Krisenmanagement

Strategisch vorausdenken: Krisensicherheit beginnt im People Management

In einer Zeit wirtschaftlicher Unsicherheit und globaler Herausforderungen stehen viele Unternehmen in Deutschland vor der schwierigen Aufgabe, ihre Personalkosten zu überdenken und Personalkürzungen vorzunehmen. Doch solche Situationen müssen nicht zwangsläufig in einer Katastrophe enden. Die Frage ist jedoch: Was tun Sie, wenn bei Ihnen morgen die Krise anklopft?

Dieser Artikel von Gastautorin Britta Katharina Kiefer beleuchtet strategische als auch operative Wege, wie Unternehmen Krisen nicht nur bewältigen, sondern gestärkt aus ihnen hervorgehen können.

1. Ruhige Zeiten sind die wahre Bühne für Krisenprofis

Krisenmanagement heißt vor allem strategisch denken, planen und handeln. Erfolgreiches Krisenmanagement beginnt daher lange vor der eigentlichen Krise! Die Fähigkeit eines Unternehmens Krisen zu meistern, wird von dem bestimmt, was in „guten Zeiten“ vorbereitet wurde.

Drei Strategieelemente sind besonders erfolgsentscheidend:

1.1 C-Level Leadership:

Das Verhalten der obersten Führungsebene ist maßgeblich für den Erfolg des Krisenmanagements, denn sie wirken wie Influencer auf deren Follower. Integrität und klare Kommunikation ist daher wichtiger denn je.

1.2 Unternehmenskultur:

Eine starke Kultur schafft Gemeinsamkeit und darin liegen die Lösungen.

In Krisenzeiten erlebt ein einmal aufgebautes Vertrauen seine Feuertaufe, denn alles ist in Veränderung, alte Normen, ein gemeinsamer Wertekodex sind auf dem Prüfstand.

Kulturbildende Momente können eine bestehende, etablierte Kultur verändern. Diese sind Handlungen, die nicht zur bisherigen Kultur passen, aber ohne Korrektur Teil der neuen Kultur werden.

1.3 People Management (PM):

Eine PM Strategie in Verbindung mit der Business Strategie plant die Zukunft des Unternehmens mit Blick auf den entscheidenden Erfolgsfaktor „Mitarbeitende“.

Ein professionelles, auf die Unternehmensstrategie ausgerichtetes Peoplemanagement übernimmt -metaphorisch gesprochen – die Funktion eines Trainers für eine Sportmannschaft. Denn dieser gibt einerseits den Rahmen vor und wirkt andererseits motivierend und fördernd.

1.4 „Workforce Planning“ – Flexibilität als Trumpf

Eine atmende Organisation mit flexiblen Personalstrukturen kann schneller auf Veränderungen reagieren. Für die Praxis heißt das, dass ein definierter Anteil an nichtangestellten Mitarbeitenden (z.B. Zeitarbeiter, Dienstleister) Teil der Workforce ist.

Achtung:

  • langfristige Besetzung von Schlüsselpositionen mit Nichtangestellten kann das Geschäft gefährden.
  • rechtliche Aspekte der Scheinselbstständigkeit beachten!

1.5 Skillmanagement: Investition in die Zukunft

Die Halbwertszeit von Wissen hat sich heutzutage drastisch verkürzt. Laut dem „Future of Jobs Report 2025“ des World Economic Forum müssen 59 von 100 Arbeitnehmer bis 2030 ihre Kernkompetenzen umschulen oder erweitern.

Unternehmen, die in kontinuierliche Weiterbildung investieren, sind krisenfester. Ein professionelles, modernes Personalmanagement setzt genau hier an:

  • Strategische Planung von Wissensmanagement
  • Förderung interner Mobilität

Tipp:
Das neue Qualifizierungschancengesetz unterstützt Unternehmen finanziell bei der Umqualifizierung.

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2. Bevor Krisenprofis kündigen, prüfen sie diese Alternativen

2.1 Bestehende Arbeitsverträge

Befristete Verträge oder Verträge ohne Kündigungsschutz auslaufen zu lassen bzw. zu beenden, bieten eine schnell umsetzbare Möglichkeit zur Kostensenkung.

Auch Vorruhestandsregelungen in Form von Altersteilzeit bieten sich an. Erfahrungsgemäß wird das Blockmodell präferiert.  Der Aufwand und die relativ hohen Kosten rechtfertigen vor allem die Sozialverträglichkeit.

2.2 Flexiblere Arbeitsgestaltungsmodelle

Remote Arbeit, Arbeitszeitreduktion und Job Sharing eröffnen Möglichkeiten zur Kostensenkung bei gleichzeitigem Erhalt von Fachkräften. Diese Modelle gelten als besonders attraktiv für Mitarbeitende und dienen gleichzeitig der Mitarbeiterbindung.

Es bedarf jedoch klarer Richtlinien und Kommunikationsstrukturen, damit sie ihre volle Wirkung erzielen.

2.3 Kurzarbeit

Kurzarbeit ist ein bewährtes Instrument zur Überbrückung wirtschaftlicher Engpässe, jedoch sind gesetzliche Regelungen zu beachten. Weiterführende Informationen erhalten Sie direkt online bei der Arbeitsagentur.

Aktuell:
Die Bundesregierung hat das Kurzarbeitergeld bis 31.12.2025 auf 24 Monate erweitert.

2.4 Optimierung von Nebenleistungen

Viele Nebenleistungen/ Benefits unterliegen gesetzlich geregelten Vergünstigungen, ein Austausch kann daher einige Kosten einsparen (bspw. Homeoffice statt Dienstwagen).

2.5 Externes Redeployment

On-, Offshoring und Outsourcing bieten Flexibilisierungsmöglichkeiten und Kostensenkung. Sie bergen jedoch Risiken wie Qualitätsverlust und Datenschutzprobleme. Jede Alternative hat ihre Vor- und Nachteile. Die Wahl hängt von der individuellen Unternehmenssituation ab.

Bedenken Sie bei jeder Maßnahme die Wirkung und Konsequenzen auf Ihre Unternehmenskultur und das Arbeitgeberimage. Und oft ist nicht das „was“ entscheidend, sondern viel mehr das „wie“.

3.  Betriebsbedingte Kündigungen? Mit Plan statt Chaos

Wie Krisenprofis betriebsbedingte Kündigungsprozesse managen erfahren Sie jetzt:

3.1  Umgang mit Zeitdruck

In Krisenzeiten steht die Geschäftsführung unter enormem Druck schnell zu handeln,  um Ergebnisse zu präsentieren.

Doch gründliche Vorbereitung ist unerlässlich! Sie macht den Unterschied zwischen erfolgreichem Turnaround und einer drohenden Abwärtsspirale!

Aus der Praxis:

Ein Unternehmen kündigte unter Zeitdruck pauschal allen Mitarbeitern einer Abteilung. Dies führte nicht nur zum Verlust wichtiger Schlüsselkräfte, sondern alle reichten eine Kündigungsschutzklage ein und informierten zudem die Presse. Sie können sich die Folgen für das Employer Branding ausmalen.

3.2  Kommunikation ist jetzt ein Schlüsselfaktor

„Man kann nicht nicht kommunizieren“ – 1. Axiom von Paul Watzlawick

Wenn die Krise auf das Unternehmen zurollt, beginnt die Gerüchteküche zu brodeln, lange bevor das Management eine Lösung hat. Daher herrscht in dieser Zeit oft Stillschweigen. Doch je weniger offiziell kommuniziert wird, desto mehr Gerüchte entstehen!

Tipp: Entwickeln sie so früh wie möglich einen offensiven Kommunikationsplan!

3.3  Sicher durch den Kündigungsprozess navigieren

Ein Kündigungsprozess, bei dem eine größere Zahl an Mitarbeitenden betroffen ist, ist schon per se eine Herausforderung. Doch wie navigiert man durch dieses komplexe Terrain, ohne das Unternehmen nachhaltig zu schädigen?

Die Antwort liegt in einem strukturierten, vierphasigen Ansatz.

Phase 1: Zielklärung – Das Fundament des Erfolgs

Die Zielklärungsphase bildet die Basis für den Lösungsweg (siehe hierzu auch meine detaillierte Checkliste zum Download)

  • Ausgangssituation und Zieldefinition: Welche Bereiche sollen und warum abgebaut, was soll erreicht werden?
  • Priorisierung und Budgetierung: Welche Ziele haben Vorrang, welche finanziellen Mittel stehen zur Verfügung? Existieren weitere Restriktionen?
  • Zeitlicher Rahmen: Welche Fristen müssen eingehalten werden?
  • Mitarbeiterdifferenzierung: Wer sind unsere Schlüsselkräfte, und wie können wir sie halten? Welche Störungen sind möglich, welche davon zu vermeiden?
  • Risikoeinschätzung: Welche potenziellen Fallstricke lauern, bspw. rechtliche Konsequenzen, Reputationsschäden?

Tipp: Erfahrene People Manager sollten die Projektleitung übernehmen, da diese die Konsequenzen der Entscheidungen wie auch die gesetzlichen Anforderungen kennen.

Phase 2: Vorbereitungsphase – Das Herzstück des Prozesses

Der Zeitdruck ist jetzt am größten, doch gilt: Je detaillierter und durchdachter die Planung, umso rascher und reibungsloser erfolgt die Umsetzung!

  • Maßnahmen: sollten als einzelne Projekte bearbeitet werden unter Berücksichtigung sich gegenseitig beeinflussender Parallelprojekte (bspw. Reorganisation)

Differenziert nach Zielgruppen:

  • Gekündigte: bspw. Gründung von Transfergesellschaften, Newplacement-Angebote, Schulungen zur Neuorientierung.
  • Verbleibende: Retention-Strategien zum Halten von Schlüsselpersonen im Unternehmen, Kapazitäts- und Skillplanung in Verbindung mit Trainingsmaßnahmen, Teamentwicklungsmaßnahmen
  • Führungskräfte: Trainings zum Führen von Kündigungsgesprächen, Coachings zur Mitarbeiterführung in Krisenzeiten.
  • Kommunikation: ein detaillierter, nach Stakeholdern differenzierter Kommunikationsplan ist mehr als empfehlenswert.
  • Kulturtransformation: solche Zeiten verursachen Unruhe im gesamten Unternehmen, durch die Entlassungen entstehen neue Dynamiken. Wird an der Unternehmenskultur proaktiv gearbeitet, hat das Unternehmen die Chance eine neue, starke Kultur nach der Krise zu implementieren.

Phase 3: Durchführung – der Tag der Wahrheit

Die Durchführungsphase hat ihren Höhepunkt mit den Kündigungsgesprächen. Dann zeigt sich, ob die ausführliche Planung gut durchdacht war und ohne Zwischenfälle verläuft.

Phase 4: Nachbereitung und Betreuung – der Neuanfang

Diese Phase ist die Übergangsphase in einen neuen Unternehmensalltag. Empfehlenswert ist über die i.d.R. externen Anbieter (Berater, Coaches, etc) mit den Ehemaligen noch einige Zeit in Kontakt zu bleiben, um den Erfolg der Maßnahmen zu verfolgen.

Der Fokus sollte jedoch auf den Verbleibenden liegen: so kann ein Kick off Meeting die neue Phase wirkungsvoll einläuten und weitere Maßnahmen in den Teams, wie auch für die Kultur neue Motivation und Schwung bringen.

4. Fazit

Es ist wahr: Krisenzeiten können ungeahnte Möglichkeiten bieten bislang nicht genutzte Potenziale aufzudecken und das Unternehmen neu ausrichten.

Zwar sollte Krisenmanagement bereits in guten Zeiten beginnen, vor allem i.S. v. strategischer Planung. Doch stehen Personalkostenkürzungen an, kommen vor dem Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen, diverse, bessere Alternativen in Betracht. Damit Unternehmen auch nach der Krise wettbewerbsfähig sind und ihre wertvollen Mitarbeitenden halten, sind eine positive Unternehmenskultur, eine proaktive Kommunikationsstrategie und ein starkes People Management erfolgsentscheidend.

Wenn also strategische Weitsicht und operative Feinfühligkeit zusammen eingesetzt werden, so wird sowohl die Herausforderung Krise gemeistert als auch der Grundstein für einen erfolgreichen Neustart mit einer motivierten und loyalen Belegschaft gelegt.

>> Download Checkliste für Personalabbau von Britta Katharina Kiefer

Britta Katharina Kiefer

Britta Kiefer

 

Britta Katharina Kiefer ist seit 2012 selbständig als Expertin für People Management & Kultur mittelständischer Unternehmen.

Ihr Motto „Wachstumsbooster Mitarbeiter“ ist Programm: unternehmerischen Herausforderungen mit dem Menschen als Zentrum der Lösung begegnen!

Britta Katharina Kiefer ist Diplomkauffrau (Univ.) und mehrfach zertifizierter Coach mit 30 Jahren Führungserfahrung im People Management.

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