Wenn es um das Thema Lernen geht, zeigen sich in Unternehmen die unterschiedlichsten Kulturen. Während für manche Arbeitgeber berufliche Weiterbildung während der Arbeitszeit eine Selbstverständlichkeit ist, empfinden andere Personalverantwortliche Lernen als reine Privatsache – vor allem wenn es um HR geht. Einblicke in Studien und meine aktuelle Erfahrungswelt.
Bitkom Weiterbildungsstudie
Die Bitkom Akademie und die Managementberatung HRpepper haben 2023 eine Befragung zur Weiterbildung in Unternehmen durchgeführt. Ziel war es, einschätzen zu können, wie Arbeitgeber mit Weiterbildung und Qualifikation im Unternehmen umgehen bzw. wie die Mitarbeitenden diese Bemühungen einschätzen.
Dabei bewerteten 29% der Befragten das Angebot des eigenen Arbeitgebers an Weiterbildungen und Coachings als „schlecht“ oder „sehr schlecht“.
Ganze 50% der Befragten im HR-Bereich konnten zudem nicht sagen, ob Ihr Unternehmen eine Weiterbildungsstrategie habe.
Weiterbildung ist fachlich notwendig
In einer sich immer schneller verändernden Arbeitswelt spielt fachliche Weiterbildung eine bedeutende Rolle. Die Halbwertszeit von Wissen sinkt rapide – neues Wissen entsteht immer schneller. Nicht zuletzt durch den zunehmenden Einsatz von KI. Insbesondere im Bereich der digitalen Fähigkeiten klafft der sogenannte „Skill-Gap“ immer weiter auf.
Wenig verwunderlich, dass es 84% der in der Studie befragten Personen wichtig ist, die eigenen digitalen Fähigkeiten durch Weiterbildungen auszubauen. Der gleiche Prozentsatz übrigens, der auch meint, dass Weiterbildungen wichtig seien, um im Alltag fachlich Schritt halten zu können.
Weiterbildung ist Wertschätzung und sorgt für Mitarbeiterbindung
Hinzu kommt, dass in Zeiten eines nahezu umfassend beklagten Fachkräfte- bzw. Arbeitskräftemangels unter dem Motto „Retention ist das neue Recruiting“ berufliche Weiterbildung einen bedeutenden Beitrag zur Mitarbeiterzufriedenheit und damit zur Bindung leisten kann. Denn ganze 87% der antwortenden Personen setzten die vom Arbeitgeber eingeräumten Möglichkeiten zur Weiterbildung mit Wertschätzung gleich.
Karriereentwicklung und Kompetenzentwicklung schneiden schlecht ab
Ein Blick auf die Details der Befragung zeigt, dass vor allem die Themen Karriereentwicklung und Kompetenzentwicklung von den Befragten besonders negativ bewertet wurden. Arbeitgeber scheinen diese Aspekte entweder deutlich zu unterschätzen oder aus anderen Gründen den Wünschen und Bedürfnissen der Mitarbeitenden nicht nachzukommen.
Weiterbildungsbudgets – sehr ungleich verteilt
Die Budgets im Bereich Weiterbildung scheinen recht ungleich verteilt. Dabei standen in 2023 den befragten Personen immerhin rund 1.400 Euro für die eigene Weiterbildung zur Verfügung – im Durchschnitt. Das bedeutet natürlich, dass es zahlreiche Personen gab, denen kein oder nur ein geringes Budget zur Verfügung stand und solche, die über ein deutlich höheren Weiterbildungsbudget für sich verfügen.
Einig waren sich immerhin 73%, dass der Kostendruck auf die Weiterbildungsbudgets zunehmen wird. Unternehmen sparen krisenbedingt und nehmen hierbei auch die Kosten für betriebliche Weiterbildungen in den Fokus.
Das ist einerseits verständlich, weil die Effekte von nicht-durchgeführten Weiterbildungen nicht sofort zutage treten. Mittel- und langfristig jedoch verspielen Unternehmen damit ihre Zukunftsfähigkeit.
Auch erschreckend: 18% der Befragten geben an, keinen Einfluss auf die eigenen Weiterbildungsangebote zu haben.
Wer verantwortet eigentlich Employability?
Spannend ist in diesem Zusammenhang nach der Verantwortung für die sogenannte Employability zu fragen. Dieser Begriff meint die sogenannte „Arbeitsmarktfähigkeit“ und zeigt an, wie einfach es für eine Person aufgrund ihrer Kompetenzen und Skills ist, auf dem Arbeitsmarkt einen neuen Job zu finden.
Aber auch ohne Jobwechsel-Interesse lassen sich über die Employability-Frage Rückschlüsse ziehen, wie zukunftsfähig Personen mit Blick auf den eigenen Job sind.
Über die Antwort auf die Frage, wer für Employability die Verantwortung trägt, lässt sich außerdem herausbekommen, ob Weiterbildung und Lernen als Aufgabe des Arbeitgebers betrachtet wird, das Unternehmen also sowohl finanzielle Budgets als auch Arbeitszeit dafür zur Verfügung stellen sollte – oder nicht.
Prägnanter formuliert: Ist (fachliche) Weiterbildung Arbeitgeberverantwortung oder Privatsache?
Und die Antwort darauf ist keineswegs selbstverständlich. Das erfahren viele Mitarbeitende in Unternehmen am eigenen Leib. Immer dann, wenn sie nach der Übernahme von Weiterbildungskosten fragen, oder wissen wollen, ob Lernen während der Arbeitszeit stattfinden kann oder nur in der Freizeit.
Spezialfall HR-Weiterbildung?
Wie steht es dabei eigentlich um die Weiterbildung im Bereich HR?
In vielen Unternehmen liegen die Weiterbildungsbudgets in einem HR-Fachbereich, oftmals HR Learning oder Personalentwicklung. Insofern sollte man meinen, dass deshalb auch und vor allem HR-Verantwortliche von zahlreichen Weiterbildungen und Qualifizierungen profitieren.
Allerdings wird HR in vielen Unternehmen noch immer vor allem als Kostenfaktor betrachtet. Personalabteilungen sind häufig unterbesetzt und stark operativ eingebunden, wie Studien immer wieder feststellen. In Bereichen wie dem Recruiting werden zudem oft Aushilfskräfte wie Praktikant:innen oder Werkstudierende beziehungsweise gerne Menschen auf Junior-Positionen eingesetzt.
Dies liegt auch an der noch immer weit verbreiteten Ansicht „Recruiting kann doch jede:r“.
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Teilnahmeaufruf Studie:
Wie ist es um den Reifegrad im Recruiting bestellt? Die Reifegrad-Studie Recruiting von Michael Witt, Lebenswelt Recruiting, der THWS Business School, Stellenanzeigen.de, Personalmagazin, Zukunft Personal Europe und Askallo will dem auf den Grund gehen.
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Wenn an der HR-Weiterbildung gespart wird
Und wenn bereits an der HR-Funktion generell massiv gespart wird, hat die Weiterbildung der Personalverantwortlichen natürlich erstrecht einen sehr schweren Stand. Es ist ein wenig so wie mit dem Schuster, der sprichwörtlich „die schlechtesten Leisten“ hat.
Mit Blick auf die zunehmende Relevanz von HR-Themen im unternehmerischen Gesamtkontext, z.B. bei der Bewältigung des Fachkräftemangels, der Mitarbeitergesundheit, im Zusammenhang mit Produktivität und Effizienz, Innovation und Zukunftsskills, können es sich Arbeitgeber eigentlich immer weniger leisten, gerade hier den Rotstift anzusetzen. Tun sie natürlich dennoch.
HR-Weiterbildung – vielfältiges Angebot
Dabei mangelt es nicht an wertigen HR-Weiterbildungen. Eine Vielzahl von hochwertigen Seminaren, Workshops und Webinaren unterschiedlicher Anbieter finden sich beispielsweise in unserem übergreifenden HR-Veranstaltungskalender.
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Auch online gibt es mittlerweile ein vielfältiges Angebot von kostenlosen Webinaren von HR-Dienstleistern bis hin zu werbefreien HR-Lernplattformen wie meinem eigenen PERSOBLOGGER CLUB, in dem neben hochwertigen Webinaren namhafter Referent:innen vor allem der Praxisaustausch untereinander in einem „Safespace“ im Mittelpunkt steht. Eine Unternehmenslizenz kostet gerade mal 999 Euro zzgl. 19% pro Jahr.
Weiterbildung im HR mit schwerem Stand
Dass HR-Weiterbildung gerade einen sehr schweren Stand hat, spiegeln mir auch zahlreiche andere Anbieter auf dem Markt in vertraulichen Gesprächen.
Ein besonders einprägsames persönliches Erlebnis hatte ich zudem kürzlich im Gespräch mit einem Personalleiter. Als wir im Laufe unserer Unterhaltung auf unsere HR-Lernplattform PERSOBLOGGER CLUB und eine Unternehmenslizenz für die Nutzung zu sprechen kamen, meinte dieser ungerührt „Wissen Sie Herr Scheller, es mag ja sein, dass die von Ihnen angebotenen Leistungen ihren Preis absolut wert sind. Aber meine HR-Damen sollen sich lieber um ihre Aufgaben kümmern als ihre wertvolle Arbeitszeit mit Lernen zu verbringen!“.
Was will man dann dazu noch sagen …?