Die kürzlich von BONAGO veröffentlichte Belohnungsstudie 23 liefert spannende Erkenntnisse zur Entwicklung der HR-Strategien sowie zur Mitarbeiterbindung und -motivation in deutschen Unternehmen. Und es wird mehr als deutlich: Es besteht Handlungsbedarf! Eine kritische Zusammenfassung von Tobias Ganz.
Die Belohnungsstudie 2023 ist da!
Es folgen sechs Key-Take-Aways aus der aktuellen Belohnungstudie 2023 von Bonago.
1. Das Grunddilemma:
Obwohl mit 93% fast alle der 2.400 Befragten angeben, im Jahr 2023 Motivations- und Bindungsinstrumente nutzen zu wollen, scheitert fast die Hälfte aus Budgetgründen daran Ihre Maßnahmen wirklich umzusetzen.
Hier beißt sich die Katze in den Schwanz: Es ist unbestreitbar, dass die Motivation und Bindung von Mitarbeitenden direkte Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg hat. Engagierte und zufriedene Mitarbeitende sind produktiver, kreativer und tragen maßgeblich zum Wachstum und zur Rentabilität des Unternehmens bei.
Es ist daher entscheidend, dass Unternehmen die Verbindung zwischen Mitarbeitermotivation und Unternehmenserfolg erkennen und entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Und der Verlust von Top-Performern durch ungenügende Mitarbeiterbindung führt neben dem direkten Produktivitätsverlust (Cost of Vacancy) zu mittelfristig höheren Kosten im Employer Branding und Recruiting und damit zwangsläufig zu weniger Budget für Mitarbeitermotivation und -bindung. Ein Teufelskreis.
2. Individuelle Belohnungen statt Gießkannenprinzip
Über zwei Drittel der Befragten sind sich bewusst, dass der Wunsch in der Belegschaft nach individuellen Belohnungssystemen wächst. Damit wird deutlich: Standardmäßige Incentives, die im Gießkannenprinzip verteilt werden, erreichen die Belegschaft immer weniger. Die Mitarbeitenden wollen, dass ihre Leistungen anerkannt werden. Unternehmen müssen ihre Teams wertschätzen, indem sie personalisierte Anreize bieten und die Vielfalt der Bedürfnisse berücksichtigen. Nur so kann eine nachhaltige Motivation erreicht werden.
3. Netto-Entgelt-Optimierungen sind nicht fancy, aber wertvoll
Im letzten Jahr gewannen Netto-Entgelt-Optimierungen (sprich Umwandlung von Bruttoentgelt in steuer- und sozialabgabenfreie Leistungen) stark an Bedeutung.
Ein kostenloses Feierabendbier auf dem Rooftop kann die Sorgen der Mitarbeitenden angesichts steigender Heizkosten und einer allgegenwärtigen Inflation nicht einfach wegzaubern.
Unternehmen müssen den Mehrwert von steuerfreien Zusatzleistungen erkennen. Denn sie sind ein zentrales Instrument zur Bindung und zur Gewinnung neuer Talente.
Spannend dabei: Fast 90% der Befragten betrachten steuerbezogene Benefits als wichtig. Es besteht jedoch eine eklatante Diskrepanz zwischen dem Wissen und der tatsächlichen Nutzung von Steuervorteilen.
Hier liegt ungenutztes Potenzial brach, um kostengünstig mehr zu bieten. Ein möglicher Grund dafür ist die Darstellungskraft dieser Themen im Employer Branding. Es ist nicht sexy über Fahrtkostenzuschüsse oder Essenszuschläge zu sprechen und doch wird es für Mitarbeitende immer wichtiger. Hier sollten Unternehmen über Ihre Kernbotschaften im Außenauftritt nachdenken.
4. Wertschätzung als stiefmütterliche Aufgabe:
Die Studie beleuchtet auch das Thema Unternehmenskultur und insbesondere die Wertschätzung in Unternehmen. Es wird deutlich, dass Unternehmen bisher nur begrenzt die Möglichkeit nutzen, Mitarbeitende langfristig durch Wertschätzung zu binden. Als Grund dafür wird der berühmte Mangel an Zeit angegeben.
Dies verdeutlicht, dass Wertschätzung oft nur dann stattfindet, wenn sich eine Lücke im Zeitplan ergibt.
Es ist jedoch von großer Bedeutung, dass Wertschätzung als feste „Aufgabe“ auf der Agenda steht und kontinuierlich praktiziert wird. Mitarbeitende, die sich wertgeschätzt fühlen, sind nachweislich motivierter und engagierter. Es ist höchste Zeit, hier einen Kurswechsel vorzunehmen und Wertschätzung als zentralen Baustein der Mitarbeiterbindung und -motivation zu etablieren.
5. Budget-Stillstand trotz Bewusstsein für die Relevanz:
Zwei Drittel der Befragten entscheiden sich dazu, ihr Budget für Mitarbeiterbindung und -motivation nicht zu verändern. Das restliche Drittel plant eine Budgeterhöhung für 2023. Angesichts der unsicheren Wirtschaftslage und steigender Weltmarktpreise spiegelt diese Entwicklung das Bewusstsein der Unternehmen für die hohe Relevanz des Themas wider.
Dabei fehlt oftmals der Blick für Lösungen, die auch ohne zusätzliche monetäre Investitionen für mehr Bindung und Motivation sorgen können. Ein höheres Involvement bei Unternehmensentscheidungen und flexiblere Arbeitszeit- und Arbeitsortmodelle sind solche Optionen, die bisher oft kommuniziert, aber selten angewandt werden.
Eine kleine Alternative: Interne Personalentwicklung von Mitarbeitenden für Mitarbeitende. Das Geltungsbedürfnis der Einzelnen wird befriedigt, in dem diese ihre Expertise teilenn und die Anderen erweitern kostenfrei ihre eigene Perspektive und Know-How. Auch solche Maßnahmen können im erweiterten Sinne Teil eines Motivationsprogrammes sein.
6. Standardwerkzeuge sind nicht mehr zeitgemäß:
Die Studie zeigt deutlich, dass Unternehmen sich weiterhin auf herkömmliche Standardwerkzeuge der Personalbindung und -motivation verlassen. Das Problem dabei ist, dass sie dadurch zu Standardunternehmen werden bzw. solche bleiben. Die Top-Performer verlassen sie und suchen sich „bessere“ Arbeitgeber. Gleichzeitig wird die Gewinnung neuer Talente durch den starken Wettbewerb und den Kampf mit den bekannten Methoden und Strategien erschwert.
In der Studie wird der Einsatz von moderner HR-Software und All-in-One-Portalen als Lösung präsentiert.
Doch das kann nur der zweite Schritt sein. Zuerst müssen Unternehmen ein Bewusstsein für die Notwendigkeit und die Bereitschaft zur Innovation entwickeln. Erst dann können neue Instrumente den Weg zum Erfolg ebnen und für eine aufwandsarme und skalierbare Abwicklung sorgen.
Mein Fazit zur Belohnungsstudie 23
Die Belohnungsstudie 23 zur Personalbindung und -motivation legt die Schwachstellen und Potenziale offen, mit denen Unternehmen konfrontiert sind. Es ist höchste Zeit, dass Unternehmen die Verbindung zwischen Mitarbeitermotivation/-bindung und Unternehmenserfolg erkennen und entsprechende Ressourcen bereitstellen.
„Viel für alle“ muss der Individualisierung weichen und Wertschätzung sollte nicht länger ein Nice-to-have-Nebenprodukt sein.
Es ist an der Zeit, die gängige Klaviatur komplett zu bespielen und gleichzeitig innovative Lösungen einzuführen, um nachhaltige Erfolge in der Personalbindung und -motivation zu erzielen. Die Zukunft gehört den Unternehmen, die bereit sind, nicht nur die Pflicht, sondern auch die Kür zu erfüllen, gerade wenn dies bedeutet neue Pfade zu beschreiten.
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