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Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer hat Diskriminierung erlebt

Das karrieretag.org-Trendbarometer widmete sich in seiner jüngsten Befragung dem Thema „Diskriminierung am Arbeitsplatz“. Mehr als 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gaben einen Einblick in ihre persönlichen Erfahrungen. Fazit: Diskriminierung im Job wird häufig erlebt oder beobachtet – aber selten gemeldet. Und deutsche Arbeitgeber haben noch viele Hausaufgaben zu machen.

64% der Umfrageteilnehmer geben an, am Arbeitsplatz schon einmal diskriminiert worden zu sein. 10% der Betroffenen berichten von einem einmaligen Vorfall, die Mehrheit allerdings von „gelegentlichen“ (59%) oder sogar „regelmäßigen“ Diskriminierungen (31%). Diese erschreckend hohen Zahlen spiegeln sich auch in einer deutlichen Zunahme von Beratungsanfragen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

Gründe und Umstände von Diskriminierung

Gefragt nach den subjektiv erlebten Gründen für ihre Diskriminierung nannten 36% ihr Alter, 32% das Geschlecht, 30% die ethnische Herkunft und 21% körperliche Einschränkungen. Aber auch die eigene religiöse Weltanschauung (13%) oder sexuelle Orientierung (6%) spielen im Diskriminierungsgeschehen eine wichtige Rolle.

Mit welcher Art von Fehlverhalten sahen sich die Betroffenen konfrontiert? In erster Linie handelte es sich um Beleidigungen oder herabwürdigende Bemerkungen (62%), Schikanen oder Mobbing (57%). 12% der Betroffenen geben an, sexuell belästigt worden zu sein, 8% berichten von körperlichen Übergriffen und/oder Androhung von Gewalt. Nicht immer müssen es spektakuläre Umstände sein: Sehr oft wird bereits das Vorenthalten beruflich relevanter Informationen zum Nachteil des Arbeitgebers als Diskriminierung erlebt, wie ein Blick auf die frei formulierten Antworten der Befragten verrät.

Am häufigsten fühlen sich die Antwortgeber bei der ungerechten Verteilung von Arbeitsaufgaben (57%), bei der Leistungsbeurteilung (53%) sowie (nicht erfolgten) Beförderungen und Gehaltserhöhungen (39%) diskriminiert. Für die Betroffenen ebenfalls belastend: ihr gezielter Ausschluss von Teamaktivitäten oder Projekten (35%) und von Entscheidungsprozessen (34%).

Diskriminiert fühlten sich die Betroffenen in erster Linie von ihren direkten Vorgesetzten (71%), von Kolleginnen und Kollegen (64%), von der Geschäftsführung (31%) – und in nicht wenigen Fällen sogar von Kunden des eigenen Unternehmens (11%).

Mehrzahl der Vorfälle nicht gemeldet

Man mag es kaum glauben: 200 der insgesamt 281 von Diskriminierung betroffenen Studienteilnehmer, das sind 71%, haben ihre Diskriminierung nicht gemeldet. Wurde die Diskriminierung gemeldet, dann überwiegend an direkte Vorgesetzte (51%), die Geschäftsführung (40%), die Personalabteilung (38%) oder an den Betriebsrat (25%).

Nur 5% wendeten sich direkt an eine Behörde, wie etwa die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Die generell niedrige Meldequote könnte auf eine – womöglich nicht unbegründete – Furcht der Betroffenen vor negativen Konsequenzen zurückzuführen sein. Und tatsächlich berichten 55% jener, die einen Vorfall gemeldet hatten, von negativen Konsequenzen für die eigene Person. Nur 5% geben an, dass der Vorfall Konsequenzen für den/die Täter:in hatte, und lediglich 18% meinen, dass „angemessen“ auf den Vorfall reagiert wurde.

Aber nicht nur Betroffene schrecken häufig vor einer Meldung des Vorfalls zurück. Auch Zeugen von Diskriminierung wendeten sich bei nur 30% der von ihnen beobachteten Vorfälle an Vorgesetzte oder innerbetriebliche Meldestellen.

Gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen für Betroffene und Arbeitgeber

Diskriminierung kann zu erheblichem Stress führen und damit diverse gesundheitliche Probleme begünstigen. Häufig genannt werden psychische Belastungen wie Angststörungen, Depressionen oder posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS).

Demnach berichteten 81% der vom karrieretag.org-Trendbarometer befragten Betroffenen von körperlichen und psychischen Problemen, darunter Stress- und Angsterkrankungen, Depressionen, Panikattacken und auch von psychischen Traumata, die klinisch behandelt werden mussten.

Die Vermeidung von Diskriminierung am Arbeitsplatz ist für Unternehmen allein aus rein wirtschaftlicher Sicht von großer Bedeutung: Unabhängig vom Erkrankungsbild kam es bei rund 70% der befragten Betroffenen zu einem beruflichen Leistungsabfall.

Die Bedeutung des Themas in deutschen Unternehmen

Trotz der wirtschaftlichen Implikationen widmen deutsche Unternehmen dem Thema wohl noch zu wenig Aufmerksamkeit. So schätzen die Teilnehmer des karrieretag.org-Trendbarometers die Sensibilisierung ihres Unternehmens für das Thema Diskriminierung mit nur 46 von 100 möglichen Punkten ein. 40% der Antwortgeber kennen (womöglich vorhandene) Anti-Diskriminierungsrichtlinien ihres Unternehmens nicht, und 21% verweisen explizit auf das Fehlen entsprechender Richtlinien bei ihrem Arbeitgeber.

Auch in der Prävention tut sich mit Blick auf die Datenlage offenbar noch zu wenig: Nur 24% der Befragten geben an, dass ihre Arbeitgeber Schulungen zum Thema Diversity und Inklusion anbieten würden. Dabei wäre gerade Aufklärung ein wichtiger Baustein in der Prävention von Diskriminierung.

Denn das Problembewusstsein ist bei den Arbeitnehmern durchaus vorhanden: So stimmt die große Mehrheit der Befragten (82%) der Aussage zu, dass Diskriminierung im Job ein Problem für viele Minderheiten ist, laut ihrer Einschätzung vor allem für Menschen mit Migrationshintergrund (65%), Frauen (62%), für Arbeitnehmer 50+ (43%), für arbeitsfähige Menschen mit körperlicher (41%) oder geistiger Beeinträchtigung (39%). Auch Schwule und Lesben (36% und 30%) sind laut Einschätzung der Antwortgeber besonders gefährdet, Opfer von Diskriminierung am Arbeitsplatz zu werden. Nur knappe 20% aller Befragten halten die Debatte zum Thema Diskriminierung für übertrieben.

Konstruktive Lösungsvorschläge

Die Teilnehmer des karrieretag.org-Trendbarometers haben klare Vorstellungen davon, was Arbeitgeber tun könnten, um Diskriminierung im Job zu vermeiden. Allen voran stimmen sie der Forderung nach Diversity- und Gleichbehandlungs-Schulungen für Führungskräfte zu (62%), gefolgt von der Einführung von Anti-Diskriminierungsrichtlinien (61%), transparenten Kriterien für Beförderungen (59%), Einführung einer innerbetrieblichen Meldestelle (55%), transparenten Gehaltsschemata (53%) und anonymen Bewerbungsprozessen (44%). Auch Quotenregelungen können 23% der Teilnehmer etwas abgewinnen.

Quelle: Pressemitteilung von Karrieretag.org

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Stefan Scheller

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