Die Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP) hat gemeinsam mit Gallup eine Befragung zum Status der HR-Abteilungen in Deutschland durchgeführt. Aktuelle Einblicke in die Ergebnisse, wie es um HR in der Transformation bestellt ist.
DGFP-Studie zum Status von HR
Die Studie der DGFP zusammen mit Gallup untersuchte folgende drei Kernfragen:
- Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden, damit HR seine Rolle als strategischer Partner einnehmen und effektiv ausführen kann?
- Wie kann HR die eigene Transformation, die eigene emotionale Bindung (Engagement) und die Entwicklung einer nachhaltigen Unternehmenskultur vorantreiben?
- Welche Trends prägen die Zukunft von HR und wie kann der Bereich seine Wirkungskraft entfalten?
Vor dem Hintergrund von Trends wie Upskilling und Reskilling, HR-Transformation, übergreifenden Synergieeffekten, der hybriden Arbeitswelt und Effizienztreibern zeigt die Studie nicht die Herausforderungen, sondern auch gangbare Möglichkeiten für die Zukunft auf.
Im Befragungszeitraum vom 8.11.2024 bis 13.12.2024 haben 314 Personen aus dem Netzwerk der DGFP an der Online-Befragung teilgenommen.
Diese spezielle Zielgruppe der DGFP-Mitglieder sowie die vergleichsweise geringe Teilnehmendenzahl sollte bei der Interpretation im Hinterkopf bleiben. Denn eine DGFP-Mitgliedschaft nutzen vor allem Großunternehmen und internationale Konzerne – nicht die Millionen mittelständischen Unternehmen.
Dennoch bieten die Studienergebnisse spannende Einblicke, die es in der HR-Szene zu diskutieren gilt.
Ausgewählte Ergebnisse der Befragung State of HR 2025
HR-Trends für die Praxis in 2025
Gefragt nach den für das eigene Unternehmen relevantesten HR-Trends, wurden insbesondere folgende Themen genannt:
- Transformative HR-Arbeit: 49%
- Weiterbildung Next Level: 39%
- Gestaltung der hybriden Arbeitswelt: 35%
Die Antwort-Optionen waren hierbei vorgegeben und haben ihren Ursprung in der HR-Trend-Studie 2024, die die DGFP vormals veröffentlicht hatte.
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Interessanterweise finden sich in den am häufigsten genannten HR-Trends nicht die in den letzten Jahren als Top HR-Priorität gesehenen Themen Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting, mithin Personalgewinnung. Vielmehr wirken die neuen Top-Themen stark in die Organisation hinein.
Ebenfalls bemerkenswert ist das starke Abschneiden der Relevanz von Hybrid Work. Entstand medial in den letzten Monaten der Eindruck, mobile Arbeit und Homeoffice seien auf dem Rückzug, zeigt dies, dass den Unternehmen durchaus bewusst ist, wie die Arbeit der Zukunft aussieht: hybrid.
Emotionale Bindung und Veränderungsbereitschaft
Mit den Ergebnissen rund um die emotionale Bindung und Veränderungsbereitschaft der im HR-Bereich tätigen Befragten, überrascht die Studie in mehrfacher Hinsicht.
Während in der Gallup HR-Datenbank Vergleichsgruppe 56% der Befragten HR-Verantwortlichen eine hohe emotionale Bindung zum Unternehmen aufweisen, liegt der Wert bei der DGFP-Befragung lediglich bei 33%. Zieht man den aus den allgemeinen Gallup-Studien bekannten Schnitt von 15% hochgradig emotional verbunden, 70% gering emotional verbunden und 15% ohne emotionale Bindung, dann ordnen sich die aktuellen Werte genau dazwischen an.
Was ist denn nun die Wahrheit?
Zum Thema emotionale Verbundenheit und Gallup-Index habe ich eine extrem kritische Meinung, die ich bereits 2017 als Reaktion auf die Studien-Veröffentlichung von damals, in einem Artikel geäußert habe.
In Kürze: die Verteilung 15-70-15 ist eine klassische Normalverteilung, die Titulierung des großen Mengenblocks von 70% mit „geringer emotionaler Bindung“ verzerrt aus meiner Sicht komplett die Wahrnehmung. Es handelt sich letztlich um eine „mittlere Bindung“.
Allerdings klingen mediale Schlagzeilen wie „85% der Beschäftigten haben nur eine geringe oder keine emotionale Bindung zum Arbeitgeber“ besser als eine Meldung, dass es bei der emotionalen Bindung eine klassische Normalverteilung gibt. Niemand würde eine solche Meldung wahrnehmen, geschweige denn würde sie HR in die Handlung bringen.
Silos, Entscheidungsgeschwindigkeit und Agilität
Wenn nur rund jede zehnte Befragte Person mit der Entscheidungsgeschwindigkeit in der Organisation zufrieden ist, liegt das zu einem nicht unerheblichen Anteil auch an der Struktur der sich beiligenden Unternehmen. In der Regel sind DGFP-Mitglieder sehr große Unternehmen und Konzerne. Dort sind bei Entscheidungen regelmäßig eine Vielzahl von Abteilungen und Governance-Einheiten beteiligt. Insofern verwundert es wenig, dass die gefühlte Zufriedenheit im absolut ausbaufähigen Bereich liegt.
Insofern liegt auch der Zusammenhang auf der Hand, dass je zufriedener die Befragten mit der Geschwindigkeit der Entscheidungsfindung sind, auch die eigenen vollen Potentiale in die tägliche HR-Arbeit eingebracht werden können.
Entsprechend der eben beschriebenen Einordnung, wird auch die Wahrnehmung der Agilität des Unternehmens aus Sicht der HR-Verantwortlichen geprägt, Nur minimale 6% der Befragten attestieren ihrer Organisation echte Agilität.
Einbindung von HR in die Unternehmensstrategie ist begrenzt
Seit vielen Jahren wird das Thema ausführlich in der HR-Welt debattiert: Wie kann HR stärker ins Business eingebunden werden und den vielbeschriebenen „Platz am Entscheidertisch“ erlangen. Auch in einer Klartext HR Podcast-Folge habe ich mich ausführlich mit dem Thema beschäftigt und mit Anjuli Mauer diskutiert.
In der Befragung geben 61% der Befragten an, aktiv als HR an der Entwicklung der Unternehmensstrategie beteiligt zu sein. Die Werte fallen dann um so höher aus, wenn die Bedeutung von HR für den Unternehmenserfolg erkannt wird. Der Rückschluss aus dieser Erkenntnis lautet: HR wird in Summe noch zu wenig relevant für den Unternehmenserfolg angesehen.
Dieses geringere Ansehen von HR im Vergleich zu anderen Abteilungen zeigt auch die folgende Grafik:
Insbesondere Bereiche wie Vertrieb, Finanzen sowie Forschung & Entwicklung punkten hier deutlich besser.
Aber mal ganz ehrlich: Wenn nach Businessrelevanz gefragt wird, dann wäre meine persönliche Erwartungshaltung auch nicht, dass hier zuerst HR genannt würde. Die 54% Rückmeldungen, die ein „gleiches Ansehen“ für ihr Unternehmen attestieren, liegen dabei mit meiner eigenen Erwartung gleichauf.
Stressempfinden bei HR
Die Frage nach dem eigenen Stress-Empfinden bei der HR-Arbeit korrespondiert deutlich mit der erlebten Bedeutsamkeit von HR im Gesamtunternehmen. So wird das Stressniveau als neunfach höher empfunden, wenn die Bedeutung der HR-Arbeit im Unternehmen nicht anerkannt wird.
Dennoch stimmen mich die Ergebnisse zum erlebten Stresslevel in der HR-Arbeit zuversichtlich:
Nur 22% erleben in ihrer täglichen HR-Arbeit ein kritisches Stresslevel. Die Verteilung erinnert auch hier an eine prozentuale Normalverteilung. Mit Blick auf die gefühlte -und in zahlreichen anderen Studien- immer wieder monierte extrem hohe operative Auslastung, sind die Werte vergleichsweise gut.
Meine Interpretation geht dahin, dass gerade bei größeren Unternehmen und Konzernen für Themen stets eine Vielzahl von Verantwortlichen existieren, die jeweils mit ihrer Expertise in einem begrenzten Wirkungskreis aktiv sind. Je kleiner Unternehmen sind, um so stärker ist die Jobrolle der HR-Generalist:innen verbreitet. Dort treffen die unterschiedlichsten Themen täglich bei einzelnen Personen zusammen – eine Stellvertretung gibt es oftmals nicht. Hier dürfte der gefühlte Stresslevel daher tatsächlich nochmals deutlich höher sein.
Insofern sind die Ergebnisse der DGFP-Befragung für mich sehr stimmig.
Potentiale in der HR-Arbeit
Auch über die Potenziale in der HR-Arbeit trifft die aktuelle Studie Aussagen. Mit Blick auf Personalentwicklung und persönlichem Wachstum scheinen nur 23% der befragten HR-Verantwortlichen ein Gefühl von „gefördertem Wachstum“ zu erleben. Ein Großteil von 46% haben hingegen das Gefühl auf der Stelle zu treten und gar 27% glauben sich im „wachstumslosen Vakuum“ zu befinden.
Ebenso wird das Performance Management als unterdurchschnittlich bewertet. Nur in Summe knapp 28% sind damit zufrieden. Zugegeben, ist Performance Management auch eine sehr anspruchsvolle Herausforderung, die durch mobile und hybride Arbeit nicht unbedingt einfacher geworden ist.
Die Fokussierung auf die Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit und emotionalen Bindung wird ebenfalls als verbesserungswürdig eingestuft. Der Zusammenhang mit dem Thema Führung ist dabei offensichtlich. Wenn bereits die innerhalb HR empfundene Führung als ausbaufähig tituliert wird, wundert es nicht, wenn quer durch das Unternehmen Defizite im Bereich Leadership identifizierbar sind.
Mein Fazit zur State of HR 2025 Befragung
Abschließend bleibt für als Fazit zur State of HR Befragung 2025, dass sich HR-Arbeit in großen Unternehmen von der Personalarbeit in kleineren Unternehmen unterscheidet. Klassische Themen, die eine hohe Komplexität durch die Beteiligung von zahlreichen Stakeholdern aufweisen, werden entsprechend kritisch gesehen. Andererseits profitiert HR-Arbeit in Konzernen von der breit aufgestellten Arbeitslast im Personalbereich – wohl wissend, dass auch hier der empfundene Druck teilweise enorm ist.
Aber der Blick auf die Vielzahl von generalistisch aufgestellen HR-Verantwortlichen bei der Bewältigung der unglaublichen Vielzahl von HR-Themen, die wir im Rahmen eines HR-Trendradars in 2024 erarbeitet hatten, lässt den nochmals höheren Druck in kleineren Unternehmen erahnen.
Jetzt gilt es, die gefundenen Optimierungspotenziale im eigenen Unternehmen zu analysieren und daran tatkräftig zu arbeiten.