Onboarding Preboarding Tipps

Mitarbeitendenbindung beginnt vor dem ersten Arbeitstag: Strategien für langfristige Loyalität

Die ersten 100 Tage im Unternehmen sind ausschlaggebend für die nachhaltige Bindung neuer Mitarbeitender. Bereits vor dem offiziellen Arbeitsbeginn startet der Integrationsprozess, der Vertrauen aufbaut und Fluktuation minimiert. Unternehmen, die in ein strukturiertes Pre‑Boarding und Onboarding investieren, legen somit ein solides Fundament für langfristige Zufriedenheit, Engagement und Erfolg, sagt Gastautor Marlow D. Guttmann.

Die Bedeutung der ersten 100 Tage

Ein neuer Job ist häufig mit großen Erwartungen, aber auch mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Untersuchungen belegen, dass bis zu 30 Prozent der neuen Mitarbeitenden das Unternehmen in den ersten 100 Tagen verlassen – meist aufgrund unklarer Strukturen, unzureichender Integration und fehlender Willkommenskultur (Haufe 2021). Besonders kritisch ist die Zeit zwischen der Vertragsunterzeichnung und dem ersten Arbeitstag: Ohne regelmäßigen Kontakt und gezielte Einbindung kann bereits hier das Vertrauen in die Entscheidung schwinden.

Ein kontinuierlicher, proaktiver Austausch in dieser Phase signalisiert, dass der neue Mitarbeitende als wesentlicher Bestandteil des Teams geschätzt wird. Dadurch werden Ängste abgebaut, erste Fragen geklärt und die Vorfreude auf den Arbeitsbeginn gesteigert.

Pre‑Boarding: Der erste Schritt zur erfolgreichen Integration

Der Pre‑Boarding-Prozess umfasst alle Maßnahmen, die von der Vertragsunterzeichnung bis zum ersten Arbeitstag stattfinden. Ziel ist es, Unsicherheiten zu eliminieren und den neuen Mitarbeitenden frühzeitig in das Unternehmen einzubinden. Dabei spielen mehrere wesentliche Elemente eine zentrale Rolle.

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Persönliche Kommunikation

Ein persönliches Begrüßungsschreiben oder ein kurzes Telefonat der zuständigen Führungskraft vermittelt direkt, dass der neue Mitarbeitende willkommen ist.

Hierbei sollten folgende Punkte thematisiert werden:

  • Teamvorstellung: Erste Informationen über die Zusammensetzung und die Rollen im Team schaffen Orientierung. Ein kurzes Video, in dem das Team vorgestellt wird, kann den Einstieg zusätzlich erleichtern.
  • Unternehmenskultur und Werte: Die Vorstellung der Unternehmensphilosophie, Vision und langfristigen Ziele hilft, das Selbstverständnis des Unternehmens zu verstehen. Dies kann durch einen „Culture Clip“ oder einen einseitigen Flyer unterstützt werden.
  • Überblick über Projekte: Ein erster Einblick in zukünftige Aufgaben und Projekte mindert Unsicherheiten und weckt Interesse an den bevorstehenden Herausforderungen.
  • Einladung zu Kennenlern-Aktivitäten: Ob ein informelles Treffen in einem Café oder ein Rundgang – solche Aktivitäten ermöglichen einen lockeren Austausch und erleichtern den Einstieg.

Digitale Tools und Willkommenspakete

Moderne Technologien bieten vielfältige Möglichkeiten, den Pre‑Boarding-Prozess interaktiv und ansprechend zu gestalten. Hier einige Beispiele:

  • Interaktive E‑Learning-Module: Diese Module vermitteln Basisinformationen zu internen Prozessen, Sicherheitsrichtlinien und den Arbeitsabläufen. Multimediale Inhalte wie Animationen oder Quizze erhöhen die Aufmerksamkeit.
  • Willkommenspakete: Kleine Aufmerksamkeiten wie personalisierte Notizen, Firmenmerchandise oder Informationsbroschüren signalisieren Wertschätzung und steigern die Vorfreude.

Integration in interne Netzwerke

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die frühzeitige Einbindung in das interne Kommunikationsnetzwerk des Unternehmens. Dies fördert nicht nur den Austausch unter Kolleg:innen, sondern erleichtert auch die spätere Zusammenarbeit:

  • Virtuelle Teamevents: Bereits vor dem ersten Arbeitstag organisierte Online-Meetings oder informelle Kaffeerunden helfen, Hemmschwellen abzubauen und den Teamgeist zu fördern.
  • Interaktive Newsletter: Regelmäßig versendete Newsletter mit aktuellen Unternehmensneuigkeiten und Terminen halten den neuen Mitarbeitenden auf dem Laufenden und sorgen für ein Gefühl der Zugehörigkeit.

Onboarding: Erfolgreich in den Arbeitsalltag starten

Der erste offizielle Arbeitstag sollte systematisch gestaltet sein, um den Übergang in den Arbeitsalltag reibungslos zu gestalten. Ein gut strukturierter Onboarding-Prozess vermittelt nicht nur Orientierung, sondern schafft auch das nötige Vertrauen, um direkt produktiv zu werden.

Ein strukturierter Einarbeitungsplan

Ein detaillierter Einarbeitungsplan, der die ersten Wochen abdeckt, ist unverzichtbar. Zu den zentralen Elementen gehören:

  • Begrüßungsrunde: Der persönliche Erstkontakt mit dem Team, sei es in Form eines Meetings oder eines kleinen Empfangs, fördert sofort die Zugehörigkeit.
  • Klare Ansprechpartner:innen: Jeder neue Mitarbeitende sollte von Anfang an wissen, an wen er sich bei fachlichen oder organisatorischen Fragen wenden kann. Eine kurze Übersicht mit Kontaktdaten und Zuständigkeiten hilft dabei.
  • Regelmäßiges Feedback: Frühzeitige und kontinuierliche Feedbackgespräche ermöglichen es, den Fortschritt zu überwachen und Unklarheiten zeitnah zu beseitigen. Dies kann in Form von wöchentlichen Check-ins oder strukturierten Evaluationsgesprächen erfolgen.
  • Schrittweise Projektintegration: Durch die sukzessive Einbindung in konkrete Aufgaben und Projekte können neue Mitarbeitende ihre Kompetenzen einbringen und sich mit den Arbeitsabläufen vertraut machen.

Erlebbare Unternehmenskultur

Die Unternehmenskultur muss erlebbar gemacht werden, damit neue Mitarbeitende nicht nur wissen, was auf dem Papier steht, sondern die Werte und Traditionen auch spüren:

  • Abteilungsrundgänge und Betriebsführungen: Führungen durch die verschiedenen Bereiche des Unternehmens verdeutlichen die interne Vernetzung und die Zusammenhänge zwischen den Abteilungen.
  • Kultur‑Botschafter:innen/Pat:innen: Erfahrene Mitarbeitende, die als Botschafter:innen bzw. Pat:innen fungieren, können authentische Einblicke in den Arbeitsalltag und die gelebten Werte geben. Ihre Erfahrungsberichte wirken oft motivierend und geben neuen Mitarbeitenden Sicherheit.
  • Gemeinsame Aktivitäten: Ob gemeinsames Mittagessen, Teambuilding-Workshops oder informelle Abendevents – solche Veranstaltungen fördern den persönlichen Austausch und stärken das Gemeinschaftsgefühl.
  • Einblick in die Unternehmensgeschichte: Die Präsentation der Historie und der strategischen Ausrichtung des Unternehmens hilft den neuen Mitarbeitenden, sich langfristig zu identifizieren und ihre Rolle im größeren Kontext zu verstehen.

Langfristige Strategien für nachhaltige Mitarbeiterbindung

Ein erfolgreicher Einstieg ist nur der Anfang. Nachhaltige Bindung erfordert kontinuierliche Maßnahmen, die weit über die ersten 100 Tage hinausgehen. Hierzu zählen insbesondere die Förderung von psychologischer Sicherheit, der Aufbau eines internen Netzwerks und eine Kultur der Wertschätzung.

Förderung von psychologischer Sicherheit

Mitarbeitende, die sich sicher fühlen, ihre Meinung zu äußern und auch Fehler zuzugeben, sind innovativer und engagierter. Maßnahmen zur Förderung dieses Sicherheitsgefühls beinhalten:

  • Offene Feedback-Kultur: Regelmäßiges, konstruktives Feedback und transparente Kommunikationswege schaffen ein Arbeitsumfeld, in dem sich alle Mitarbeitenden trauen, offen zu diskutieren.
  • Mentoring-Programme: Erfahrene Kolleg:innen oder externe Mentor:innen begleiten den fachlichen und persönlichen Entwicklungsprozess und bieten Unterstützung in herausfordernden Situationen.
  • Transparenz bei Entscheidungen: Eine klare und nachvollziehbare Kommunikation über Unternehmensentscheidungen stärkt das Vertrauen und mindert Unsicherheiten.

Aufbau eines internen Netzwerks

Ein starkes internes Netzwerk fördert nicht nur den Wissensaustausch, sondern auch den Zusammenhalt im Unternehmen:

  • Interne Workshops und Veranstaltungen: Regelmäßige, abteilungsübergreifende Treffen bieten die Gelegenheit, Erfahrungen auszutauschen und innovative Ideen zu entwickeln.
  • Digitale Kommunikationsplattformen: Foren, Chats und interne soziale Netzwerke (Intranet) ermöglichen einen kontinuierlichen und informellen Austausch – auch über Abteilungsgrenzen hinweg.
  • Cross‑funktionale Projekte: Projekte, die Mitarbeitende aus unterschiedlichen Bereichen zusammenbringen, fördern das Verständnis für verschiedene Arbeitsweisen und stärken die bereichsübergreifende Zusammenarbeit.

Eine wertschätzende Unternehmenskultur

Die langfristige Bindung der Mitarbeitenden wird maßgeblich durch eine Kultur der Anerkennung und des Empowerments unterstützt:

  • Klare Vision und gemeinsame Werte: Eine eindeutige Unternehmensphilosophie, die von allen geteilt wird, bietet Orientierung und stärkt die Identifikation.
  • Regelmäßige Anerkennung: Ob in Form von Lob, Boni oder anderen Incentives – regelmäßige Wertschätzung motiviert und zeigt, dass Leistungen gesehen werden.
  • Förderung von Eigeninitiative: Indem Mitarbeitende ermutigt werden, Verantwortung zu übernehmen und eigene Ideen einzubringen, wächst nicht nur ihr Engagement, sondern auch ihre Verbundenheit zum Unternehmen.

Fazit

Die ersten 100 Tage – von der Vertragsunterzeichnung bis zum vollumfänglichen Arbeitsbeginn – bilden das Fundament für eine langfristige Mitarbeiterbindung. Ein strukturiertes Pre‑Boarding und ein durchdachtes Onboarding minimieren frühe Fluktuation und schaffen ein Arbeitsumfeld, in dem sich neue Mitarbeitende von Anfang an willkommen und integriert fühlen.

Durch persönliche Kommunikation, den gezielten Einsatz moderner digitaler Tools und die frühzeitige Einbindung in interne Netzwerke wird der Übergang in den Arbeitsalltag erleichtert. Ein klar strukturierter Einarbeitungsplan und erlebbare Unternehmenskultur bieten Orientierung, fördern den Austausch und stärken das Zugehörigkeitsgefühl.

Langfristige Strategien – wie die Förderung psychologischer Sicherheit, der Aufbau eines internen Netzwerks und eine Kultur der Wertschätzung – sichern den nachhaltigen Erfolg. Unternehmen, die diese Maßnahmen konsequent umsetzen, profitieren von höherer Zufriedenheit, gesteigerter Produktivität und einer geringeren Fluktuation.

Indem Unternehmen in die kritischen ersten 100 Tage investieren, schaffen sie den idealen Ausgangspunkt für eine zukunftsorientierte Zusammenarbeit. Neue Talente fühlen sich von Beginn an als integraler Bestandteil des Teams, was den Grundstein für langfristige Loyalität und den nachhaltigen Erfolg des Unternehmens legt.

Marlow D. Guttmann

Marlow D. Guttmann als Gastautor auf PERSOBLOGGER.DE

 

 

Marlow D. Guttmann ist Personal- und Organisationsentwickler, Berater, Coach, Mentor, Wirtschaftsjurist sowie Fachautor und Host des Podcasts “Führung neu gedacht”.

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