Trotz zunehmender gesellschaftlicher und politischer Relevanz messen Personalentscheider:innen in Deutschland sozialen und ökologischen Aspekten zu wenig Bedeutung bei. Mitarbeitende hingegen legen Wert auf die Unternehmenskultur und das soziale Engagement, werden jedoch selten in ESG-Aktivitäten (Environmental, Social, Governance) eingebunden oder entsprechend geschult.
Das zeigt eine aktuelle Studie von Effectory, dem europaweit führenden Anbieter für Mitarbeiter- und Pulsbefragungen, in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Civey. Für die repräsentative Studie wurden 1.900 Personalentscheider:innen und 2.500 abhängig Beschäftigte in Deutschland befragt.
Soziale und Ökologische Aspekte haben geringe Bedeutung in Personalführung
Während die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) seit Januar 2023 Unternehmen zunehmend zu einer ESG-Orientierung bewegt, überrascht die Studie: In der Personalführung haben soziale und ökologische Aspekte noch wenig Relevanz. So gibt weniger als ein Viertel (23,9%) der Entscheider:innen mit Personalverantwortung an, dass ihre Mitarbeitenden bereits zum Thema ESG geschult wurden.
Gleichzeitig wünschen sich lediglich 24,7% Unterstützung durch die Geschäftsführung bei der Durchführung von ESG-Schulungen. Unter den beschäftigten Befragten sind es nur 23,8%, denen das gesellschaftliche Engagement ihres Arbeitgebers überhaupt nicht wichtig ist. Dennoch ist mehr als die Hälfte (59,7%) der Mitarbeitenden wenig oder gar nicht in das soziale oder ökologische Engagement ihres Arbeitgebers involviert. Dies betrifft vor allem Mitarbeitende zwischen 18 und 29 Jahren (71,2%).
BU: Wie stark sind Sie bei Ihrem aktuellen Arbeitgeber in soziales oder ökologisches Engagement eingebunden?
Wirtschaftlichkeit überwiegt soziales und ökologisches Bewusstsein
Mitarbeitende sind nicht nur wenig in ESG-Aktivitäten involviert, von ihnen wird zudem erwartet, dass sie eher ökonomisch als sozial denken. Bei der Frage nach den wichtigen Fähigkeiten für den nachhaltigen Aufbau eines Unternehmens dominieren Antworten wie langfristiges Denken entwickeln (63,4%), Fähigkeiten zur Konfliktlösung beherrschen (56,8%) und die wirtschaftlichen Folgen des Handelns kennen (55,1%).
Das Verständnis für Diversität und Inklusion (26,1%), ethisches Bewusstsein (33,6%) und Verantwortung für die Umwelt (38,4%) werden deutlich seltener genannt. Zwar hält fast die Hälfte (47,9%) der Personalentscheider:innen das gesellschaftliche Engagement eines Unternehmens für besonders relevant, um neue Mitarbeiter:innen zu gewinnen.
Im Vergleich zu anderen Aspekten landen soziales (11,7%) und ökologisches Engagement (4%) aber auch hier auf den hinteren Plätzen. Weitaus wichtiger für die Personalgewinnung sind die Gehaltsstrukturen (47%), flexible Arbeitszeitmodelle (45,6%) sowie Weiterbildungsangebote und Aufstiegschancen (33,3%).
BU: Welche dieser Fähigkeiten / Kenntnisse sollten Mitarbeitende haben, um Ihr Unternehmen nachhaltig aufzubauen?
BU: Welche dieser Aspekte sind bei der Personalgewinnung in Ihrem Unternehmen besonders relevant?
Unternehmenskultur ist ein Kündigungsgrund
Trotz der geringen Berücksichtigung von ESG-Kriterien durch Personalverantwortliche zeigt die Studie, dass die Unternehmenskultur für die Mitarbeiterbindung entscheidend ist. Rund ein Viertel der befragten Arbeitnehmer:innen (25,3%) würde sogar kündigen, wenn ihnen die Unternehmenskultur nicht zusagt, selbst wenn sie noch keine Alternative hätten. Über die Hälfte der Personalentscheider:innen (58,3%) ist sich bewusst, dass die Kultur für die Mitarbeiterbindung entscheidend ist.
Die Studie zeigt, dass Personalentscheider:innen die Bedeutung von ESG-Kriterien als Werttreiber innerhalb der Unternehmenskultur unterschätzen. Die Umsetzung einer soliden ESG-Strategie ist nicht nur eine Notwendigkeit, sondern auch eine Verantwortung gegenüber allen Stakeholdern, zu denen in erster Linie die eigenen und zukünftigen Mitarbeiter:innen zählen. Eine ganzheitliche ESG-Strategie bedeutet oft eine tiefgreifende Veränderung der Unternehmensstrukturen und -prozesse. Sie fördert aber auch langfristiges Wachstum und nachhaltigen Erfolg.
Die Frage ist also nicht mehr, ob wir ESG in unsere Geschäftstätigkeit integrieren sollen, sondern wie wir es am besten tun, und Personalverantwortliche nehmen dabei eine wichtige Rolle ein.
Unternehmen, die die Wahrnehmung ihrer Mitarbeitenden zu ESG-Kriterien messen und auswerten möchten, können den kürzlich von Effectory entwickelten ESG-Scan nutzen. Der ESG-Scan ermöglicht Unternehmen, Meinungen ihrer Mitarbeitenden zu sechs ESG-Schlüsselfaktoren, darunter faire Gehälter, Gesundheitsschutz oder Diversity, zu messen und Verbesserungspotenziale zu identifizieren.
Zur Methodik
Civey hat im Auftrag von Effectory im August 2023 Abhängig Beschäftigte (2.500) und Entscheider:innen, die Entscheidungen zu Personalthemen (1.900), online befragt. Die Ergebnisse sind aufgrund von Quotierungen und Gewichtungen repräsentativ unter Berücksichtigung des statistischen Fehlers von 3,5% bzw. 4%.
Quelle: Effectory
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