Trotz wirtschaftlicher Talfahrt siedelt sich die Fachkräfte-Nachfrage im ersten Quartal 2024 in der Nähe des Berggipfels an. So könnte man den aktuellen, branchenübergreifenden Boom der Nachfrage bildlich beschreiben.
Deutliche Erholung: Nachfrageschub für HR Business Partner
Nachdem die Zahl der Stellenausschreibungen bereits im letzten Quartal 2023 einen leichten Anstieg (+ 8 PP) erfahren hatte, zeigt sich zu Beginn des Jahres nun ein klarer Aufwärtstrend. Mit einem Zuwachs von 43 Prozentpunkten verzeichnet der Hays Fachkräfte-Index im ersten Quartal deutlich mehr Stellengesuche als in Q4 2023. Während diese Entwicklung in wirtschaftlichen Aufschwung-Phasen erwartbar ist, ist sie in rezessiven Zeiten eher ein Zeichen dafür, dass sich der Arbeitsmarkt immer stärker von konjunkturellen Zyklen abkoppelt. Erstaunlich auch: Der Wert von 160% liegt branchenübergreifend um acht Prozentpunkte über dem Vorjahresquartal.
Nachdem die Nachfrage nach HR-Fachkräften in den letzten drei Quartalen kontinuierlich gesunken ist, führt die Berufsgruppe den Index mit einem überdurchschnittlichen Nachfrageplus von 58 PP in Bezug auf die Steigerungsraten nun wieder deutlich an. Insbesondere die Berufsgruppe der HR-Business Partner (+ 128 PP) sowie HR- (+ 80 PP) und Employer Branding-Manager (+ 62 PP, bei einer vergleichsweise geringen Anzahl an absoluten Stellengesuchen) erfahren in Q1 einen deutlichen Anstieg in der Nachfrage.
Auch an die zahlenmäßig stark vertretenen Recruiter richten sich deutlich mehr Stellengesuche als im Vorquartal (+59 PP). Das Ergebnis zeigt, dass viele Unternehmen ihre Geschäftsmodelle komplett neu ausrichten müssen und dafür Knowhow im Bereich strategisches Personalmanagement benötigen.
Spitzenreiter IT legt Fokus auf IT-Security
Lag die Zahl der ausgeschriebenen Positionen für den Bereich IT in den vergangenen zwei Quartalen unter bzw. nur leicht über der Grenze von 100.000, verzeichnet der Fachkräfte-Index im ersten Jahresviertel nun ein Plus von 37 Prozentpunkten und steigt damit wieder deutlich über diese Marke auf rund 116.000 Stellenausschreibungen (auf 173%). Mit Blick auf bevorstehende EU-Regulatorien wundert es nicht, dass die Nachfrage vor allem nach IT-Security-Experten stark ansteigt.
Mit einem Anstieg von 115 Prozentpunkten auf ein neues Hoch von 644% führt diese Berufsgruppe den IT-Index deutlich an. Gefolgt von weiterhin zunehmenden Stellengesuchen für Datenbankentwickler (+ 65 PP). Insgesamt verzeichnet die Berufsgruppe der IT-Entwickler ein Plus von 37 Prozentpunkten, womit sie trotz starkem Anstieg noch acht Prozentpunkte unter dem Niveau des Vorjahresquartals liegt. Auch bei den Fachkräften für IT-Support und -Administration verzeichnet der Index in diesem Quartal einen merklichen Anstieg der Stellengesuche (+ 51 PP bzw. +48 PP).
Bereits im Vorquartal wurde ein Nachfrageanstieg in allen relevanten IT-Rollen sichtbar. Im Q1 hat sich dieser Trend nochmals verstärk. Die Bedarfe im Bereich IT werden trotz angespannter Wirtschaftslage klar in Richtung IT-Security sowie Data priorisiert. Nicht zuletzt auch wegen anstehender EU-Regularien.
Finanzfachkräfte und Ingenieure wieder stärker nachgefragt
Die Finanz-Experten setzen ihren bereits im Vorquartal begonnenen Vormarsch fort und verzeichnen in diesem Quartal einen deutlicheren Anstieg von 38 Prozentpunkten. Damit befindet sich die Anzahl an ausgeschriebenen Stellen mit 173% auf dem höchsten Niveau seit Beginn der Erhebung. Stellenspezifisch stechen insbesondere spezialisierte Berufsgruppen wie die Tax- und Compliance Manager (+ 109 PP bzw. + 82 PP) sowie die Wirtschaftsprüfer (+ 59 PP) heraus. Die vom Suchvolumen her stark vertretenen Berufsgruppen der Controller (+ 34 PP) und Buchhalter (+ 30 PP) liegen hingegen leicht unter dem Branchendurchschnitt. Allein die Finanzbuchhalter liegen mit einem Plus von 56 Prozentpunkten darüber.
Auch Ingenieurinnen und Ingenieuren werden im ersten Quartal verstärkt gesucht. Die Nachfrage ist hier um weitere 30 Prozentpunkte gestiegen und erreicht damit ebenfalls einen Höchstwert von 126% seit Beginn der Erhebung. Berufsübergreifend ist dies jedoch der geringste Anstieg der Nachfrage. Während die zahlenmäßig stark vertretenen Bau- und Elektroingenieure einen deutlichen Anstieg in der Nachfrage verzeichnen (+ 42 PP bzw. + 40 PP), werden sie lediglich von den Automatisierungsingenieuren mit einem Plus von 51 Prozentpunkten noch übertroffen.
Boom bei der Suche nach Juristinnen und Juristen
Berufsgruppenübergreifend verzeichnet der Index für die Nachfrage nach Juristinnen und Juristen nach einem zuletzt eher leichten Zuwachs nun zu Beginn des Jahres mit einem Plus von 65 Prozentpunkten das stärkste Wachstum. Damit erreicht die Branche einen neuen Höchstwert von 245%. Vor allem Berufsgruppen wie Senior Juristen mit + 205 Prozentpunkten und Juristen für Datenschutz mit + 137 Prozentpunkten verzeichnen einen enormen Anstieg. Aber auch Juristen (+ 49 PP) und juristische Assistenten (+ 74 PP) sind wesentlich stärker gesucht als zuletzt. Die zahlenmäßig drittgrößte Berufsgruppe der Contract Manager beschreibt ebenfalls einen überdurchschnittlichen Zuwachs an Stellengesuchen (+ 129 PP).
Da Datenschutz mittlerweile zum Dauerthema für Unternehmen geworden ist, gibt es immer wieder Nachhol-Effekte in der Nachfrage, so auch im aktuellen Quartal.
Trend setzt sich fort: Digital Marketing-Spezialisten weiterhin im Aufschwung
Nachdem der Index bereits im letzten Quartal positive Signale für die zweitgrößte Berufsgruppe vermeldet hat, steigt die Nachfrage nach Vertriebs- und Marketing-Spezialisten in diesem Quartal noch stärker an (+ 54 PP). Damit klettert das Nachfrageniveau auf den höchsten Wert (auf 133%) seit anderthalb Jahren, liegt jedoch weiterhin unter dem Durchschnitt der Gesamtnachfrage. Die Nachfrage nach den verschiedenen Sales- & Marketing-Positionen unterscheidet sich weiterhin deutlich.
Spitzenreiter im Nachfrageanstieg bleiben die Social Media Manager mit einem Plus von 243 Prozentpunkten (bei einer vergleichsweise geringen Anzahl an absoluten Stellengesuchen). Auch Content- und SEO-Manager werden weiterhin verstärkt gesucht (+ 175 bzw. + 76 PP). Nachdem die Nachfrage nach Marketing- sowie Vertriebs-/Sales-Managern im letzten Quartal leicht rückläufig gewesen ist, verzeichnen beide Berufsgruppen dieses Quartal einen deutlichen Anstieg (+ 47 PP bzw. + 55 PP).
Im Bereich Life Science ist die Nachfrage ebenfalls überdurchschnittlich um 55 Prozentpunkte auf 193% gestiegen. Den signifikantesten Anstieg erfuhren in diesem Quartal die Data Scientists (+ 283 PP, bei einer vergleichsweise geringen Anzahl an absoluten Stellengesuchen).
Durch die Nutzung elektronischer Gesundheitsakten nimmt die Menge der zu analysierenden Daten stetig zu. Hinzu kommt die Präzision der Analyse, die aufgrund der zunehmenden personalisierten Medizin ebenfalls ansteigt. Das lässt sich als Ursache für die gestiegene Nachfrage nach Data Scientists sehen.
Personaldienstleister erreichen neuen Höchstwert
Der Blick auf die Branchen zeigt, dass die Stellengesuche bei den Personaldienstleistern mit einem Plus von 61 Prozentpunkten (auf 193%) im Vergleich zu Q4 überdurchschnittlich zugenommen haben. Deutlich gestiegen sind vor allem die Stellenausschreibungen für Personaldienstleister in den Berufsgruppen Legal (+ 112 PP), IT (+ 62 PP) und Sales & Marketing (+ 56 PP).
Trotz einer anhaltenden Konjunkturflaute, verzeichnet die Nachfrage nach branchenübergreifenden Spezialisten einen Aufwärtstrend. Das zeigt, Unternehmen befinden sich mitten im Restrukturierungsprozess und richten ihre Workforce teils ganz neu aus.
Über den Hays Fachkräfte-Index
Der Hays Fachkräfte-Index basiert auf einer quartalsweisen Auswertung der index Internet und Mediaforschung GmbH für Hays. Einbezogen werden Stellenanzeigen der meistfrequentierten Online-Jobbörsen, von Tageszeitungen sowie dem Business-Netzwerk XING. Der Fachkräfte-Index zeigt die prozentuale Veränderung zum Ausgangswert vom 1. Quartal 2015 an. Sämtliche Positionsbezeichnungen gelten grundsätzlich für alle Geschlechter.
Für Interviewanfragen sowie Kommentierungen zum Fachkräfte-Index stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
HINWEIS: Alle Angaben in „Prozent“ beziehen sich auf den Referenzwert 0 im Jahr 2015. „Prozentpunkte“ beziehen sich auf die Veränderung zu einem anderen Erhebungsquartal.