Sprachassistent Eingabe von Worten bei der Jobsuche über natürliche Sprache

Recruiting 2020 – Vom Chatbot zum Sprachassistenten

Die fortschreitende Digitalisierung verändert die Prozesse auf Bewerber- und Arbeitgeberseite zunehmend. Wie wird sich das Recruiting in naher Zukunft bis 2020 entwickeln und wo stehen wir auf dem Weg zum Recruiting 4.0? Einblicke zum Thema Chatbots und Sprachassistenten.

Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Wolfgang Jäger, Professor für Mediamanagement an der Hochschule RheinMain, Wiesbaden.

Optimierung des Recruiting-Prozesses via Candidate Experience

Was im Recruiting als die Candidate Experience beschrieben wird, umfasst im Wesentlichen, dass stärker auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Bewerber eingegangen wird. Vor allem für Bewerber-Zielgruppen, die auf dem Arbeitsmarkt nur schwer zu rekrutieren sind, soll der Such- und Bewerbungsprozess so einfach und bequem wie möglich gestaltet werden. Die Kernaufgabe dabei ist zu verifizieren, wo Arbeitgeber ihre Bewerber-Zielgruppe(n) treffen und wie sie mit ihnen in Kontakt treten. Unter Berücksichtigung der zunehmenden Digitalisierung des Alltags und der beginnenden Post-Smartphone Ära heißt dies auch, weitere, neue digitale Helfer zu nutzen, um nah an den Kandidaten zu sein.

Digitale Helfer beim Bewerbungsverfahren

Aber nicht nur Bewerber stellen heutzutage andere Ansprüche an das Bewerbungsverfahren. Das Recruiting der Zukunft meint sowohl den Einsatz von digitalen Helfern auf Seiten der Recruiter als auch auf der Bewerber-Seite. Hier ist in erster Linie relevant, mobile-fit zu sein. Wer als Unternehmen in seinem gesamten Recruitingprozess von der Stellenausschreibung bis hin zur Bewerbung nicht mobil ist, dem entgehen viele qualifizierte Bewerber. Dabei beschränkt sich digital und mobil nicht nur auf die Nutzung von Apps auf dem Smartphone.

Digitalisierung und Mobilisierung als treibende Kräfte

Von Robot Recruiting über den Einsatz von Chatbot-basierten Systemen bis hin zu intelligenten Matching-Tools: Die fortschreitende Digitalisierung und die steigende mobile Internetnutzung werden hier nicht Halt machen, sondern weiter voranschreiten. Wir befinden uns in einer Phase des Übergangs. Zur Zeit ist es noch so, dass viele der künstlich intelligenten Tools und Verfahrensansätze im Wettberwerb mit der menschlichen Intelligenz des Recruiters unterlegen sind.

In diesem Blog sind dazu viele Praxistests nachzulesen. Erst letzte Woche wieder. Aber die heutigen Ergebnisse müssen nicht lange Bestand haben. Die Maschinen oder besser die Software lernt schnell. Wie der Wettbewerb zwischen Mensch und Maschine schon bis 2020 ausgeht, ist meines Erachtens sehr offen.

Recruiting 4.0 bedeutet auch Smart Recruiting

Wer den Wandel zum Recruiting 4.0 nicht verschlafen will, muss mit der Zeit gehen. Das heißt, Recruiter müssen den Mut haben, traditionelle Verfahren zu prüfen und gegebenenfalls auch über Bord zu werfen. Neue, intelligente Technologien – ein smartes Recruiting – sind gefragt. Für eine zeitgemäße Bewerberconvenience unter dem Primat Simplicity ist die Möglichkeit einer automatisierten One-Click-Bewerbung zum Beispiel ein längst überfälliger Schritt in Richtung smartes Recruiting.

Chatbots entwickeln sich

Chatbots, also auf Text- bzw. Spracheingabe basierende Dialogsysteme, die über entsprechende Ein- und Ausgabemasken eine Kommunikation mit dem dahinterstehenden System ermöglichen, stellen den nächsten Schritt des Digitalisierungs-Trends im Recruiting dar. Aktuell haben wir es bei der Anwendung von Chatbots im Recruiting noch mit regelbasierten Chatbots auf Basis vorgegebener Dialogstrukturen zu tun. Als nächstes kommen lernende Chatbots mit manueller und maschineller Lernenfähigkeit, die zu Bots mit künstlicher Intelligenz führen werden und selbstständig eigene intelligente Lösungen (Antworten) entwickeln. Chatbots stehen aktuell in der Recruiterszene hoch im Kurs. Nach Apps sind jetzt Chatbots on vouge.

AI-Match für zugeschnittene Stellenangebote

Je weiter und schneller sich in Zukunft die technologischen Möglichkeiten entwickeln, desto stärker wird sich auch der Bewerbungs- und Recruiting-Prozess anpassen müssen. Dies wird insbesondere beim Thema künstliche Intelligenz deutlich. Die Jobbörse Jobstairs hat beispielsweise einen Matching-Algorithmus namens AI-Match entwickelt. AI steht dabei als Abkürzung für Artificial Intelligence. Der Algorithmus liefert Bewerbern auf Basis eines Kurzprofils individualisierte und auf sie zugeschnittene Stellenangebote.

Voll automatisiert gleicht dieser die über 30.000 Stellenangebote des Jobportals mit den Bewerberdaten ab. Dabei merkt sich AI-Match Treffer und Ähnlichkeiten und wird so (langsam) immer besser. Dies ist ein erster Schritt in Richtung Machine Learning. Aber wie schon weiter oben erwähnt, auch Maschinen müssen noch viel lernen. Maschinelles Lernen braucht im wahrsten Sinne des Wortes Unmengen an Datensätzen. Hat die Maschine diese Daten, lernt sie allerdings sehr schnell.

Die digitalen Sprachassistenten in der Praxis

Eine weitere Entwicklungsstufe des digitalen Fortschritts im Recruiting ist der Einsatz eines digitalen Sprachassistenten, der über phonetische Eingabe entsprechende Anwendungen ausführt – vorausgesetzt, die jeweilige App ist bereits mit dem neuen Feature kompatibel. So kann die Jobsuche vom Bewerber ohne direkten physischen Kontakt zum Eingabegerät per Spracheingabe spontan initiiert werden. Es kommt also zu einer Entkopplelung des direkten physischen Kontaktes mit dem PC, Laptop oder Smartphone.

Ein Beispiel aus der Praxis: Mit der Anwendung Dialogflow von Google wurde ein JobStairs-Agent auf Basis der Spracherkennung von Google Chrome aufgesetzt. Der JobStairs-Agent splittet das Gesprochene in Parametern zur Stellensuche auf. Bewerber können so optional durch Text oder Spracheingabe ihre individuelle Jobsuche durchführen. Hierfür wurden zu berücksichtigende Informationsobjekte – sogenannte Entities – festgelegt, die bei der Umsetzung richtig erkannt werden müssen, um passende und relevante Ergebnisse zu liefern:

  • Zum einen ist die Entfernung bei der Stellensuche bedeutend
  • genauso wie das Einstiegslevel (Entrylevel)
  • und relevante Unternehmen (Firmen)
  • sowie die Tätigkeiten bzw. Jobbezeichnungen.

Natürlichsprachliche Eingabe der Suchanfrage

So kann der User seine Stellensuche in natürlicher Sprache aufsprechen oder sie in die Maske eintippen. Zum Beispiel: „Ich suche einen Job bei der Commerzbank in Hamburg“. Als Antwort kommt die Ansage eines Suchergebnisses wie beispielsweise: „Hier sind alle Jobs bei der Commerzbank in Hamburg“.

In der Beta-Version, in der sich der JobStairs-Bot derzeit noch befindet, entsteht allerdings noch kein richtiger Dialog. Auf eine Frage erfolgt eine Antwort. Es werden vom System noch keine Folgefragen gestellt. Darauf aufbauend wären weitere Aktionen wie z.B. die Einrichtung eines Suchagenten denkbar: „Möchtest du ein Job-Abo einrichten und bei neuen Stellenangeboten informiert werden?“ oder „Möchtest du noch woanders nach Stellenangeboten suchen?“.

Training des Suchagenten

Die Zuordnung der Usereingaben (ob sprachlich oder textlich) zu den Entities kann über die Dialogflow-Anwendung verifiziert und bestätigt werden, um den Agenten weiter zu trainieren. Das heißt, dass die getätigten Eingaben und die gelieferten Suchergebnisse bzw. die daraus erstellte Suchanfrage in der Lernphase manuell überprüft und bestätigt bzw. korrigiert werden muss – hier findet also (noch) manuelles Lernen statt.

Training des JobStairs-Sprachassistenten auf Basis des Google-Bots.
Training der JobStairs-Spracheingabe auf Basis des Google-Bots.

Sprachassist Alex im Amazon Echo

Doch auch bei Tools wie dem Sprachassistenten Alexa, der z. B. über Endgeräte wie Amazon Echo in immer mehr Haushalte Einzug hält und das Zuhause mit der digitalen Welt verbindet, hat die Jobsuche jetzt auch ihren Platz. Mit einer Skill-Erweiterung für Alexa kann man seinen persönlichen Assistenten auch schon nach Stellenangeboten fragen.

Die Jobbörse Jobstairs hat die erste Pilotanwendung jetzt gelauncht und erstmals auf dem Trendforum Recruiting der Zukunft Personal 2017 in Köln vorgestellt. Per Spracheingabe hieß es: „Alexa, frage JobStairs nach Jobs für Personalreferenten in Köln und Umgebung!“… und Alexa antwortete: „Ich habe drei gefunden und die lauten….“.

In der Entwicklungsphase

Dazu wurden in der Entwicklungsphase 30 beispielhafte Satzkonstruktionen formuliert, an denen, wie beim Sprachasssistenten von Google, die ausgesprochenen Satzinhalte den Entitäten – wie z. B. der Arbeitsort, die Berufsbezeichnung etc. – bestmöglich zugeordnet werden. Damit sind Formulierungen mit Stadt, Region, in der Nähe von oder in meiner Nähe möglich. Vorausgesetzt die Standorterkennung ist bei letzterem aktiviert. Demnächst kommt auch hier noch das Karrierelevel hinzu, das aktuell noch nicht berücksichtigt ist.

150 Satz-Kombinationen in der Version 1.0

Definiert wurden Städte, Umkreissuche sowie Berufe auf Basis der ESCO-Daten (European Skill Competences and Occupations) der Europäischen Kommission, die multilinguale Klassifikationen von Jobs systematisiert vorgenommen haben. Auf dieser Grundlage versteht der Sprachassistent die Jobbezeichnungen. In Version 1.0 versteht Alexa 150 Satz-Kombinationen.

Die erkannten Suchkriterien werden auf einem internen Server (und nicht bei Amazon) verarbeitet und das Suchergebnis aus, ebenfalls vorformulierten Antworten, von Alexa artikuliert. Alexa liest Stellentitel, Unternehmen und Stadt der ersten 3 Stellenanzeigen vor. Anschließend fragt sie, ob sie dem Nutzer weitere Stellenanzeigen vorlesen oder ein Link auf die Ergebnisseite bei JobStairs in der Alexa App schicken soll.

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Grenzen der neuen Freiheit

Hier stößt der digitale Helfer noch an seine Grenzen der neuen Freiheit bei der Candidate Journey. Denn letztlich muss sich der Kandidat von dieser Stelle an wieder einem entsprechenden Endgerät bedienen, um die Stellenangebote zu sichten und sich zu bewerben. Doch mit der Weiterentwicklung weiterer Trends im Recruiting, die den digitalen Bewerbungsprozess betreffen, sind künftig auch Bewerbungen über den Sprachassistenten – wie beim One-Click-Bewerbungsverfahren – auf dem Weg zum Recruiting 4.0 leicht denkbar.

Gleiches gilt für die Weiterentwicklung der Stellenanzeige 4.0, bei der in Zukunft auch die Sprachausgabe mitgedacht werden muss. Dazu müssen dementsprechend für die Sprachausgabe optimierte Stellenanzeigenformate und -inhalte entwickelt werden. Insgesamt wird sich das automatisierte Recruiting beziehungsweise der Einsatz smarter und intelligenter Technologien im Sinne eines Recruitings 4.0 positiv und dynamisch weiter entwickeln.

Prof. Dr. Wolfgang Jäger
Prof. Dr. Wolfgang Jäger

Über den Autor:
Prof. Dr. Wolfgang Jäger ist Professor für Mediamanagement an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden und Sprecher der Jobbörse JobStairs. Zu seinen Forschungsschwerpunkten, der Optimierung personalwirtschaftlicher und kommunikationsbezogener Prozesse und Strukturen, leitet er regelmäßig Kongresse und Fachtagungen. Zudem veröffentlicht er zahlreiche Fachartikel und Bücher.
In den letzten 10 Jahren wurde Prof. Jäger von der Fachzeitschrift Personalmagazin wiederholt zu einem der führenden Köpfe des Personalwesens gewählt.

 

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Stefan Scheller

Autor und Speaker Persoblogger Stefan SchellerMein Name ist Stefan Scheller. In meiner Rolle als Persoblogger und Top HR-Influencer (Personalmagazin 05/22) betreibe ich diese Website und das gleichnamige HR Praxisportal. Vielen Dank für das Lesen meiner Beiträge und Hören meines Podcasts Klartext HR!

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