Low Performance

Schwache Leistung, starke Folgen: Was tun bei Low Performern im Unternehmen?

Low Performance ist ein Phänomen, das in nahezu jedem Unternehmen auftritt und dennoch bleibt der richtige Umgang damit oft diffus. Viele Arbeitgeber wissen nicht, wie sie mit Mitarbeitenden, deren Leistungen über einen längeren Zeitraum hinter den Erwartungen zurückbleiben, umgehen sollen und welche rechtlichen Konsequenzen im Ernstfall gezogen werden dürfen. Dabei ist Klarheit entscheidend: für Führungskräfte, für HR und letztlich für die betroffenen Mitarbeitenden. Denn man kann sich vorstellen: unzureichende Arbeitsleistung führt zu einer Störung im Arbeitsverhältnis und schlechter Stimmung im gesamten Team. Einblicke von Rechtsanwältin Livia Merla.

Wo fängt Low Performance eigentlich an?

Low Perfomance ist vielfältig und kann ganz verschiedene Ursachen haben. Es gibt eine Vielzahl von Merkmalen und Verhaltensweisen, die typischerweise bei Low Performance auftreten, wie zum Beispiel:

  • Häufige Fehler
  • Starker Leistungsabfall
  • Fehlende Motivation
  • Beschwerden seitens des Teams oder Kunden
  • Fehlerhafte Umsetzung der Aufgaben und Missachtung von Vorgaben oder Arbeitsabläufen
  • Wenig Arbeitsresultate

Auch wenn Low Performance viele Facetten haben kann, wird die Arbeitsleistung in sämtlichen Fällen bei einer objektiven Betrachtung nicht so erbracht, wie es geboten ist. Die Leistung weicht dabei qualitativ oder quantitativ von der geschuldeten Arbeitsleitung ab.

Welche Arbeitsleistung schulden Arbeitnehmer?

Und da kommen wir schon zum ersten Problem: Welche Arbeitsleistung schuldet der Arbeitnehmer denn eigentlich und was darf der Arbeitgeber realistischerweise erwarten?

Man kann sich vorstellen, dass ein Team immer aus verschiedenen Leistungsträgern besteht. An der Spitze die wirklichen Zugpferde, ein solides Mittelfeld und ggf. auch ein Schlusslicht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein Arbeitnehmer grundsätzlich nicht verpflichtet, Höchstleistungen zu erbringen. Er muss lediglich das leisten, was er individuell auch leisten kann. Was man als Arbeitgeber jedoch erwarten darf:  das persönliche Leistungspotenzial muss ausgeschöpft werden. Sprich: „Der Arbeitnehmer muss sein Bestes geben.“

Wann liegt Low Performance vor?

Low Performance liegt nach der geltenden Rechtsprechung daher dann vor, wenn ein Mitarbeiter dauerhaft – in der Regel über mindestens sechs Monate – deutlich hinter der Durchschnittsleistung vergleichbarer Kollegen zurückbleibt. Dabei gibt es keinen festen Wert, wann eine erhebliche Unterschreitung der „Durchschnittsleistung“ vorliegt. Die Gerichte geben Arbeitgebern hier eine wage Formel an die Hand. Als Richtschnur wird dabei ein längerfristiger Leistungsabfall von einem Drittel oder mehr im Verhältnis zur durchschnittlichen Arbeitsleistung einer Vergleichsgruppe angesehen. Arbeitgeber müssen diesen Maßstab konkret belegen können und das idealerweise durch Daten aus vergleichbaren Teams unter gleichen Rahmenbedingungen.

Beabsichtigt ein Arbeitgeber eine Kündigung, ist es daher nicht ausreichend, dass der Arbeitnehmer lediglich das „Schlusslicht“ einer Gruppe ist, sondern er muss leistungstechnisch deutlich hinter seinen Kollegen zurückbleiben. Mithin muss ein nicht hinnehmbares Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Gegenleistung (Zahlung des Gehaltes) vorliegen.

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Warum ist die Arbeitsleistung des Mitarbeiters schlecht?

Zunächst ist ein Blick hinter die Fassade erforderlich, indem das Gespräch mit dem Mitarbeiter gesucht wird. Arbeitgeber sollten stets alle Optionen zur Leistungsverbesserung ausschöpfen und versuchen, die Ursachen von Low Perfomance zu ergründen bevor weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden.

Ein Arbeitgeber sollte sich daher zunächst folgende Fragen stellen:

  • Weiß der Arbeitnehmer tatsächlich, was alles zu seinem Aufgabengebiet gehört?
  • Liegen den Leistungsmängeln organisatorische Hindernisse zugrunde?
  • Wurde der Mitarbeiter umfangreich eingearbeitet?
  • Können die Mängel durch Schulungen beseitigt werden?
  • Gab es ausreichend Feedbackgespräche und ehrliche Kritik an der Arbeitsleistung

Gleichzeitig muss der Arbeitgeber die Arbeitsleistung messbar machen, um sie auswerten zu können, wie z.B. durch konkrete Stück, Zahl- oder Zielvorgaben, die unterschritten werden. Man kann sich vorstellen, dass dies in der Praxis nicht immer einfach ist. Im ersten Schritt muss daher zunächst eine angemessene Vergleichsgruppe festgelegt werden, um beurteilen zu können, ob eine Leistung tatsächlich unter denen der Anderen liegt.

Die sorgfältige Dokumentation dieser Auffälligkeiten und der stattgefundenen Personalgespräche sind in diesem Fall Pflicht.

Maßnahmen vor Ausspruche einer Kündigung

Eine Kündigung oder einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses sollte immer das letzte Mittel sein, zu dem der Arbeitgeber greift.

Daher kommen zunächst Feedbackgespräche, Schulungsmaßnahmen, Versetzungen oder auch eine Änderung der Arbeitsaufgaben in Betracht.

Einige Arbeitgeber greifen auch auf einen sogenannten Performance Improvement Plan (PIP) zurück. Dabei werden dem Mitarbeiter klare Ziele und Fristen vorgegeben, um die Leistung zu verbessern und zu dokumentieren. Die Ziele müssen dabei realistisch und angemessen sein.

Durch regelmäßiges Feedback und Überprüfung des Performance Improvement Plans erhält der Mitarbeiter die Chance, sich kontinuierlich zu entwickeln und somit eine Kündigung eventuell noch abzuwenden. Bleibt ein solcher Plan aufgrund von Nichterfüllung der gesetzten Ziele erfolglos, führt meist kein Weg an der Kündigung oder einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorbei.

Die Kündigung eines Low Performers:

Die Kündigung eines Mitarbeiters wegen Schlecht- oder Minderleistung kann auf verhaltens- oder personenbedingte Gründe gestützt werden und hier beginnt streng genommen die eigentliche Abgrenzung.

Verhaltensbedingte Kündigung („Er will nicht“)

Eine verhaltensbedingte Kündigung kommt in Betracht, wenn der Mitarbeiter keine bessere Leistung erbringt, obwohl er dies eigentlich könnte. Hier liegt der Vorwurf gerade darin bergründet, dass der Arbeitnehmer seine persönliches Leistungspotential nicht ausschöpft und er eine Leitungssteigerung vereitelt. Da es sich in dieser Konstellation um eine willensgesteuerte Pflichtverletzung handelt, ist in diesen Fällen in der Regel auch eine vorherige Abmahnung erforderlich.

Personenbedingte Kündigung („Er kann nicht“)

Eine personenbedingte Low Perfomance Kündigung liegt hingegen vor, wenn der Arbeitnehmer sein Potenzial ausschöpft und die Leistung trotzdem nicht reicht. Die Ursachen für Leistungsmängel können an dieser Stelle vielfältig sein, wie z.B. Krankheiten, altersbedingte Defizite oder andere Eignungsmängel.

Eine Abmahnung ist hier nicht notwendig und auch nicht zielführend, da die Leistungsmängel gerade nicht verhaltensbedingt gesteuert werden.  Eine Negativprognose muss dahingehend gegeben sein, dass auch zukünftig nicht mit einer Leistungssteigerung zu rechnen ist.

Da der Arbeitgeber diese Abgrenzung in der Regel nur schwer treffen kann, sollte vor Ausspruch einer Kündigung sicherheitshalber immer eine Abmahnung ausgesprochen werden.

Was HR bei Low Performance beachten muss

Low Performance erfordert keine vorschnelle Kündigung, sondern klare Prozesse und rechtssichere Entscheidungen. Arbeitgeber sollten auffällige Leistungen frühzeitig dokumentieren, realistische Maßstäbe setzen, Verbesserungsoptionen bieten und Maßnahmen strukturiert umsetzen. Erst wenn alle Alternativen geprüft und dokumentiert sind, ist eine Kündigung gestützt auf verhaltens- und personenbedingte Gründe rechtlich tragfähig.

Arbeitsgerichtliche Prozesse scheitern oftmals bereits an der Dokumentation der mangelhaften Leistung, denn Low Performance ist nicht immer greifbar und Arbeitgeber tragen hier die volle Beweislast. Daher werden für den Großteil solcher Arbeitsverhältnisse einvernehmliche Trennungsoptionen, wie z.B. ein Aufhebungsvertrag, bevorzugt. Solche Lösungen sind meist effektiver und risikoärmer.

Livia Merla

Livia Merla

Livia Merla ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und geschäftsführende Partnerin der Kanzlei mgp in Berlin. Neben ihrer täglichen Beratungspraxis tritt sie regelmäßig als Expertin im Arbeitsrecht im SAT.1 Frühstücksfernsehen, der rbb Abendschau oder den Welt Nachrichten auf, wo sie Fragen zu aktuellen arbeitsrechtlichen Themen beantwortet.

2023 gründete sie zudem die mgp Arbeitsrechts-Akademie, um Führungskräften, Personal-verantwortlichen und Arbeitgebern praxisnahe Weiterbildungen im Arbeitsrecht anzubieten.

>> LinkedIn-Profil von Livia Merla

>> Website der Kanzlei mgp

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