perfekte CEO

Perfekte CEO: Unternehmenslegende oder eindeutiges Ziel?

Da das Schreckgespenst perfekte CEO immer noch durch die Unternehmen zieht, wirft Jackie Sahm, Hogan Assessments, einen genaueren Blick auf die Stereotypen, die zu Recht oder zu Unrecht mit erfolgreichen CEOs in Verbindung gebracht werden.

Stereotypen von erfolgreichen CEOs

Die Stereotypen von erfolgreichen CEOs sind allseits bekannt. Sie sind extrovertiert, selbstdarstellerisch, risikofreudig und von Natur aus optimistisch. Die Liste lässt sich endlos fortsetzen, aber es ist unerlässlich zu prüfen, ob diese weit verbreiteten Vorurteile tatsächlich wahr sind. Denn solche Mythen haben eine große Macht, da sie nicht nur beeinflussen können, wie Menschen über andere denken, sondern auch die Art und Weise, wie sie folglich ihre Entscheidungen treffen. Daher so ist es wirklich ein äußerst notwendiges Unterfangen, die Vorstellung vom perfekten CEO zu entlarven.

Bei der Identifizierung der allgemein angenommenen Eigenschaften guter CEOs tauchen drei Schlüsselideale so häufig auf, dass viele Menschen sie einfach als Tatsache hinnehmen, ohne jemals tiefer in sie einzudringen. Das Versäumnis, sie zu hinterfragen, ist ein Hauptproblem, wenn es um diese weit verbreiteten Überzeugungen geht, und ein Schlüsselfaktor für die Idee „perfekte CEO“. Eine genauere Betrachtung kann schnell zu einer Neubewertung der derzeitigen Überzeugungen über gute Führungsqualitäten führen und einen neuen Ansatz für die Rolle und die Erwartungen an CEO hervorbringen.

Mythos Nr. 1: Charisma ist die wichtigste Zutat für das perfekte CEO-Rezept

Charisma und Narzissmus eng verbunden

Die meisten Menschen nennen gerne sofort Eigenschaften wie Ehrgeiz, Ergebnisorientierung, Tatkraft und vor allem Charisma, wenn sie den ideale CEOs beschreiben sollen. Charisma gilt als eine der wünschenswertesten Eigenschaften einer Führungspersönlichkeit; weniger bekannt ist aber, dass diese auch stark mit dem Narzissmus einer Person korreliert. Charisma und Narzissmus stehen in der Tat in einem viel stärkeren Zusammenhang als selbst Körpergröße und Gewicht.

Charisma und Charme

Wenn es an Fakten als Entscheidungsgrundlage mangelt, lassen sich Menschen in der Regel schnell von dem Charisma einer Person leiten. Im Falle von CEOs hat die Forschung herausgefunden, dass diese Eigenschaft dazu führen kann, dass solche Persönlichkeiten ihren Job eher aufgrund ihres Charmes be- oder erhalten als aufgrund ihrer tatsächlich starken und nachgewiesenen Führungsqualitäten.

Studien haben gezeigt, dass Beförderungen häufig an Personen vergeben werden, die Selbstbewusstsein, Intelligenz, Charme, Interesse und politisches Bewusstsein ausstrahlen. Sobald sie dann jedoch das Sagen haben, besteht die Gefahr, dass sie konsequent eigennützige Entscheidungen treffen, große Risiken eingehen, ohne sich über die Nachteile Gedanken zu machen, und letztlich Schaden in ihren Organisationen anrichten.

Auch wenn sie strategisch ehrgeiziger zu sein scheinen, sind sehr charismatische Führungskräfte oft weniger effektiv, wenn es darum geht, ein Team zu führen.

Bescheidenheit

Bescheidenheit ist nach Studienerkenntnissen hingegen ist ein wesentlich stärkeres Maß für die Wirksamkeit von Führungsqualitäten als Charisma und steht oft in direktem Zusammenhang mit langfristigem beruflichem Erfolg. Das Verständnis für eigene Fähigkeiten und Grenzen, die Akzeptanz von Kritik, die Förderung von Teamarbeit und Bescheidenheit selbst tragen dazu bei, dass bescheidene Manager zu effektiveren Führungskräften werden.

Passende Podcast-Empfehlung: Klartext HR Folge #72 – Demut bei Führungskräften

Darüber hinaus sorgen bescheidene Führungskräfte häufig schon vor ihrem Ausscheiden für eine Nachfolgeregelung, was dazu beiträgt, dass die von ihnen geleiteten Organisationen auch nach ihrem Ausscheiden weiterhin effizient arbeiten. Bescheidene Führungspersönlichkeiten schaffen gleichzeitig auch häufig Engagement, haben eine höhere Bindung an gute Mitarbeitende und bleiben länger im Unternehmen als ihre eher arroganten Konkurrenten.

Mythos Nr. 2: Perfekter CEO versagen nie

Scheitern ist Teil des Berufslebens

Trotz aller Bemühungen ist das Scheitern schlichtweg ein Teil des Lebens und lässt sich nicht vermeiden. Tatsächlich erfüllen laut McKinsey nur drei von fünf neu ernannten CEOs die Leistungserwartungen in den ersten 18 Monaten ihrer Tätigkeit. Der grundlegende Test für gute CEOs ist daher nicht, ob sie scheitern, sondern wie sie mit dem Scheitern umgehen.

Unternehmen legen großen Wert darauf, wie ihre Beschäftigten auf die Lektionen des Lebens reagieren, da dies erhebliche Auswirkungen sowohl auf die beruflichen Erfolge als auch auf die des Unternehmens hat. Viele CEOs sehen Misserfolge negativ und reagieren entsprechend, was es ihnen erschwert, aus ihnen zu lernen. Folglich wiederholen sie häufig ihre bereits begangenen Fehler. Menschen, die Schuldzuweisungen oder -ablenkungen in eigennütziger Weise vornehmen, erleben häufig ungünstige Konsequenzen, wie den Verlust des Respekts und Vertrauens ihrer Mitarbeitenden. Wer hingegen wenig belastbar ist oder es mit der Selbstkritik übertreibt, riskiert berufliche Stagnation und Lähmung.

Aus Misserfolgen lernen

CEOs müssen sich dieser Neigungen bewusst sein, daran arbeiten, sie zu überwinden und aus persönlichen und beruflichen Misserfolgen zu lernen, wenn sie in einem konstruktiven Führungsumfeld gedeihen und wachsen wollen. Zu lernen, sich schnell zu erholen und vor allem nach einem Misserfolg wieder aufzustehen, ist eine schwer zu meisternde Fähigkeit, die jedoch zu einer der wertvollsten Eigenschaften werden könnte, die perfekte CEOs besitzen können, wenn es um den Erfolg in ihrer Rolle und Karriere geht.

Glücklicherweise können einige Maßnahmen ergriffen werden, um die eigene Reaktion auf Misserfolge zu verbessern. Dazu gehören die aktive Entwicklung des Selbstbewusstseins, die Einholung von Feedback von zuverlässigen Quellen und die Anwendung neuer Taktiken, um sich von Rückschlägen zu erholen.

Auch das Eingestehen von Fehlern und das Lernen aus ihnen ist für die Entwicklung von Widerstandsfähigkeit wichtig. Wenn ein Plan scheitert, übernehmen gute CEOs die Verantwortung für ihr Scheitern, formieren sich neu und entwickeln eine neue Strategie. Wobei das Team flexibel bleibt, offen für neue Ideen ist und fundierte Entscheidungen trifft, um alle Probleme zu bewältigen, mit denen das Unternehmen konfrontiert wird.

Mythos Nr. 3: CEOs sind übermenschlich

Vertrauen aufbauen

Die besten CEOs zeichnen sich in der Regel durch vier Eigenschaften aus, die alle darauf hinauslaufen, Anhängerschaft und Vertrauen zu gewinnen; aber keine dieser Eigenschaften ist ein Wundermittel. Ein gutes Urteilsvermögen, Integrität, Glaubwürdigkeit und Unterstützung sind alles Eigenschaften, die eine große Führungspersönlichkeit auszeichnen. „Perfekte CEOs“ neigen dazu, auf verschiedenen Ebenen Vertrauen zu erwecken, indem sie konkurrierende Anforderungen erfolgreich in einem komplizierten Spannungsverhältnis managen, was diese vier Eigenschaften gemeinsam haben.

Eine 10-Jahres-Studie des Beratungsunternehmens Navalent ergab, dass die Fähigkeit, tiefe, vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen, die wichtigste Eigenschaft erfolgreicher CEOs ist. Die besten CEOs entwickeln solche Beziehungen, indem sie stark in ihre eigene emotionale und soziale Intelligenz investieren, aktiv um Feedback darüber bitten, wie sie von anderen wahrgenommen werden. Und indem sie lernen, mit ihren Unzulänglichkeiten verletzlich zu sein, wodurch sie Vertrauen bei anderen schaffen.

Passende Podcast-Empfehlung: Klartext HR Folge #62 – Emotionen bei Führungskräften

Emotionen zeigen

Diese Eigenschaft ist nicht von Natur aus übernatürlich, aber die Ergebnisse, die damit erzielt werden können, verleihen den CEOs, die sie besitzen, eine gewisse Mystik und Legende – fast wie perfekte CEOs.

Um zu den herausragenden CEOs zu gehören, bedarf es im Wesentlichen einiger einfacher, aber wirksamer Schlüsselerfahrungen: Seien Sie visionär, aber bescheiden; ermutigen Sie Ihr Team, aber nehmen Sie es auch in die Pflicht; und seien Sie schnell und entschlossen, aber bleiben Sie auch immer genau.

Die Position des CEO ist eine paradoxe Übung, die einem Seiltanz auf einem Hochseil gleicht. Charles Darwin zufolge überlebt weder die klügste noch die stärkste Spezies. Es ist diejenige, die sich am besten an Veränderungen anpassen kann – das gilt auch für CEOs.

Jackie Sahm

Jackie Sahm

 

Jackie Sahm ist Vice President bei Hogan Assessments blickt auf mehr als 15 Jahre Erfahrung in den Bereichen Assessment, Talentmanagement und Führungskräfteentwicklung zurück. Sie leitet regelmäßig Workshops und Programme zur Entwicklung von Führungskräften in Kleingruppen und bietet Führungskräften in fast allen Branchen und Funktionen fortgeschrittenes Entwicklungsfeedback und Coaching an.

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