Strategische Personalplanung

Strategische Personalplanung: Wichtig, aber zu kurz gesprungen

Strategic Workforce Planning ist unabdingbar in Zeiten, in denen sich Märkte, Technologien und Skill-Anforderungen dramatisch und schnell ändern. Aber sie läuft ins Leere, wenn nicht auch die organisatorischen Rahmenbedingungen von Unternehmen berücksichtigt werden. Das ist komplex, aber machbar: vor allem dann, wenn man datengestützt vorgeht.

Wie werden wir arbeiten? Und welche Skills brauchen wir dazu? Was sich Zukunftsforscher, Volkswirte und Arbeitsmarktexperten fragen, bewegt auch die Unternehmen. Die richtigen Antworten zu finden, ist auch für die Experten in den Betrieben nicht einfach. Denn vier große Transformationen verändern die Arbeitswelt als solche.

Laut Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft IWD sind dies:

  • der demographische Wandel,
  • die Digitalisierung – nun noch angefeuert über die Möglichkeiten mit KI,
  • die Dekarbonisierung und die
  • De-Globalisierung.

Diese massiven Veränderungstrends führen dazu, dass Lieferketten und Standorte neu bewertet werden, das Arbeitskräftepotenzial sich gewaltig verändert, traditionelle Jobs wegfallen, sich neue Jobs mit neuen Skill-Anforderungen herausbilden. In welchem Zeitraum, in welcher Zahl und an welchem Ort ist nicht so einfach vorherzusagen.

Hinzukommt aber in den Unternehmen der Druck aus dem Hier und Jetzt. Unternehmen reorganisieren in kurzer Folge, weil Märkte sich ändern, neue Technologien zum Einsatz kommen, Organisationsdesigns angepasst werden müssen, Standortentscheidungen fallen. Hier am Ball zu bleiben und auch noch in die Zukunft zu planen, ist eine riesige Herausforderung. Das sogenannte Strategic Workforce Planning macht sich genau das zur Aufgabe.

Und springt, wie ich zeigen möchte, in einem wichtigen Punkt viel zu kurz.

Fragen, die Unternehmen auf den Nägeln brennen

Sehen wir uns erst das Routinegeschäft der strategischen Personalplaner an. Hier wird zweierlei erfasst, bewertet und geplant. Erstens: Welche Jobs und Skills in welcher Anzahl haben wir heute im Unternehmen? Und welche Skills in welcher Anzahl brauchen wir im Zeithorizont X (1, 2, 5, 10 Jahre) in unserem Unternehmen?

Möglichkeiten und Grenzen der Personalplanung

Den Ist-Zustand zu erfassen, fällt noch einigermaßen leicht, sofern man die nötigen Personaldaten vorhält, pflegt und auswertet. Ein häufiges Problem ist hierbei, dass Unternehmen eher über die Jobs als über die Skills in ihrem Unternehmen Auskunft geben können.

Wo das der Fall ist, muss die übliche Stellenplanung dringend durch ein Skillmanagement ergänzt werden. Denn wo sich Jobs und Stellen schnell und grundlegend verändern, ist die Klarheit darüber, welche Skills man wann, wo und in welcher Zahl benötigt, umso entscheidender. Skills sind die neue Währung in der Arbeitswelt, nicht Jobs!

Dann gilt es auf kurze Sicht Bedarfe zu ermitteln. Auch das ist noch kein Hexenwerk: Hier fällt ein ganzer Bereich weg, dort verlässt eine Person das Unternehmen und muss ersetzt werden. Auf dieser taktischen Ebene und dank guter (softwaregestützter) Nachfolgeplanung lässt sich hier gut reagieren und steuern.

Strategisch Personal zu planen ist aber ungleich schwieriger. Und zwar aus drei Gründen.

  1. Hier plant man über einen längeren Zeitraum, was unter sich schwer zu prognostizierenden Umweltbedingungen ohnehin eine Herausforderung ist.
  2. Hier muss die Planung auf die strategischen Ziele des Unternehmens (und nicht auf akute Änderungen im Alltag) abgestimmt sein.
  3. Hier gilt es nicht nur, die richtigen Leute in der richtigen Zahl zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle zu haben. Es geht auch darum, dass diese Talente zu diesem Zeitpunkt dann einen organisatorischen Rahmen geboten bekommen, in dem sie ihre Fähigkeiten bestmöglich einbringen können.

Strategisch planen heißt Annahmen treffen

Erfahrene Personalplaner empfehlen daher, in dieser längerfristigen Perspektive zwischen strategisch relevanten Schlüsselkompetenzen und eher taktischen weiteren Kern- und Unterstützungs-Kompetenzen zu unterscheiden. Nur die erfolgskritischen Schlüsselkompetenzen gilt es dabei über einen Zeitraum von fünf oder mehr Jahren zu planen. Hierbei hilft es, Entwicklungen und kritische Wendepunkte auf Basis des Status Quo vorhersagen und visualisieren zu können. Analytics-Lösungen leisten das schon heute.

Hinzukommt allerdings, Einflüsse von außen auf das eigene Geschäft und die eigene Planung bestmöglich vorherzusehen und in die Planung einzubeziehen. Das bedarf der Vorschau und Beantwortung von Fragen wie:

  • Wie lange werden wir den Standort X noch halten (können)?
  • Wann ist die Technologie Y so weit ausgereift, das wir sie einsetzen und Menschen in definierter Zahl brauchen, sie zu implementieren und zu bedienen?
  • Wie wird sich der Markt Z angesichts der gegenwärtigen Turbulenzen und Krisen entwickeln und welche Kapazitäten werden wir zu seiner Bearbeitung einsetzen?

Nur wer hier externe Entwicklungen fortwährend scannt, externe Daten in die eigene Planung einbezieht und mit Szenariotechniken arbeitet, wird dieser Herausforderung gerecht.

Der blinde Fleck von Strategic Workforce Planning

Wenn diese Fragen berücksichtigt und ihre Antworten eingearbeitet sind, glauben sich viele Personalplaner am Ziel. Doch weit gefehlt! Denn jetzt sind wir beim ungelösten Knackpunkt der Strategischen Personalplanung angelangt. Es ist ein Knackpunkt, den die Strategische Personalplanung quasi „by design“ übersieht. Es ist ihr blinder Fleck – und der rächt sich bitterlich.

Wenn Autobauer oder ihre Zulieferer endlich genügend IT-Spezialist:innen gefunden, angeworben und eingegliedert haben, diese aber auf eine Organisation stoßen, die in tradierten Silos, in großen Planungszyklen und in starren Strukturen aus dem Industriezeitalter operiert, wird die angestrebte Digitalisierung nicht gelingen.

Victory through organization”: Keine Workforce-Analyse ohne Organisationsanalyse!

Meine These lautet daher: Workforce Analysis ohne Organizational Analysis führt zu nichts. Und folgerichtig führt die strategische Planung von Personal ohne die Simulation der organisatorischen Rahmenbedingungen ebenfalls auf den Holzweg.

Um es mit dem HR-Vordenker Dave Ulrich von der Ross School of Business in Michigan zu sagen: Menschen können Meister sein, aber Organisationen gewinnen Meisterschaften.“

Wer Personal plant, muss auch die Organisation betrachten

Was also ist zu tun? Unternehmen müssen meiner Überzeugung nach beides können – und noch dazu beides gleich gut: Personalbedarfe vorhersagen und Organisationen darauf abgestimmt anpassen. Dafür muss Strategic Workforce Planning mit Organizational Analytics, wie sie zum Beispiel unsere Software ermöglicht, kombiniert werden. Es müssen Daten erhoben, gepflegt, verknüpft, ausgewertet und die Erkenntnisse visualisiert werden, die sowohl Auskunft über das Humankapital (was wissen, können, leisten Menschen bei uns heute und in Zukunft?) als auch die Organisation (wer arbeitet bei uns wie mit wem heute und in Zukunft?) geben.

Es gilt daher Antworten auf Fragen zu gewinnen, die bislang entweder gar nicht gestellt oder voneinander unabhängig thematisiert und selten zusammengebracht wurden. Diese sind beispielsweise:

  • Wenn wir x Kapazitäten neuer Kompetenzen aufbauen, wo tun wir das?
  • Wie verändert das die bestehende Aufbauorganisation?
  • Was bedeutet das für Berichtswege, Führungsspannen, Arbeitsweisen und das Organisationsdesign (von hierarchischen zu agilen Strukturen)?
  • Welche Reorganisationsbedarfe ergeben sich, wie packen wir das an und welche Auswirkungen hätte das (auf Alters- und Geschlechtermix in Teams oder Bereichen, auf Vergütungsfragen, aber auch auf abgeleitete Personalaspekte wie Wechselbereitschaft, Gesundheitsthemen u.v.m.)

Analytics-Lösungen bringen beides zusammen: Personalplanung und OrgDesign

Erst wenn Strategic Workforce Planning sich den begleitenden Fragen des Organisationsdesigns und der Gestaltung der strukturellen Rahmenbedingungen öffnet, wird sie die einschneidenden Veränderungen effektiv begleiten können, mit denen heute HR-Abteilungen konfrontiert werden. The Future of Work ist keine Frage allein von Future Skills, sondern auch von Future Organizations. Und in diesen Organisationen müssen die richtigen Menschen zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle im richtigen Rahmen ihr Bestes geben.

Dank guter Analytics-Instrumente sowohl bei der klassischen Personalplanung als auch der Organisationsgestaltung lassen sich die beiden Dimensionen – Mitarbeitende und organisatorischer Rahmen – schon heute zusammenbringen. Gerade organisatorische Anpassungen werden kalkulierbarer und leichter, wenn die eingesetzte Software auch Simulationen mehrerer Szenarien erlaubt. Und dank rasanter technologischer Fortschritte sind auch prädiktive und präskriptive Vorhersagen in beiden Feldern möglich. Darunter versteht man die Analyse der Eintrittswahrscheinlichkeiten bestimmter Szenarien und daraus abgeleitete Handlungsempfehlungen.

Kurzum: Es gibt eigentlich nur noch wenige Ausreden, die Fehler der Vergangenheit weiterzumachen und blinde Flecken nicht besser auszuleuchten. Packen Sie’s an!

Joachim Rotzinger

 

Joachim Rotzinger ist CEO von Ingentis, dem führenden Anbieter von Software im Bereich People Analytics und Organisationsdesign.

Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf der Schaffung zukunftsfester Unternehmen, die das Potenzial von Mensch und Organisation vollumfänglich heben.

>> LinkedIn-Profil von Joachim Rotzinger

>> Website von Ingentis

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