Gesundheitsmanagement und Abwesenheitsmanagement ganzheitlich zu betrachten und KI einzusetzen für Optimierungen, ist der Ansatz des HR-Startups Bloom. Mit-Gründerin Viktoria Lindner gibt Einblicke zum Thema künstliche Intelligenz, Vertrauen in Gesundheitsdaten, betriebliches Eingliederungsmanagement, psychische Gefährdungsbeurteilung und mehr im Rahmen eines Startup-Interviews mit mir.
Was bietet Bloom?
Hallo Viktoria, magst Du Dich und Bloom bitte kurz vorstellen?
Bloom bietet ein ganzheitliches People-Analytics-Tool, das speziell für das Gesundheits- und Anwesenheitsmanagement entwickelt wurde. Mit diesem Tool erhalten Unternehmen tiefgreifende Einblicke in die Abwesenheitsmuster ihrer Mitarbeiter und können darauf basierend nachhaltige Strategien zur Reduzierung von Krankheitstagen und Fehltagen entwickeln. Bloom hilft dabei, Trends und Muster im Krankheitsverhalten der Belegschaft zu identifizieren und liefert maßgeschneiderte Handlungsempfehlungen zur Optimierung des betrieblichen Gesundheitsmanagements aber auch der Organisation um nachhaltig Fehlzeiten der Belegschaft zu senken.
Ein besonderes Alleinstellungsmerkmal von Bloom ist die nachweisliche Senkung der Krankheitsraten um 15% bereits im ersten Jahr. Darüber hinaus berichten 81% der Personalverantwortlichen von signifikanten Steigerungen der Produktivität und einer Reduzierung krankheitsbedingter Ausfälle. Das Bloom Tool bietet außerdem einen beeindruckenden Return on Investment (ROI) von 4:1, indem es Produktivitätsverluste durch krankheitsbedingte Abwesenheiten reduziert.
Employee Assistance Program
Euer System bietet u.a. ein sogenanntes Employee Assistance Program (EAP). Was genau versteht man darunter?
Ein Employee Assistance Program (EAP) bei Bloom ist ein individuell konfigurierbares Unterstützungsprogramm, das ganzheitliche Angebote für die mentale und körperliche Gesundheit von Mitarbeitern bereitstellt. Es zielt darauf ab, durch maßgeschneiderte Lösungen das Wohlbefinden der Mitarbeiter zu fördern und gleichzeitig ihre Produktivität zu steigern, indem es persönliche Herausforderungen im Arbeitsumfeld effektiv adressiert.
Bloom bietet flexible Inhalte wie 1:1 Sitzungen mit Psychologen oder Ärzten, aber auch viele Videoformate zur Prävention.
Gesundheitsthemen sind Vertrauensthemen
Gerade im Bereich Gesundheit sind die meisten Menschen sehr sensibel, was mit ihren Daten und Informationen passiert. Wie wird Gesundheitsmanagement durch den Arbeitgeber wahrgenommen, wenn es um sehr sensible Themen, wie z.B. psychische Gesundheit geht?
Ja, das stimmt absolut. Gerade in Deutschland ist das Thema enorm sensibel und wichtig. Zunächst einmal ist es wichtig, dass unsere Plattform alle gängigen Datenschutzstandards einhält. Wir bauen alles nach ISO27001 Norm und das schafft schon mal großes Vertrauen, da die Unternehmen wissen, dass die Daten bei uns sicher sind. Der zweite wichtige Punkt ist Anonymität.
Niemals erhalten wir oder ein Unternehmen genaue Einblicke in die Gründe für Krankheitsausfälle einer bestimmten Person. Alles ist direkt anonymisiert und somit können niemals Rückschlüsse auf eine Person geschlossen werden. Dennoch sehen die Unternehmen Trends und Muster in der Belegschaft. Sie können z.B sehen, dass die Krankmeldungen aufgrund von psychischen Krankheiten im letzten Quartal um z.B 20% gestiegen sind. Das wiederum hilft ihnen, genau zu verstehen, wo die Probleme liegen, um dann auch handeln zu können. Denn nur durch Daten und Transparenz kann man auch wirklich Initiativen im Unternehmen durchführen, die Ergebnisse bringen. Keiner will ja blind handeln und den Unternehmen ist ein ROI aller Investitionen ja auch enorm wichtig geworden.
Ausgewählte Zusammenhänge und Muster
Wie viele Einblicke erhält der Arbeitgeber zum Gesundheitszustand der Mitarbeitenden und auf welcher Körnung?
Der Arbeitgeber erhält durch Bloom Einblicke in Zusammenhänge von Abwesenheiten und Krankentage der Mitarbeitenden mit anderen Organisationsabläufen oder aber auch externer Geschehnisse.
Diese Einblicke können auf verschiedenen Ebenen gefiltert und analysiert werden, wie z.B. nach Abteilungen, Zeiträumen oder Betriebszugehörigkeit. Die Daten werden zudem mit externen Quellen angereichert und ermöglichen fundierte Empfehlungen zur Verbesserung der Gesundheit und Reduzierung von Ausfallzeiten.
Um ein Beispiel zu geben: Wir können den Unternehmen z.B anzeigen, dass es in einem Department einen überdurchschnittlich hohen Anstieg an Kurzzeitfehlzeiten im letzten Monat gab. Gleichzeitig erkennt unser Tool dann ebenfalls, dass es Besonderheiten genau zu dieser Zeit im Department gab. Das kann z.B ein Führungskräftewechsel sein oder eine Policy die eingeführt wurde. Wir korrelieren diese Trends dann miteinander und unsere AI erkennt, ob es da Zusammenhänge gibt. Und das sagt unser Tool dann dem Departmentleiter oder Personalleiter und so kann gezielt gehandelt werden.
Herausforderung Compliance-Richtlinien
Insbesondere generalistisch tätige HR-Verantwortliche in kleineren Unternehmen tun sich oft schwer mit der Überprüfung der Einhaltung der Compliance-Regelungen? Was leistet Ihr mit Bloom in Punkto Compliance Audit?
Wir fokussieren uns meistens auf große Unternehmen, da bestimmte Compliance Anforderungen erst so richtig relevant werden ab einer bestimmten Größe.
Aber auch kleine Unternehmen interessieren sich z.B immer mehr für die psychische Gefährdungsbeurteilung. Da haben wir eine digitale Lösung gebaut, die jeder Größe von Unternehmen ermöglicht die PsychGB schnell und einfach durchzuführen und die Maßnahmen abzuleiten und umzusetzen.
Psychische Gefährdungsbeurteilung
Ein sehr bekanntes und häufig auch extrem kosten- und zeitaufwändiges „Tool“ im betrieblichen Gesundheitsmanagement ist die Psychische Gefährdungsbeurteilung. Wie bettet Ihr diese in Euer generelles Preissystem ein?
Die PsychGB ist zwar generell nicht an eine Unternehmensgröße gebunden, aber dennoch beschäftigen sich die meisten Unternehmen erst ab einer Mitarbeiterzahl von 100 mit dem Thema.
Wir haben ein sehr transparentes Preismodell, da es an den Headcount gebunden ist. Je größer ein Unternehmen, desto mehr Daten müssen erfasst und ausgewertet werden. Unser Modell ist eine jährliche Subscription, da wir nicht nur einmalig die Daten erheben durch die Umfrage, sondern diese auch auswerten und die Umsetzung der Maßnahmen durch ein Projektmanagement Board über einen längeren Zeitraum begleiten. Zudem speichern wir die Daten anonymisiert und sicher für den Kunden in unserem Tool, sodass im Falle einer Betriebsprüfung immer der Nachweis geliefert werden kann.
Betriebliches Eingliederungsmanagement
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) läuft häufig recht unstrukturiert hab. Dabei erfüllt das Vorgehen einen wichtigen Zweck. Wie ist Eure Sicht auf das Thema BEM?
BEM wird immer relevanter in Unternehmen. Gerade bei großen Unternehmen, besonders in der Frontline Worker Industrie, sehen wir einen enormen Anstieg der BEM Fälle. Früher konnten die BEM Fälle noch in einer Excel Tabelle gemanaged werden. Bei teilweise über 100 BEM Fällen pro Monat wird das aber dann schon schwerer. Wir sehen, dass das Thema BEM-Tool immer wichtiger wird und Unternehmen da eine möglichst automatisierte Lösung, die gleichzeitig ein Datenspeicher ist, suchen.
Von der Erhebung ins Tun
Datenerhebung und Strukturierung von Prozessen sind wichtige erste Schritte beim Gesundheitsmanagement eines Arbeitgebers. Aber wie kommt man am Ende zu konkreten Maßnahmen auf Basis der erhobenen Daten?
Ein zentraler Schritt ist der Aufbau einer soliden Datengrundlage. Nur wenn der aktuelle Zustand präzise erfasst und Muster sowie Trends erkannt werden, die mit verschlechterter Gesundheit oder einer Zunahme von Erkrankungen in Verbindung stehen, kann effektiv gehandelt werden. Ohne diese Grundlage agiert man im Blindflug und kann nicht sicherstellen, ob getroffene Maßnahmen tatsächlich den gewünschten Erfolg bringen.
Genau hier setzen wir an: Wir analysieren den Ist-Zustand und nutzen unsere KI, um Muster zu identifizieren, die mit einer Zunahme von Erkrankungen korrelieren. Dazu können beispielsweise Überstunden oder unternehmensweite Transformationsprojekte gehören. Unsere Analyse erkennt diese Korrelationen und unser Tool schlägt gezielte Initiativen vor. So könnte es zum Beispiel herausfinden, dass Mitarbeiter mit vielen Überstunden häufiger aufgrund psychischer Gesundheitsprobleme zu BEM-Fällen werden. In einem solchen Fall würde unser Tool empfehlen, die Überstunden in dieser Gruppe zu reduzieren. Anschließend erheben wir erneut Daten, um zu überprüfen, ob die Initiative zu einem Rückgang der BEM-Fälle aufgrund psychischer Gesundheitsprobleme geführt hat.
Weiterentwicklung von Bloom
Was habt Ihr an Weiterentwicklungen für Bloom noch in 2024 und den kommenden Jahren geplant?
Unser langfristiges Ziel ist es, die führende Plattform für „Absence Intelligence“ in Europa zu werden. Damit erschließen wir einen neuen Bereich in der HR-Software, der angesichts der rasanten Entwicklung dieses Marktes zunehmend an Bedeutung gewinnt. Wir sind überzeugt, dass immer mehr Unternehmen das Thema Fehlzeiten und Krankentage ernst nehmen und nach Lösungen suchen werden, die den Einsatz von KI in diesem Bereich ermöglichen.
Unser Ziel ist es, nicht nur effektive Maßnahmen zu ergreifen, wenn die Fehlzeiten bereits hoch sind, sondern auch vorausschauende Modelle zu entwickeln, die es ermöglichen, frühzeitig potenzielle Probleme zu erkennen und präventiv zu handeln.
Vielen Dank für Deine Antworten, Viktoria. Für Euer Startup Bloom wünsche ich weiterhin viel Erfolg!
Über die Interviewte
Viktoria Lindner ist CEO& Co-Founder von Bloom.
Bloom wurde aus unserem gemeinsamen Wunsch geboren, die steigenden Abwesenheits- und Krankheitsraten am Arbeitsplatz zu bekämpfen. Unsere Motivation ist einfach: Wir wollen Unternehmen in die Lage versetzen, das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter proaktiv mit moderner Technologie und dem Fokus auf Empathie zu fördern. Für gesündere und glücklichere Arbeitsplätze – mit denen Menschen und Unternehmen erfolgreich sind.