Fachkarriere - lohnendes Projekt der Organisationsentwicklung

Fachkarriere als Alternative zur Führung – ein Projekt mit Potenzial

Die Fachkarriere bietet eine wertige Alternative zur Führungslaufbahn, sie stärkt die Mitarbeiterbindung und bringt weitere Vorteile für Ihre Organisation. Wie aber setzen Sie die Fachkarriere erfolgreich um? Das verrät Ihnen Regina Bergdolt in ihrem Artikel.

Führungskräfteentwicklung – doch was gibt es für Experten?

Viele Unternehmen investieren in Führungskräfteentwicklung, und das ist gut so. Doch die Mehrheit der Mitarbeiter arbeitet als Fachkraft, oft das ganze Berufsleben lang. Warum also kein Angebot machen für Experten, um ihnen Wertschätzung zu zeigen? Was sollten Sie beachten, damit die Fachkarriere ein Erfolg wird?

Fachkarriere – viel spannender als Weiterbildung

Die meisten Arbeitgeber bieten Weiterbildungen an. Doch Weiterbildung ist als Angebot kein Alleinstellungsmerkmal, eher eine Notwendigkeit. Gerade Anpassungsqualifizierungen braucht es, denn Technologien und Prozesse entwickeln sich weiter. Ambitionierte Fachkräfte erwarten aber mehr als hin und wieder eine Weiterbildungsmaßnahme. Für sie bietet sich der strukturierte Weg der Fachkarriere an.

Gut gemachte Fachkarrieren zeigen Mitarbeitenden eine klare Perspektive für ihre Entwicklung in der Organisation auf. Das macht Sinn, denn ein langes Berufsleben will gestaltet werden. Nicht jeder Beschäftigte will Führungskraft werden. Und selbst wenn: oft gibt es gar nicht mehr so viele Führungspositionen in Organisationen. Arbeitgeber mit gut gemachten Fachkarrieren fallen auf, denn nicht viele Organisationen können mit durchdachter Fachkarriere aufwarten.

Digitalisierung? – Zeit der Experten!

Fachkarrieren bieten noch mehr Nutzen für Organisationen, denn die Wertschöpfung aller Branchen ist durch Digitalisierung im Umbruch. Der Anspruch von Verbrauchern an Geschäftsprozesse wächst, auch getrieben durch die tägliche Erfahrung mit Tech-Giganten wie Amazon, Google & Co. Um weiter im Wettbewerb mitzuhalten, gilt es, Wertschöpfung zu verändern, Zielgruppen mit digitalen Geschäftsmodellen anzusprechen und neu gedachte, digitale Prozesse zu etablieren.

Es geht nicht nur darum, Kundenwünsche über Datenmengen zu analysieren. Ziel ist, Kundenwünsche vorherzusagen und proaktiv mit smarten Prozessen zu befriedigen. Wer das nicht tut, dem nimmt der Mitbewerb am Markt diese Arbeit ab. Und das heute, nicht irgendwann. Das betrifft auch den öffentlichen Sektor, von dem sich Bürger immer mehr „Smart Services“ wünschen.

Fachkräfte spielen in der Digitalisierung eine zentrale Rolle. Das gilt für Job-Familien mit Technologiefokus, aber nicht nur für die. Die Fachkarrieren helfen auch, agile Kompetenzen in der Organisation zu verankern.

Fachkarrieren einführen: lieber mit Plan

„Wir wollten Fachkarrieren auch schon einführen, doch das Thema haben wir nicht zu Ende gebracht“. Sätze wie diesen höre ich immer wieder. Doch Fachkarrieren sind machbar. Das Problem ist oft, dass der Plan fehlt, um Fachkarrieren erfolgreich einzuführen. Organisationen verzetteln sich. Gut gemeint ist es, wenn Arbeitsgruppen umfangreiche Excel-Tabellen für Fachkarrierestufen erstellen, in denen fachliche Kompetenzen, Qualifikationsanforderungen und überfachliche Kompetenzen durcheinander gehen.

Mein Tipp:

Starten Sie so nicht! Was einmal an Anforderungen in der Welt ist, lässt sich schwer wieder fokussieren. Der Fokus gehört an den Anfang. Viele Projekte zur Fachkarriere scheitern an diesem Punkt, denn Personalverantwortliche sehen vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr.

Wie definiert man Fachkarrierestufe in der Praxis?

Eine Blaupause für die Fachkarriere im Sinne von „One size fits all“ gibt es nicht. Das liegt daran, dass sich Organisationen in ihren Entwicklungszielen unterscheiden – und diese sind der Knackpunkt. Zu Fachkarrieren gehören Kompetenzen, die für die zukünftige Entwicklung entscheidend sind. Über Kompetenzen verbinden Fachkarrieren individuelle Mitarbeiterentwicklung mit der Unternehmensentwicklung. Eben das macht genau den Charme der Fachkarriere aus.

Doch wie bestimmt man entscheidende Kompetenzen?

Am besten mit den jeweiligen Führungskräften eines Bereiches. Die obere Entscheidungsebene des Unternehmens hat den Überblick über die Gesamtentwicklung und die Skills auf strategischer Ebene. Die Führungskräfte des jeweiligen Bereichs leiten daraus erfolgskritische Skills und Kompetenzen ab.

HR kann sich als Sparringspartner positionieren, um die entscheidenden Kompetenzen in Job-Familien einzuarbeiten. Die einzelnen Stufen der Fachkarriere sollten sich dabei klar voneinander unterscheiden, also trennscharf definiert sein.

Beispiel Fachkarriere: Projektleiter

Ein Unternehmen hat sich beispielsweise entschieden, strukturierte Entwicklungswege für Projektmanager anzubieten. Der Leiter des Bereichs Projektmanagement verfolgt zum einen das Ziel, Einsteiger Schritt für Schritt an höhere Anforderungen heranzuführen. Zum anderen will das Unternehmen Projektmanagementstandards ausrollen, um Projekte nach einheitlichem Standard abzuwickeln. Diese Standards treiben Professionalität und Vergleichbarkeit, was wiederum die Wertschöpfung erhöht. Eine weitere Anforderung der Unternehmensleitung ist das Multiprojektmanagement, eine Anforderung für die anspruchsvolle Lead-Expert-Stufe.

So sind drei Fachkarrierestufen für ProjektleiterInnen entstanden, wie die folgende Skizze zeigt:

3 Ebenen Fachkarriere
Quelle: Regina Bergdolt

Was ist wichtig, damit Fachkarrieren ein Erfolg werden?

Grundsätzlich hilft es, Fachkarrieren als Projekt aufzusetzen und konsequent Meilensteine zu verfolgen; das sorgt für Struktur. Der Erfolg hängt dabei keineswegs von der Unternehmensgröße ab. Gerade in kleineren Unternehmen und bei Mittelständlern lassen sich Fachkarrieren oft unkompliziert in einem Pilotbereich einführen. Sie bringen meist eine Professionalisierung der Auswahl- und Personalentwicklungsprozesse mit sich.

Im Mittelstand kann man Fachkarrieren zügig umsetzen, wie das Beispiel des Mittelständlers MAY in meinem Buch „Fachkarrieren erfolgreich einführen“ (Anzeige-Link) zeigt. Groß geht es auch: bei T-Systems waren zur Einführung der Fachkarrieresystematik im Projekt „Go Ahead“ weltweit 46.000 Mitarbeitende beschäftigt. Da sich mit Fachkarrieren digitale und agile Kompetenzen gut umsetzen lassen, ist jetzt ein passender Zeitpunkt für die Einführung.

Günstig ist es, wenn Führungskräfte und Mitarbeitende gleichermaßen die Einführung von Fachkarrieren treiben. Auch die Mitarbeiterbindung ist ein Thema. Denn oft arbeiten Experten im Unternehmen, die Arbeitgeber halten wollen. Hilfreich ist ein Machtpromotor auf oberster Führungsebene, der als Projektsponsor agiert.

Trotzdem: Selbst eine sehr hierarchische Kultur („Wer nicht führt, ist nicht erfolgreich“) ist kein Knock-Out-Kriterium für Fachkarrieren. Allerdings braucht es dann Stakeholder verschiedener Hierarchiestufen, die sich für die Fachkarriere einsetzen und möglicherweise beharrliche Überzeugungsarbeit.

Damit Fachkarriere gelingt, gilt es einige grundsätzlich Fragen zu klären. Wichtig ist, das Verhältnis von Fach- und Führungskarrieren zu definieren. Für jede Job-Familie in der Fachkarriere braucht es eindeutig definierte Anforderungen als Basis für gezielte Personalauswahlprozesse und professionelle Personalentwicklung. Klare Anforderungsprofile erleichtern den Einstieg in die passende Fachkarrierestufe.

Wie sind Fachkarrieren aufgebaut?

Die folgende Grafik zeigt, wie Fachkarrieren aufgebaut sind:

Ebenen von Fachkarrieren
Quelle: Regina Bergdolt

Ich empfehle Kunden den Einstieg in die Fachkarriere über ein Pilotprojekt in einem Bereich. So entsteht quasi ein Prototyp der Fachkarriere. Auf diesem Weg kann die Organisation Erfahrungen sammeln und das Vorgehen für den Roll-Out planen.

Sind Fachkarrieren auf bestimmte Funktionen beschränkt?

Tatsächlich kann man Fachkarrieren in vielen Bereichen umsetzen. In der IT und generell der Digitalwirtschaft findet man schon Modelle, ebenso in der Beratung. Sehr gut geeignet für die Fachkarriere ist der Bereich Forschung und Entwicklung, ebenso Human Resources, wo Fachkarrieren im Recruiting, in der Personal- und Organisationsentwicklung und für HR-Technologien sinnvoll sind.

Der Vertrieb eignet sich gut für Fachkarrieren, etwa im Lebensmittelhandel oder in der Mode, wie das Beispiel Fachberater zeigt. Auch im B2B-Vertrieb sind Fachkarrierestufen nützlich. So haben Einsteiger im Vertrieb in der ersten Fachkarrierestufe die Möglichkeit, sich breites Produktwissen und Vertriebskompetenzen anzueignen, Erfahrungen mit Kunden zu sammeln und zu lernen, wie sie Kunden zum Abschluss führen. Für den Vertrieb komplexer Produkte sind diese Kompetenzen entscheidend; der Kunde merkt bald, ob sein Ansprechpartner vertiefte Kenntnisse und Vertriebssicherheit zeigt.

Fachkarrieren in verschiedenen Bereichen unterstützen die Flexibilität im Unternehmen, wenn sie den Wechsel innerhalb von Fachkarrieren beziehungsweise von Bereich zu Bereich ermöglichen. Fachkarrieren erleichtern zum Beispiel die Entwicklung vom Produktmanagement in den Vertrieb oder von der technischen Laufbahn in das Projektmanagement – oder umgekehrt. Solche Bewegungen von Experten helfen, wertvolles Know-how in anderen Bereichen zu verankern.

Und nicht zuletzt: Sie machen ExpertInnen Spaß.

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Regina Bergdolt

Regina Bergdolt als Gastautorin auf PERSOBLOGGER.DE

Regina Bergdolt setzt seit 15 Jahren Fachkarrieren in Unternehmen um.

Nach dem Studium in Deutschland und Großbritannien arbeitete sie in internationalen HR-Projekten und leitete die Personal- und Organisationsentwicklung einer Unternehmensgruppe. Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt auf wachsenden Tec-Unternehmen. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Digitalisierung von HR und der Einsatz generativer KI-Technologien in Unternehmen.

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