11.000 Stellen bei Thyssenkrupp, 7.000 Arbeitsplätze bei Bosch oder 7.500 Jobs bei Audi: Die deutsche Wirtschaft baut massiv Stellen ab. Allein in diesem Jahr wurden in rund 30 größeren Unternehmen Stellenabbauprogramme bekannt gegeben. Was wird aus diesen Menschen? Während die eine Branche schwächelt, herrscht in der anderen weiter Fachkräftemangel. Demzufolge sind Quereinstiege eine Perspektive.
Auswertung von Indeed
Die Chancen dafür stehen gerade günstig. Das hat eine aktuelle Analyse der Plattformdaten von Indeed ergeben. So ist die Zahl der Stellenanzeigen für Quereinstiege seit 2020 um 165% gestiegen. Zugleich hat sich auch die Nachfrage erhöht: Im Vergleich zum Vorjahr hat der Anteil der Suchanfragen nach Quereinstieg-Jobs um 14% zugenommen.
Von 2020 bis heute beträgt der Anstieg sogar 77%. 38% der Arbeitnehmenden können sich laut einer Indeed-Umfrage zudem einen Wechsel in einen anderen Job gut vorstellen. Ein weiteres Viertel wäre zum Quereinstieg bereit, wenn keine neue Ausbildung nötig wäre.
Jobs im Einzelhandel mit mehr als 50% Quereinstieg-Quote
Besonders attraktive Voraussetzungen begegnen Jobsuchenden im Einzelhandel. Knapp ein Drittel der Stellenanzeigen (32%) beinhaltet hier Quereinstiege. Allein bei Verkäufer:innen (53%) und Kassierer:innen (52%) zielen mehr als die Hälfte aller Stellen (53%) darauf ab. Auch in der häuslichen Pflege und im sozialen Bereich haben Quereinsteiger:innen gute Chancen. Hier wird in fast jeder vierten Anzeige (24%) auf den Quereinstieg verwiesen. Mit 23% beinahe genau so hoch ist der Anteil von Quereinstieg-Jobs in der Gastronomie. Die Logistik kommt auf 21%.
Deutlich schlechter stehen die Chancen dagegen im Tech-Bereich. In der Software-Entwicklung liegt der Anteil an Quereinstieg-Jobs gerade einmal bei 3%. Bei Datenspezialisten sind es sogar nicht einmal 2%. Schlusslicht in dieser Statistik ist der Bereich Accounting. Hier beträgt der Quereinstieg-Anteil kaum mehr als 1,5%.
Das mag verwundern, schließlich ist der Fachkräftemangel gerade im Bereich der Tech-Jobs besonders groß. Entsprechend offen sollten Arbeitgeber hier für Quereinsteiger:innen sein. Doch die Realität sieht anders aus. Quereinstieg ist nicht gleich Quereinstieg. Gerade im Tech-Bereich gehen mit einem Wechsel hohe Aufwände für Weiterbildungen oder Onboarding einher.
Im Einzelhandel oder in der Gastronomie ist der Einstieg für Fachfremde viel niedrigschwelliger möglich. Auffällig ist zudem, dass die Anzeigen im Bereich Tech-Jobs besonders stark zurückgegangen sind. Laut Daten des Indeed Hiring Lab werden etwa ein Drittel weniger Softwareentwickler:innen gesucht als im Vorjahr.
Berlin ist Deutschlands Quereinstieg-Hauptstadt, aber bessere Chancen in Chemnitz
Neben einzelnen Branchen und Berufen gibt es auch regionale Unterschiede. Gemessen an den Quereinstieg-Anzeigen insgesamt ist Berlin Deutschlands Quereinstieg-Hauptstadt. Die Metropole hat einen Anteil von 4% an allen Quereinstieg-Jobs in ganz Deutschland. Auf dem zweiten Platz folgt Hamburg mit einer Quote von 2,86%. Etwas deutlicher dahinter landen München (1,96%), Köln (1,44%) und Frankfurt (1,42%).
Ein Blick auf den Anteil an Quereinstieg-Jobs in den einzelnen Städten spült wiederum ganz andere Standorte im Ranking nach oben. Aschaffenburg zum Beispiel. Die unterfränkische Kleinstadt hat zwar nur 72.500 Einwohner und einen Anteil von gerade einmal 0,26% Quereinstieg-Jobs in Deutschland. Allerdings zielt etwa jeder siebte dort inserierte Job auf Quereinstiege ab (16%).
In Chemnitz ist der deutschlandweite Anteil mit 0,47% zwar etwas höher. Die Quote für Quereinstieg-Inserate ist mit 15% allerdings ähnlich hoch. Gleiches gilt für Hagen (14%, DE: 0,25%) oder Leverkusen (13% DE: 0,25%). In Berlin zum Beispiel liegt diese Quote übrigens nur bei 7, in Hamburg bei 8%.
Quereinstieg als Zukunftsthema
Der Quereinstieg bleibt also eine Chance. Und dennoch macht sich die Rezession auch hier bemerkbar. Zwar ist die Zahl entsprechender Jobs in den vergangenen Jahren gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr gab es allerdings einen leichten Rückgang von 5,8%. Diese Delle ist konjunkturbedingt. Unternehmen sind wegen der wirtschaftlichen Situation sowie der politischen Unsicherheit gerade zurückhaltend, was Investitionen ins Personal angeht. Folglich sinkt die Bereitschaft, durch Quereinstiege ins Risiko zu gehen.
Grundsätzlich bleibe der Quereinstieg aber ein Zukunftsthema. Wir werden älter und deshalb länger arbeiten. Die Technologie verändert die Arbeit und Jobprofile rasant. Unternehmen und unsere Ansprüche an den Job verändern sich ebenfalls. All das führt dazu, dass sich die Bereitschaft zum Quereinstieg erhöht. Ähnlich sei es auch bei Arbeitgebern. Der technologische Wandel und der Fachkräftemangel bringen die Unternehmen dazu, tradierte Recruiting-Strategien zu überdenken und Talente jenseits klassischer Ausbildungswege in Erwägung zu ziehen.
Eine gute Nachricht auch für all diejenigen, die vom aktuellen Stellenabbau betroffen sind.
Quelle: Pressemitteilung Indeed
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