sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: so schützen Sie Mitarbeitende

Zwar ist die Öffentlichkeit mittlerweile für das Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sensibilisiert. Dennoch ist es ein nach wie vor unterschätztes Thema und kommt gerade im Arbeitsumfeld häufiger vor als man denkt. Philipp von Bülow, CEO von lawpilots zeigt auf, wie Arbeitgeber Mitarbeitende davor schützen können.

Auch ein mediales Thema: sexuelle Belästigung

Anzügliche Sprüche, unerwünschte Berührungen, ungewollte Einladungen von Vorgesetzten – seit den Enthüllungen um Filmproduzent Harvey Weinstein vor fünf Jahren machten weltweit Millionen Frauen ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung publik. Aber abseits bekannt gewordener Fälle von Prominenten, sprechen wir über ein im Alltag in Deutschland weitverbreitetes Thema.

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz – noch immer unterschätzt

Firmen sind verpflichtet, Mitarbeitende vor sexueller Belästigung zu schützen. Manchmal fehlt es in Unternehmen, gerade in kleineren, aber an den notwendigen Ressourcen, um Präventionsmaßnahmen umzusetzen. Ein weiteres Problem: Es wird in den seltensten Fällen offen über sexuelle Belästigung gesprochen – was sexuelle Belästigung ist, wie man diese erkennt, meldet und verhindert.

Was genau ist sexuelle Belästigung?

Häufig wird auch davon ausgegangen, dass dieses Problem in der eigenen Organisation nicht existiert beziehungsweise es wird verkannt, was alles unter sexuelle Belästigung fällt. Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG, umgangssprachlich auch Antidiskriminierungsgesetz genannt) umfasst sexuelle Belästigung nicht nur unerwünschte Berührungen, sondern jegliches unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten. Und zwar egal, ob jemand diese Handlungen selbst ausführt oder zu diesen auffordert. Das geht von Blicken, Gesten und Aussagen über das Senden und Zeigen unpassender Inhalte bis hin zu unerwünschten Berührungen.

Hinzu kommt: Grenzen, wann ein Verhalten als unangebracht aufgefasst wird, sind individuell. Natürlich ist nicht jede Bemerkung oder jeder körperliche Kontakt eine Grenzüberschreitung.

Der Arbeitsplatz bleibt weiterhin Platz 1 bei der Beziehungsanbahnung. Und Beziehungen am Arbeitsplatz sind erstmal nicht verboten. Die Annäherung sollte jedoch von allen Beteiligten gewünscht sein. Und wenn die Beziehung scheitert, müssen die Beteiligten einen professionellen Umgang wahren.

Vorfälle erkennen, ahnden und aufarbeiten

Hinter sexueller Belästigung steht oft ein Machtgefälle. Nicht nur zwischen der Geschäftsführung und den Mitarbeitenden, sondern auch in den Abteilungen oder unter Kolleg:innen: Am Arbeitsplatz existieren Hierarchien, Altersunterschiede, Dauer der Betriebszugehörigkeit oder einfach das Geschlecht. Bei sexueller Belästigung wird diese Macht oder ein Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt.

Manchmal ist das den Beteiligten gar nicht bewusst. Betroffenen fällt es so aber schwerer, sich gegen die Belästigung zu wehren, da sie berufliche Nachteile sowie (je nach Betriebsklima) Stigmatisierung und Ausgrenzung fürchten.

Herausfordernd: interkulturelle Teams

Bei der Arbeit in einem interkulturellen Team ist mitunter besondere Sensibilität geboten. So ist es zum Beispiel in manchen Kulturen normal, mehr Körperkontakt zu seinem Gegenüber zu suchen, was in anderen Kulturen als Belästigung gilt. Bei verschiedenen Muttersprachen können ebenfalls verstärkt Missverständnisse auftreten. Auch in diesem Fall ist klare Kommunikation wichtig.

Außerdem: Auch wenn vor allem Frauen und nicht-binäre Personen von sexueller Belästigung betroffen sind, kann sie auch Männer treffen. Jeder und jede Betroffene muss grundsätzlich ernst genommen und unterstützt werden!

Zeugen sollten sofort eingreifen!

Wer Zeuge oder Zeugin eines eindeutigen Vorfalls von sexueller Belästigung wird, sollte sofort eingreifen. Häufig reicht es schon, Fehlverhalten offen als solches zu benennen. Betroffene von sexueller Belästigung sollten das Fehlverhalten in jedem Fall direkt ansprechen, E-Mails und andere Nachweise (z. B. Chatverläufe) aufheben und wiederholtes Fehlverhalten in einem Gedächtnisprotokoll detailliert festhalten.

Falls das direkte Gespräch nicht hilft, sollten Betroffene von ihrem Beschwerderecht Gebrauch machen und sich an die oder den Vorgesetzte(n) oder die zuständige (anonyme) Anlaufstelle wenden. Das Kündigungsschutzgesetz und in vielen Fällen auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schützen vor negativen Konsequenzen- Und zwar auch dann, wenn die Prüfung der Beschwerde ergibt, dass es sich nicht um Belästigung handelt („Maßregelungsverbot”).

Pflichten für Unternehmen

Unternehmen wiederum sind in der Pflicht, die Initiative zu ergreifen, sexuelle Belästigung zu thematisieren, adäquate Reaktionen auf Vorfälle zu implementieren sowie Beschwerdestellen zu benennen. Dies gilt für Belästigung sowohl durch Mitarbeitende als auch durch Dritte. Letztere können z. B. Kund:innen, Geschäftspartner:innen oder Lieferant:innen sein.

Zu den Pflichten jedes Unternehmens gehören hier insbesondere:

  1. Die Organisation muss darauf hinweisen, dass sexuelle Belästigung verboten ist sowie die Vorschriften des AGG und die Klagefristen schriftlich bekannt geben.
  2. Innerhalb der Organisation muss eine Beschwerdestelle existieren, über die auch informiert wird.
  3. Die Räumlichkeiten und die Kommunikation der Organisation (falls gestattet, auch die private) sind von entsprechenden Darstellungen freizuhalten.
  4. Die Organisation haftet für diejenigen, die in ihrem Namen handeln.

Abgesehen von den schweren Folgen für Betroffene hat sexuelle Belästigung auch für die Täter:innen Konsequenzen. Denn sowohl das Strafgesetzbuch als auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sanktionieren sexuelle Belästigung. Nach einem Vorfall muss die Organisation außerdem arbeitsrechtliche Maßnahmen ergreifen, die eine Wiederholungsgefahr ausschließen (z. B. Abmahnung, Versetzung, Kündigung).

Exkurs: Schutz von Minderjährigen

Sind in einem Unternehmen Minderjährige (z. B. Auszubildende oder jugendliche Minijobber:innen) beschäftigt oder richtet sich das Angebot des Unternehmens direkt an Kinder und Jugendliche (z. B. eine Ferienfreizeit), müssen besondere Regeln beachtet und Auflagen erfüllt werden. Unternehmen sollten zudem über ein besonderes Schutzkonzept verfügen, in dem die Abwehr, das Erkennen und die Beendigung von Missbrauch im Zentrum stehen.

Mindestbestandteile des Schutzkonzepts sind das Leitbild der Organisation, ein Verhaltenskodex, Fortbildungen, Präventionsangebote, Beschwerdeverfahren und ein Notfallplan.

Grundsätzliche Informationen für die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen sind im Jugendarbeitsschutzgesetz oder in der Verordnung über den Kinderarbeitsschutz festgehalten.

E-Learnings gegen sexuelle Belästigung

Ganz im Zeichen einer „guten Untenehmensführung” (im Sinne von ESG: Environmental – Social – Governance, zu Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) setzen Unternehmen ein unmissverständliches Signal, dass sexuelle Belästigung nicht geduldet wird, indem sie professionell mit dem Thema umgehen, Meldungen von Vorfällen ernst nehmen und Betroffene kompromisslose Hilfe erhalten.

Mit interaktiven E-Learnings sensibilisieren Unternehmen ihre Mitarbeitenden darüber hinaus und vor allem nachhaltig für verschiedene Formen sexueller Belästigung. Außerdem zeigen sie die Vermeidung sowie den Umgang mit Grenzüberschreitungen auf. Vor allem, wenn sie vielleicht aus Scham oder Verlegenheit nicht offen darüber sprechen wollen. Digitales Lernen lässt sich individuell in den Arbeitsalltag integrieren und orientiert sich zudem an den Mitarbeitenden:

  • Von Belästigung Betroffene, die sich wahrgenommen fühlen sollen und Anlaufstellen und Strategien genannt bekommen.
  • Mitarbeitende, die bereits sensibilisiert sind und erfahren, wie sie das Verhalten bei Kolleg:innen und Vorgesetzten unterbinden und Betroffene unterstützen können.
  • Mitarbeitende, die sich noch nicht mit dem Thema beschäftigt haben, sollen für dessen Wichtigkeit sensibilisiert werden.
  • Mitarbeitende, die potenziell belästigendes Verhalten an den Tag legen, sollen erkennen, wie schlimm dies für die Betroffenen ist.
Anzeige:PERSOBLOGGER CLUB - HR-Lernpower für Unternehmen

Philipp von Bülow

Phillip von Bülow

 

Philipp von Bülow ist CEO und Mitgesellschafter von lawpilots, dem mehrfach ausgezeichneten E-Learning Anbieter in rechtlich-regulatorischen Themen. Die E-Learnings sind in mehr als 35 Sprach- und Länderversionen verfügbar und verknüpfen rechtliche Lerninhalte mit einer Mischung aus praxisnahen Beispielen, Gamification, Erklärvideos, Experteninterviews und Infografiken.

>> LinkedIn-Profil von Philipp von Bülow

>> zur Website von lawpilots

Lassen Sie uns auf LinkedIn darüber diskutieren!

  • Anzeigen:

  • DSAG Event Personaltage 2024

  • Quicklinks:

  • Beworbene HR-Veranstaltungen:

  • Entdecken Sie weitere spannende Artikel

    Rückkehrkultur
    Personalmanagement allgemein

    Rückkehrkultur als Geheimtipp gegen Fachkräftemangel?!

    Man sieht sich immer zwei Mal im Leben? Was in manchen Fällen wie eine Drohung klingen mag, ist für viele Unternehmen längt eine erfolgsversprechende Strategie

    IHRE PERSOBLOGGER CLUB MITGLIEDSCHAFT

    Nur eine Anmeldung pro Unternehmen. Grenzenloser Zugang für das gesamte HR-Team

    persoblogger club Werbung
    PERSOBLOGGER Newsletter Newsletter
    ×

    Jetzt hier zum Newsletter anmelden und auf dem Laufenden bleiben!

    Pünktlich jeden Montag um 7:15 Uhr wertvolle HR-News:

    • ✓ Aktuelle Fachartikel und Podcast-Folgen
    • ✓ Neueste HR-Studien & Infografiken
    • ✓ Zugriff auf HR-Veranstaltungen im DACH-Raum
    • ✓ Wichtige Trends und wissenswerte News

    Wir nutzen Google reCAPTCHA, um unsere Webseite vor Betrug und Missbrauch zu schützen. Mehr erfahren

    Newsletter-Anmeldung laden