Die Corona-Pandemie hat einen nachhaltigen Digitalisierungsschub in den deutschen Unternehmen ausgelöst. Rund jedes Zweite (49%) gibt an, dass Corona die Digitalisierung des eigenen Geschäftsmodells beschleunigt hat. Das sind die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 1.102 Unternehmen ab 20 Beschäftigten aus allen Wirtschaftsbereichen im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.
Im laufenden Jahr werden die Investitionen in die Digitalisierung von Büro- und Verwaltungsprozessen voraussichtlich weiter zunehmen. Digitalisierung macht Unternehmen krisenfest. Diese Erkenntnis hat sich in der deutschen Wirtschaft durch die Corona-Pandemie durchgesetzt. Die Unternehmen haben erkannt, dass es digitale Transformation nicht zum Nulltarif gibt. Corona war offensichtlich der Anstoß für viele überfällige Digitalisierungsmaßnahmen, der durch Corona ausgelöste Digitalisierungsschub verstetigt sich.
Videokonferenzen werden häufiger genutzt, Fax und Briefe seltener
Zum Standard der Unternehmenskommunikation gehören wie in der Vergangenheit-E-Mail (100%) und Festnetz-Telefone (96%). Smartphones nutzen 83% der Unternehmen sehr häufig oder häufig, vor zwei Jahren waren es 81% und 2018 erst 51%. Videokonferenzen gehören in 72% der Unternehmen zum Alltag, 2020 waren es noch 61% und 2018 nur 48%. Messenger nutzt die Hälfte der Unternehmen (51%), vor zwei Jahren waren es 50%. Kollaborationstools setzen 40 % ein (2020: 36 %). Und in jedem dritten Unternehmen (36%) wird inzwischen häufig über Social Media kommuniziert (2020: 29%, 2018: 25%).
Zugleich werden klassische Kommunikationsmittel seltener verwendet. Erstmals nutzt weniger als die Hälfte der Unternehmen (48%) häufig oder sehr häufig die Briefpost (2020: 56%, 2018: 71%). Und nur noch 40% greifen häufig auf das Fax zurück. Vor zwei Jahren waren es noch 49%, 2018 sogar noch 62%.
Die Digitalisierung der Kommunikationswege ist unumkehrbar – und sie hat sich noch einmal deutlich beschleunigt. War der Einsatz etwa von Videokonferenzen und Kollaborationstools durch die Pandemie in vielen Unternehmen zunächst erzwungen oder aus der Not geboren, so haben die vielfältigen Vorteile inzwischen auch Zweifler überzeugt. Das hybride Arbeiten wird der Standard.
Möglichkeiten digitaler Tools werden noch nicht ausgeschöpft
Allerdings zeigt ein genauerer Blick auf den Einsatz von Kollaborationstools auch, dass die digitalen Potenziale noch lange nicht ausgeschöpft werden. So überwiegt beim Einsatz von Tools wie Microsoft Teams, Slack oder Google Workspace momentan noch die Nutzung eher einfacher Anwendungen. Jeweils 8 von 10 Unternehmen greifen auf Audio- oder Videokonferenzen der Kollaborations-Lösungen zurück (88%), nutzen das Terminmanagement (83%), setzen Einzel- oder Gruppenchats ein (81%) oder verwenden die Dateiablage für die Zusammenarbeit an Dokumenten (77%).
Deutlich seltener wird aber auf komplexere Anwendungen wie die Verteilung und Verfolgung von Aufgaben (65%), die Zusammenarbeit mit Externen wie Kunden oder Zulieferern (63%), das Wissensmanagement (41%) oder virtuelle Arbeitsräume (41%) zurückgegriffen. Häufig werden in den Unternehmen noch die alten, analogen Abläufe einfach digital nachgebildet. Weitere Effizienzgewinne sind möglich, wenn die völlig neuen Möglichkeiten digitaler Tools auch in den Arbeitsalltag und die Unternehmensprozesse integriert werden.
ECM, CRM, ERP: Digital-Office-Lösungen gehören zum Standard
Deutlich zugenommen hat in den Pandemie-Jahren auch die Nutzung von Digital-Office-Lösungen. So haben inzwischen drei Viertel (76%) der Unternehmen mindestens eine Anwendung für Enterprise Content Management (ECM) im Einsatz, die unter anderem eine digitale Verwaltung geschäftlicher Dokumente ermöglicht (2020: 68%). Ebenfalls drei Viertel (77%) nutzen eine Customer-Relationship-Management-Anwendung (CRM) zur digitalen Verwaltung von Kundenkontakten (2020: 60%). Und sogar 95% setzen Enterprise Ressource Planning (ERP) ein, also die digitale Planung und Steuerung von Ressourcen wie Material oder Personal (2020: 77%).
Ein Archiv voller Papierordner oder die Kundenliste auf Karteikarten muss der Vergangenheit angehören. Deutschland ist auf dem Weg in die Datenökonomie und die Voraussetzung für die Verwendung von Daten ist der Verzicht auf analoge Geschäftsprozesse.
Dabei gibt es eine weit verbreitete Zufriedenheit mit dem Einsatz digitaler Lösungen für Geschäfts- und Verwaltungsprozesse. So sehen drei Viertel eine Verbesserung bei der Erfüllung von Compliance-Richtlinien (74%) und der Performance (72%). Je 7 von 10 Unternehmen sehen eine Zunahme bei der Transparenz (70%) sowie der Automatisierung (68%) der Prozesse und zwei Drittel (66%) bei der Kundenzufriedenheit. Jedes dritte Unternehmen sieht ein verstärktes Angebot an neuen Produkten und Dienstleistungen (38%) sowie eine erhöhte Zufriedenheit bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (36%). Uneinheitlich ist das Bild bei der Datensicherheit. Hier sehen 45% der Unternehmen eine Zunahme, aber 11% auch eine Abnahme durch die Nutzung digitaler Lösungen.
Abschied vom Papier rückt näher
Deutlich näher rückt das papierarme Büro. So sagt erstmals mehr als die Hälfte der Unternehmen (53%), dass weniger ausgedruckt wird als noch vor einem Jahr. 2020 waren es noch 49%, 2018 erst 33%. Zugleich geben 86% an, das Unternehmen habe das Ziel, Briefpost durch digitale Kommunikation zu ersetzen. Das sind ebenso viele wie vor zwei Jahren, aber doppelt so viele wie noch 2018 (43%).
Zugleich geben aber inzwischen fast drei Viertel (72%) an, dass es ihnen auch gelingt Briefpost durch digitale Kommunikation zu ersetzen. Vor zwei Jahren waren dies erst 63%, vor vier Jahren sogar nur 30%. Papier ist häufig nicht mehr das ideale Trägermedium. Dank schneller Breitbandverbindungen und leistungsfähiger Endgeräte verlagert sich die Kommunikation vieler Menschen im Alltag in den digitalen Raum – und die Unternehmen folgen den Menschen.
In der Pandemie hat es zudem einen rasanten Anstieg bei der Nutzung digitaler Rechnungen gegeben. Zum ersten Mal ist die Gruppe der Unternehmen, die ihre Rechnungen überwiegend elektronisch erstellen, mit 40% am größten. Nur noch 25% erstellen die meisten Rechnungen auf Papier, 32% nutzen digitale und analoge Wege etwa zu gleichen Teilen. Vor zwei Jahren nutzen erst 24% überwiegend digitale Rechnungen, aber 33% vor allem papierbasierte und 41% beide Wege gleichermaßen.
Geld, Sicherheit, Fachkräfte: Die größten Hürden bei der Digitalisierung
Größte Hürden bei der Digitalisierung sind unverändert ein als zu hoch empfundener Investitionsbedarf (73%), die Angst vor unberechtigtem Zugriff auf Daten (65%) sowie zu wenig qualifiziertes Personal (64%). Daneben nennt rund jedes zweite Unternehmen fehlende Zeit (55%), Angst vor Datenverlust (54%), fehlende Standards (53%). Rechtliche und regulatorische Bestimmungen (52%), zu hohe Anforderungen an den Datenschutz (51%) und die IT-Sicherheit (51%). Seltener genannt wird Widerstand im eigenen Unternehmen (41%) sowie fehlende externe Beratung (33%).
Kaum mehr Zweifel gibt es am wirtschaftlichen Nutzen der Digitalisierung. War dieser 2018 noch 34% und vor zwei Jahren 27% der Unternehmen unklar, so sind es jetzt nur noch 19%. Die letzten Zweifel an der Notwendigkeit der Digitalisierung sind ausgeräumt. Digitalisierung ist aber kein Selbstläufer, sondern erfordert Anstrengung und Ressourcen. Die Unternehmen müssen sich jetzt darauf konzentrieren, die vorhandenen Hürden auszuräumen.
Digital Office Index 2022: Große Unternehmen deutlich weiter als kleine
Der vom Bitkom alle zwei Jahre veröffentlichte Digital Office Index steigt im Durchschnitt von 55 im Jahr 2020 auf 59 Punkte in diesem Jahr. Dabei stehen 100 Punkte für vollständig digitalisiert, 0 Punkte sind überhaupt nicht digitalisiert. Große Unternehmen sind dabei deutlich weiter als kleinere. So liegt der Digital Office Index für Unternehmen mit 500 und mehr Beschäftigten bei 68 Punkten, der für Unternehmen mit 100 bis 499 Beschäftigten bei 63 Punkten. Unternehmen, die 20 bis 99 Menschen beschäftigen, erreichen dagegen erst 58 Punkte.
Damit gehören laut dem diesjährigen Digital Office Index 39% der Unternehmen zu den Vorreitern bei der Digitalisierung und 36% haben einen durchschnittlichen Digitalisierungsfortschritt. Zugleich haben 23% einen unterdurchschnittlichen Digitalisierungsfortschritt und 2% gelten als Nachzügler.
Quelle: Bitkom