Titelbild: Algorithmen im Recruiting - Studie Befragung von Studierenden

Algorithmen im Recruiting: Wie Studierende diese wahrnehmen

Die Digitalisierung im Recruiting steht schon länger auf der Agenda von Personalabteilungen. Besonders Auswahlprozesse können von künstlicher Intelligenz profitieren, sowohl durch fairere Auswahlverfahren als auch durch Prozessverbesserungen im Sinne der Candidate Experience. So scheinen das zumindest viele Unternehmen zu sehen. Aber wie nehmen Studierende Algorithmen im Recruiting wahr? Eine Befragung von rund 15.500 Studierenden gibt Auskunft.

Was denken Studierende über den Einsatz von Algorithmen im Recruiting?

Halten Studierende Algorithmen im Recruiting generell für sinnvoll? Würden sie in einem Auswahlprozess hinsichtlich bestimmter Kriterien eher eine Entscheidung durch Menschen oder einen Algorithmus bevorzugen? Diese Fragen wurden deutschlandweit im Rahmen der Studienreihe Fachkraft 2030 gestellt und durch das Forschungsprojekt FAIR von der Universität zu Köln und candidate select ausgewertet sowie als Whitepaper veröffentlicht.

Rund 60 % der Studierenden stehen Algorithmen in Auswahlprozessen generell eher skeptisch gegenüber

Fragt man Studierende schlicht nach ihrer Meinung bezüglich einer generellen Anwendung von Algorithmen in der Personalauswahl, stehen sie dieser eher kritisch gegenüber. Ein Grund dafür kann in der allgemeinen gesellschaftlichen Skepsis liegen. Man assoziiert grundsätzlich eher rationale Eigenschaften mit Algorithmen. Wohingegen man ihnen emotionale Eigenschaften, wie Empathie abspricht. Charakteristiken, die insbesondere im Recruiting wichtig sind. Stellt man allerdings den Vergleich zwischen Inländern und Ausländern her, so ist in der generellen Akzeptanz bereits ein deutlicher Unterschied erkennbar.

Ausländische Studierende halten Algorithmen in der Personalauswahl auch generell mehrheitlich für (eher) sinnvoll.

Dass die Meinung zu dieser Frage so auseinandergeht, ist nicht überraschend. Viele namhafte Unternehmen im europäischen Ausland und auch darüber hinaus setzen schon seit längerer Zeit erfolgreich auf Algorithmen in der Personalauswahl. Das lässt offenbar Zweifel schwinden. Positive Praxisbeispiele scheinen auch die Meinung Studierender aus den jeweiligen Ländern positiver zu stimmen. So auch bei Studentinnen und Studenten im MINT-Bereich (Studierende der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) .

Zwar halten diese den generellen Einsatz von Algorithmen in der Personalauswahl immer noch mehrheitlich für (eher) nicht sinnvoll, das Ergebnis ist jedoch insgesamt weniger negativ. Die fachliche Nähe ist dabei sicherlich ein Faktor, der die Meinung dieser Gruppe beeinflusst. MINTler dürften im Vergleich zu den restlichen Studierenden tendenziell bereits mehr Berührungspunkte mit Algorithmen gehabt haben, sodass das Vertrauen in diese steigt.

Studierende stehen Algorithmen positiv gegenüber, sobald nach bestimmten Kriterien gefragt wird

Bei der Frage „Würden Sie in einem Auswahlprozess hinsichtlich der folgenden Kriterien eher eine Entscheidung durch Menschen oder einen Algorithmus bevorzugen?“ stellen sich die Ergebnisse anders dar. Dabei wurden die Studierenden mit vier Kriterien konfrontiert:

  • Abbau von Diskriminierung
  • Vermeidung von Fehlentscheidungen
  • Transparenz von Entscheidungen und
  • Schnelle Rückmeldung.

Die Befragten konnten außerdem neben den Antwortoptionen „Mensch“ und „Algorithmus“ nun auch eine Kombination aus Menschen und Algorithmus bevorzugen.

Zwei von drei Studierenden geben an, den Algorithmus oder eine Kombination beim Abbau von Diskriminierung zu bevorzugen.

Dass Personalentscheidungen häufig mit kognitiven Verzerrungen und Biases belastet sind, welche zu Lasten bestimmter Gruppen gehen ist ein bekanntes Problem, welches auch heutzutage noch lange nicht gelöst ist.

Im Vergleich zum Menschen sind Algorithmen objektiver, sofern man sie nach den richtigen Kriterien aufsetzt und sorgfältig überprüft. Dies zeichnet sich auch in der Meinung Studierender ab: Zwei von drei glauben, dass Diskriminierung am besten durch oder in Zusammenarbeit mit Algorithmen abgebaut werden kann.

Darüber hinaus gibt die Mehrheit der Befragten auch an, die Kombination aus Menschen und Algorithmus bei der Vermeidung von Fehlentscheidungen zu bevorzugen. Und bei der Frage um die Geschwindigkeit von Rückmeldung, geben Studierende mit deutlicher Mehrheit an, dass sie dem Algorithmus eine schnellere Antwort zutrauen als dem Menschen.

In Sachen Transparenz zeichnet sich ein anderes Bild ab: Studierende sind der Meinung, dass menschliche Entscheidungen nachvollziehbarer sind als algorithmische Entscheidungen. Dies könnte erneut mit der geringen Anzahl an positiven Praxisbeispielen zusammenhängen. Die Anwendung solcher KI-Systeme, vor allem im Personalwesen, erscheint abstrakt und dadurch vielleicht suspekt.

Deutliche Gewinnerin: Kombination aus Menschen und Algorithmus

Betrachtet man alle Ergebnisse im Überblick, so lässt sich erkennen, dass die Kombination aus dem Menschen und Algorithmus in der Personalauswahl am meisten Akzeptanz unter Studierenden erlangt. Ein klares Signal für Unternehmen, sich langsam der Anwendung von Algorithmen zu nähern. Und dabei deutlich zu machen, dass die letzte Entscheidungsinstanz immer noch bei den Personalern liegt.

Aber: Aus studentischer Sicht stecken in der Verwendung von Algorithmen im Recruiting jedoch viele Chancen. In der Kombination mit dem Menschen können Sie helfen, Diskriminierung abzubauen, Fehlentscheidungen zu vermeiden und die Geschwindigkeit der Rückmeldung zu verbessern.

Besser also, die Anwendung von Algorithmen ist immer hinreichend begründet und transparent erklärt. Und natürlich gibt es auch nicht „den Algorithmus“. Stattdessen muss jeder Einsatz, am besten fortlaufend, validiert („Sagt der Algorithmus relevante Informationen wie Arbeitserfolg oder Retention voraus?“) und hinsichtlich möglicher Zielsetzungen wie dem Abbau von Diskriminierung überprüft werden.

Die detaillierten Ergebnisse können Sie in unserem Whitepaper „Akzeptanz von Algorithmen in der Personalauswahl“ nachlesen.

Zum Projekt:

FAIR ist ein vorwettbewerbliches Forschungsprojekt der Universität zu Köln und von candidate select. Es verfolgt das  Ziel, den Arbeitsmarkt diskriminierungsfreier zu machen. Es gibt zwei Forschungsschwerpunkte: Erstens soll ein Kontrollmechanismus entworfen werden, der menschliche und algorithmische Diskriminierung sichtbar und messbar macht. Zweitens sollen Algorithmen entwickelt werden, die Lebensläufe fair und zuverlässig vorauswählen können. Das Projekt wird im Zeitraum vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2021 durchgeführt und mit Fördermitteln der EU und des Landes NRW unterstützt.

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Philipp Seegers

Gastautor: Dr. Philipp Karl Seegers auf PERSOBLOGGER.DE

 

Dr. Philipp Karl Seegers beschäftigt sich als „Labour Economist“ mit dem Übergang zwischen Bildung und Arbeitsmarkt.

Er ist Mitgründer des HR-Tech Unternehmens candidate select (CASE), welches Bildungsabschlüsse auf Basis von Daten besser vergleichbar macht.

Darüber hinaus forscht Philipp als Research Fellow der Maastricht University, im Rahmen des FAIR Projektes und als Initiator der Studienreihe „Fachkraft 2030“ aktiv zu Bildungsökonomie, psychologischer Diagnostik, Diskriminierung und Arbeitsmarkt.

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