamt mindestens 45 Minuten zu unterbrechen.

Im Rahmen des mobilen Arbeitens wird der Arbeitgeber nur in seltenen Fällen die Lage der Pause einseitig konkret bestimmen. Um die Vorgaben des §4 S. 1 ArbZG dennoch einzuhalten, sollte in einer Vereinbarung zum mobilen Arbeiten zumindest ein zeitlicher Rahmen vorgegeben werden, in dem der Arbeitnehmer seine Pausenzeit eigenverantwortlich festlegt.

Sonn- und Feiertagsarbeit im Homeoffice

An Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0.00 bis 24.00 Uhr dürfen Arbeitnehmer nach §9 ArbZG grundsätzlich nicht beschäftigt werden. Die Sonn- und Feiertagsruhe ist dabei uneingeschränkt auch bei mobiler Arbeit zu beachten.

Weitere rechtliche Rahmenbedingungen für Arbeit im Homeoffice

Erfahren Sie mehr zum Thema rechtliche Rahmenbedingung bei mobiler Arbeit und im Homeoffice im „Praxisleitfaden Homeoffice und mobiles Arbeiten“. Darin wird auch beschrieben, welche Rechte und Pflichten auf Arbeitgeber zukommen, was effektive Remotearbeit ausmacht, welche Bedingungen an ein effizientes und gesundes Homeoffice gestellt werden und wie Kommunikation und Führung auf Distanz funktionieren.

Themenseite Homeoffice, mobiles Arbeiten und hybrid work

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Christian Beck

Rechtsanwalt Christian Beck Nürnberg

Christian Beck ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Metropolregion Nürnberg. Zuvor war er neun Jahre für einen Kanzleiverbund aus Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Rechtsanwälten tätig und begleitete schwerpunktmäßig Sanierungen, Restrukturierungen und Unternehmenstransaktionen mittelständischer Unternehmen aus gesellschaftlicher und arbeitsrechtlicher Sicht.

Neben seiner anwaltlichen Tätigkeit ist Christian Beck als Referent in der Fortbildung engagiert und leitet diverse Seminare zu mehr als fünfzig arbeitsrechtlichen Themen. Kürzlich veröffentlichte er mit Persoblogger Stefan Scheller den Praxisleitfaden Homeoffice und mobile Arbeit.

>> Zur Website von Rechtsanwalt Christian Beck

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