Sie als Arbeitgeber checken Social Media von Bewerbern? Erfahren Sie von Rechtsanwältin Livia Merla, was laut DSGVO erlaubt ist – und wie Ihre HR-Recherche im Recruiting datenschutzkonform bleibt.
Dürfen Arbeitgeber Bewerber und Mitarbeiter in sozialen Netzwerken überprüfen?
Im Zeitalter der digitalen Transparenz ist es verlockend: Ein Klick auf das Instagram-Profil eines Bewerbers, ein kurzer Blick auf dessen Facebook-Feed – und schon glaubt man, tiefere Einblicke in die Persönlichkeit hinter dem Lebenslauf zu gewinnen.
Öffentlich zugängliche Profile liefern mitunter Informationen, die unangemessen oder peinlich wirken können – zum Beispiel Fotos von Partys oder privaten Feiern. Doch genau hier lauert die Gefahr: Solche Social-Media-Recherchen sind datenschutzrechtlich hochsensibel. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) setzt enge Grenzen und untersagt eine unkontrollierte Online-Recherche über potenzielle oder bestehende Mitarbeiter.
Wie weit dürfen Arbeitgeber bei der Online-Recherche gehen?
Auch im Recruiting gilt: Die Verarbeitung personenbezogener Daten muss laut Artikel 6 DSGVO rechtmäßig, erforderlich und auf das notwendige Maß beschränkt sein. Das bedeutet: Arbeitgeber dürfen nur dann Daten aus dem Internet erheben, wenn diese zwingend zur Eignungsbeurteilung erforderlich sind – und keine mildere Informationsquelle verfügbar ist.
Zudem schreibt die DSGVO eine Informationspflicht nach Artikel 14 vor. Bewerber müssen darüber informiert werden, welche personenbezogenen Daten verarbeitet wurden – auch wenn diese aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen.
Wird diese Pflicht verletzt, drohen Entschädigungsansprüche und rechtliche Konsequenzen.
Welche Social-Media-Plattformen sind für Arbeitgeber zur Recherche tabu?
Entscheidend ist die Herkunft der Informationen:
- Öffentlich zugängliche Daten wie Google-Suchergebnisse oder Inhalte auf frei einsehbaren Webseiten dürfen grundsätzlich eingesehen werden – jedoch nur unter Einhaltung der Informationspflicht.
- Nicht öffentliche Inhalte, die ein Login oder das Folgen eines Accounts erfordern, sind besonders geschützt.
Zusätzlich spielt der Zweck der Plattform eine zentrale Rolle:
- Berufliche Netzwerke wie LinkedIn oder Xing dienen der Darstellung von Qualifikationen. Eine Nutzung im Bewerbungsprozess ist in der Regel datenschutzrechtlich zulässig.
- Private Netzwerke wie Facebook, Instagram, TikTok oder Snapchat sind auf Freizeit und Privates ausgerichtet. Auch wenn Inhalte öffentlich sind, zeigt die Nutzung privater Einstellungen: Diese Inhalte sind nicht für Arbeitgeber bestimmt.
Daher gilt: Private Social-Media-Kanäle sind für systematische Recherchen tabu.
Arbeitgeber sollten auf solche Praktiken verzichten – Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen können rechtlich und finanziell gravierend sein.
Social Media-Monitoring im Job: Rechtlich erlaubt?
Ein dauerhaftes Monitoring von Social-Media-Aktivitäten von Mitarbeitenden – egal auf welcher Plattform – ist unzulässig. Es fehlt in der Regel an einem legitimen Interesse gemäß DSGVO.
Erlaubt ist dagegen eine anlassbezogene Prüfung einzelner Posts, etwa wenn konkrete Hinweise auf einen Pflichtverstoß vorliegen. Auch hier gilt jedoch: Die Datenverarbeitung muss verhältnismäßig und auf das absolut Notwendige beschränkt bleiben (Urteil des Europäischen Gerichtshofs).
Datenschutzverstöße im Recruiting: Was droht Arbeitgebern?
Wer als Arbeitgeber ohne Rechtsgrundlage private Profile durchleuchtet, riskiert:
- DSGVO-Bußgelder durch die Datenschutzbehörden
- Schadensersatzforderungen durch Bewerber oder Mitarbeitende
- Reputationsverlust – besonders kritisch im Wettbewerb um Talente (Stichwort: Employer Branding)
Vertrauen statt Kontrolle: Empfehlungen für HR-Abteilungen
Was können HR-Verantwortliche tun? Entscheidend ist ein verantwortungsvoller, datenschutzkonformer Umgang mit digitalen Informationen.
Erlaubt ist die transparente Nutzung beruflicher Netzwerke wie LinkedIn – idealerweise nach vorheriger Information der Bewerbenden. Verboten sind hingegen verdeckte Recherchen, Fake-Profile oder das gezielte Umgehen von Privatsphäre-Einstellungen.
HR-Abteilungen sollten verbindliche Prozesse etablieren:
- Datenschutz-Schulungen
- Transparente Abläufe
- Richtlinien zur Nutzung von Social Media im Recruiting
Fazit: Social Media ist kein rechtsfreier Raum – auch nicht im Recruiting
Digitales Recruiting eröffnet neue Chancen, erfordert jedoch klare Regeln. Arbeitgeber, die auf Datenschutz, Transparenz und Fairness setzen, handeln nicht nur rechtlich korrekt – sie stärken zugleich ihre Arbeitgebermarke und bauen Vertrauen bei potenziellen Talenten auf.