Wie sich Weiterbildung digitalisieren muss

Wie sich Weiterbildung jetzt digitalisieren muss

Die COVID-19-Pandemie wird zum Brandbeschleuniger für die digitale Transformation, auch in der Weiterbildung. Einen Überblick über die anstehenden Chancen und Aufgaben für Personalentwicklung und HR wagt Andreas Bersch, unter anderem Herausgeber des Blogs Futurebiz.

Weiterbildung legt Vollbremsung hin durch COVID-19

Das Weiterbildungssystem war bis zur COVID-19 Pandemie in Deutschland ausgesprochen analog ausgestaltet. Die Hauptlast der Weiterbildung liegt auf den circa 50.000 freiberuflichen Trainern und Coaches. Sie gehen in die Unternehmen und führen dort Seminare durchführen. Dazu kommen noch die institutionellen Bildungsanbieter vor allem der Sozialpartner und andere privatwirtschaftlich organisierte Bildungsunternehmen. Über 95% der durchgeführten Bildungsmaßnahmen fanden vor der Pandemie in Präsenzveranstaltungen statt. Entweder bei den Unternehmen vor Ort oder in unternehmensübergreifenden Fortbildungsveranstaltungen. Mit dem Lockdown musste die Branche mehr oder weniger eine Vollbremsung hinlegen. Für die Bildungsanbieter eine wirtschaftliche Katastrophe. Aber auch für die Unternehmen stellt der Lockdown und die Verlagerung in das Home-Office eine gewaltige Herausforderung dar, die Weiterbildung nun nicht auf Dauer einzufrieren. So analog muss Weiterbildung aber nicht sein! Ein Blick in den internationalen Raum zeigt, dass Deutschland nicht nur bei der Digitalisierung von Schulen weit zurück liegt, sondern auch in der Digitalisierung der betrieblichen Weiterbildung und im e-Learning.

Neue Chancen durch die Digitalisierung und e-Learning

Ohne Zweifel hat eine Präsenzschulung viele Vorteile. Vor allem weil es erfahrenen Trainern gelingt, die Teilnehmer aktiv einzubinden und so die Motivation für das Lernen zu steigern. Auf der anderen Seite haben digitale Formate und das e-Learning auch erhebliche Vorteile, die nun in Zeiten der Pandemie stärker sichtbar werden. Bei den digitalen Formaten lassen sich grob zwei Klassen bilden.

Digitale Live Schulungen

Das eine sind digitale Live Schulungen, die aktuell häufig über Dienste wie Zoom oder Microsoft Teams abgebildet werden. Hier hat in den letzten Monaten im Regelfall lediglich eine Übersetzung einer Präsenzveranstaltung in das virtuelle Klassenzimmer stattgefunden. Für viele Trainer und Coaches war es die schnellste Möglichkeit, das laufende Geschäft zu digitalisieren und erst einmal synchrone Trainings digital live durchzuführen.

Asynchrone Trainings

Die zweite Klasse sind die sogenannten asynchronen Trainings, auch als Online Kurse bezeichnet. Der Vorteil von Online Kursen liegt darin, dass alle Teilnehmer im eigenen Lerntempo arbeiten können. Das so ermöglichte selbstgesteuerte Lernen hat viele Vorteile für den einzelnen Mitarbeiter, da er an jedem Ort und zu jeder Zeit lernen kann sowie jederzeit einzelne Inhalte wiederholen oder auch überspringen kann. Auf der anderen Seite erfordert das selbstgesteuerte Lernen eine hohe Motivation beim einzelnen Mitarbeiter. Hier setzt auch die Kritik an, vor allem in Bezug auf die Forderung, dass das Lernen innerhalb der Arbeitszeit erfolgen müsse. Bisher haben erst wenige Unternehmen eine offizielle Lernzeit eingerichtet, zum Beispiel als festen Prozentsatz der geschuldeten Arbeitszeit.

Die Kostenvorteile von e-Learning in der Weiterbildung

Infolge der COVID-19 Pandemie hat sich die Debatte darüber, „ob“ sich auch die betriebliche Weiterbildung digitalisieren muss, aber erledigt. Es geht vielmehr nur um das „wie“ und um das „in welchem Tempo und Umfang“. Denn schon heute zeigt sich, dass sich viele Unternehmen und Mitarbeiter zumindest an das partielle Arbeiten im Home-Office gewöhnt haben und es keine Rückkehr in die alten Zeiten geben wird. Dies gilt auch für die Reisebereitschaft von Mitarbeitern (m/w/d). Auch wenn es immer einmal angenehm war, für eine Fortbildung zu verreisen, so werden in Zukunft viele Mitarbeiter auch die Vorteile von e-Learning und einer digitalen Fortbildung zu schätzen wissen. Einfach will sich diese leichter in den Arbeitsalltag und die Balance zwischen Beruf und Familienleben einfügen lässt. Und für die Unternehmen und Arbeitgeber werden die wirtschaftlichen Vorteile von e-Learning in den Vordergrund rücken. Denn jede synchrone Fortbildungsmaßnahme ist zwangsläufig deutlich teurer als eine digitale, asynchrone Fortbildungsmaßnahme. Dies wird vor allem bei den direkten Kosten der Weiterbildung deutlich. Denn Präsenzveranstaltungen sind durch die Honorare für die Trainer und weitere Kosten wie Seminarräume und Reisekosten oft recht teuer. Der Kostendruck in den Unternehmen wird zunächst dazu führen, dass viele Weiterbildungsmaßnahmen in digitalen Live Veranstaltungen (synchrone Schulungen) durchgeführt werden. So entfallen immerhin die Reisekosten. Der wirkliche Hebel aber liegt bei den Online-Kursen. Hier fallen die Herstellungskosten nur einmal an. Jeder Online Kurs kann dann von einer beliebigen Zahl von Mitarbeitern genutzt werden. Die durch die Digitalisierung ermöglichte Skalierung führt hier zu signifikanten Kostenvorteilen.

Welche Fehler Personalentwicklung und HR nun vermeiden sollten

E-Learning wurde in Deutschland in den vergangenen Jahren vor allem von den größeren Unternehmen und Konzernen eingeführt. Dabei waren immer zwei typische Fehler zu beobachten:

Die Software-Falle

Zu Beginn der Einführung von e-Learning stand oft die Frage nach der richtigen e-Learning Plattform. Erfahrenen Vertriebler der Softwareanbieter gelang es oft, die eigene Lösung als das umfängliches Lösungsversprechen zu verkaufen. Das Erwachen kam dann oft schon nach wenigen Monaten, wenn die installierte Plattform im Unternehmen nicht in Betrieb genommen werden konnte. Denn es braucht nicht nur Content, sondern auch die Transformation der Weiterbildung hin zum digitalen Lernen.

Die Kostenfalle

Die Content Produktion stellt sich für viele Unternehmen dann als die zweite Kostenfalle da. Denn auch hier gibt es erfahrene Vertriebler, die Standard Content oder die Produktion von spezifischen Inhalten als Dienstleistung zu verkaufen wissen. Ein nicht unerheblicher Anteil von sog. Lernmanagementsystemen (LMS) und Lerninhalten wird bis heute nicht den ursprünglichen Erwartungen der Unternehmen gerecht. Denn die erfolgreiche Einführung braucht eben mehr als Investitionen in Software und Inhalte. Die in der Transformation erfolgreichen Unternehmen haben in der Folge eigene e-Learning Spezialisten engagiert und es so geschafft, die e-Learning als feste Komponente der betrieblichen Weiterbildung im Unternehmen zu installieren. Nicht alle Unternehmen können diese Investitionen stemmen und gerade in Mittelstand und KMU braucht es deutlich kostengünstigere Lösungen, um die betriebliche Weiterbildung nun zu digitalisieren. Die gute Nachricht ist, dass die Späteinsteiger von den Fehlern lernen können und nun mit dem entsprechenden Wissen deutlich kostengünstigere Lösungen im Unternehmen aufbauen können. Hierzu muss nun im ersten Schritt das entsprechende Wissen im Unternehmen aufgebaut werden.

Die digitale Transformation der Personalentwicklung

Für alle Beteiligten stellt sich nun die digitale Transformation als Kernaufgabe dar. Dies gilt aber nicht nur für die Bildungsanbieter, die ihre Trainings und Schulungen digitalisieren müssen. Auch die beauftragenden Unternehmen müssen die digitale Transformation der Weiterbildung aus dem Inneren der Organisation herbeiführen. Hier sind nun die je nach Unternehmensgröße verantwortlichen Abteilungen oder Mitarbeiter gefordert. Eine Aufgabe, die bei größeren Unternehmen in der Personalentwicklung angesiedelt ist, bei KMU aber oft auch zur Chefsache wird. Für alle bedeutet es in jedem Fall nun die Komfortzone zu verlassen. Diese bestand in der Vergangenheit darin, die eingeführten Prozesse laufen zu lassen. Denn es war so bequem, einfach fertige Fortbildungsveranstaltungen einzukaufen oder die Mitarbeiter auf eine Fortbildung zu entsenden. Nun aber steht die digitale Transformation in der Personalentwicklung an und viele fühlen sich zurecht mit dieser Aufgabe überfordert. Denn es muss nun alles sehr schnell gehen.

Helfen kann hier vor allem der Austausch untereinander sowie in Netzwerken, die sich mit dem Thema e-Learning und digitaler Weiterbildung beschäftigen.

Andreas Bersch

Andreas Bersch als Autor auf Persoblogger.de

 

 

Dr. Andreas Bersch ist Unternehmer und Berater für die Digitale Transformation. Er ist Gründer der Digitalagentur Brandpunkt, Herausgeber des Blogs Futurebiz, Initiator der upskill Konferenz und bietet mit der Software reteach eine e-learning Lösung für KMU an.

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