Es ist wieder soweit. Die geschenkereichste Zeit des Jahres ist angebrochen. Allerdings in erster Linie für die Kinder. Daran gemessen, was bei den meisten Erwachsenen in der Vorweihnachtszeit alles im Büro an Jahresend-Stress zu finden ist, kann von „besinnlich“ und „Einstimmung“ nicht die Rede sein. Obwohl es bereits seit Wochen zuhause im Familienkreis sehr weihnachtliche Gespräche gibt. Kinder (insbesondere aufgeweckte Vierjährige) haben da nämlich ihre ganz eigene Betrachtungsweise der Vorgänge. Was das mit Employer Branding, Quotenfrauen und Diversity zu tun hat?
Lassen Sie sich überraschen …
Zunehmend missglücktes Employer Branding
Nein, es geht nicht schon wieder um die eben verliehene Goldene Runkelrübe für die schlechteste Personalmarketingkommunikation. Obwohl, bei genauer Betrachtung könnte sich hier tatsächlich eine Nominierung anbahnen.
Dieser Tage trifft man bei seinem Stadtbummel überall einen rot gekleideten Mann mit Mütze, weißem Bart, dickem Bauch und tiefer Stimme. Egal ob man im Supermarkt, Einkaufszentrum oder dem Modefachgeschäft an der Ecke unterwegs ist.
Klar, das ist der Weihnachtsmann, sagen Sie? – Wenn es denn mal so einfach wäre!
Diese Menschen (darf man sie überhaupt so bezeichnen?) sehen alle zumindest ähnlich aus. Aber so ein Vierjähriger erkennt natürlich, dass es sich dabei nicht um ein und dieselbe Person handeln kann. Schon gar nicht, wenn in der Fußgängerzone mehrere Exemplare dieser Rotmützen gleichzeitig unterwegs sind. Insofern muss es sich wohl um eher um zahlreiche Angestellte derselben Firma handeln. „DER“ Weihnachtsmann kann es ja kaum jedes Mal selbst sein.
Markenbildung erfolgt durch Abgrenzung
Aus Employer Branding Gesichtspunkten läuft bei der Weihnachtsmann-Firma jedoch einiges gewaltig schief. Denn ich habe gelernt bzw. predige (ein guter Begriff übrigens in diesem Zusammenhang, wie mir gerade auffällt) immer von Markenbildung durch Profilierung und Abgrenzung zu Mitbewerbern.
Wie kann es dann sein, dass bereits am 11.11. zum Kinder-Laternenumzug auf einmal im Wald ein gewisser Sankt Martin (Sie erinnern sich: Der Typ, der seinen Mantel für den Bettler geteilt hat) im Weihnachtskostüm im Wald sitzt und schon mal Geschenke austeilt?
Und dann heißt Sankt Martin bei uns hier in Nürnberg zur Steigerung der Verwirrung auch noch Pelzmärtel. Insofern dachte ich zu Anfangs, es hätte im Kindergarten mal wieder eine Infektionswelle gegeben, weil der Kleine immer irgendwas von „Pilzmittel“ erzählt hat…
Ich habe mich dann aus Kindermund aufklären lassen: Der Pelzmärtel hat eine Bommel an der Mütze, der Weihnachtsmann nicht. Ah, ja. Verstanden. Und trotzdem finde ich das aus Markensicht wenig unterscheidend.
Am 6.12. kommt dann der Nikolaus und macht den Job des Pelzmärtel gleich nochmal. Und bis zum 24.12. springt da noch ein Santa Claus rum, der sein ganz eigenes Markenkonzept verfolgt mit Truck, Eisbären und Koffeinlimonade.
Höchst verwirrend.
Das Weihnachts-Diversity Dilemma
Sie ahnen es sicher schon. Die nächste Frage liegt so einem Kleinen schon auf der Hand bzw. besser auf der Zunge: „Warum gibt es eigentlich keine Weihnachtsfrau?“. Wenn der Weihnachtsmann (ich nenne jetzt mal alle weihnachtlichen Rotmützen der Einfachheit halber so) eigene Mitarbeiter hat, mithin Arbeitgeber ist, wieso muss er sich dann nicht an das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz AGG halten?
Bereits die Überschrift einer solchen Stellenanzeige „Weihnachtsmann (m/w)“ oder sogar revolutionär „Weihnachtsfrau“ betitelt, irritiert mich gedanklich zutiefst. Allerdings dachte man ebenso früher mal, dass der Job von katholischen Ministranten nur was für Jungs sei, oder Bundeswehrsoldaten zwangsläufig Männer sein müssten. Die Zeiten haben sich geändert und zugespitzt. Stichwort: Quotendiskussion.
Zugegeben, ein Job, bei dem man mit einer Horde Rentiere alleine im Wald lebt und schwere körperliche Arbeit beim Beladen seines Schlittens leisten muss… Hm, obwohl, das könnten viele Frauen auch.
Aber mal ganz ehrlich: Wer möchte im Zeitalter von Gillette Venus und Philishave bitteschön eine Frau mit dickem zotteligen Kinnbart. Uäh!! Und wenn der dicke Bauch ein markenbildendes Kennzeichen sein sollte, könnte man wahrscheinlich eh nur Schwangere im neunten Monat einstellen. Und die sind bekanntlich über die Mutterschutzgesetze vor entsprechender Arbeit (zumal im Freien und bei Kälte) geschützt. Ist das vielleicht der Grund, warum es keine Weihnachtsfrauen gibt?
New Weihnachts-Work
Das will ich nicht gelten lassen! Dort wo Frauen neue Berufsbilder erobern sollen, müssen eben manchmal einfach die Arbeitsbedingungen bzw. Jobbeschreibungen geändert werden. Das nennt sich bekanntlich „New Work“ und ist zur Zeit eines der Lieblingsthemen der Personaler.
Also passen wir die Stelle Weihnachtsmann einfach etwas auf die neue Mitarbeiter-Zielgruppe an:
Statt Rentiere nehmen wir einfach mal Plüschhasen, engl. Bunnys (fragen Sie mich aber nicht, wie ich jetzt darauf komme) und lassen das Bart- und Bauchzeugs weg. Auch die Außenarbeit überlassen wir den Männern, den Part in den Geschäften übernehmen die Frauen. Dort kennen sie sich eh wesentlich besser aus. Quasi eine Art Jobsharing.
Dann würden die besagten Weihnachtsfrauen möglicherweise so aussehen:
Die Christkind-Frage
Für alle, denen diese Denkweise dann doch zu revolutionär wäre (oder wahlweise zu sexistisch), denen sei die konservative Kleidungsalternative des Christkinds angediehen. Sie stutzen gerade? Weil das Christkind in Ihren Augen ein Mann ist? Denkste.
Wieder einmal machen es einem die Nürnberger nicht ganz so einfach: Wer schon einmal auf der Eröffnung des weltberühmten Christkindlesmarkts war, der weiß: Das Christkind ist weiblich! Goldenes langes Haar in Locken, weißes Gewand (eine modische Abwandlung zum ewigen Weihnachtsrot) und goldene Flügel.
Das Unverständnis eines Vierjährigen wird jedoch dann perfekt, wenn nach der mit glänzenden Augen erlebten feierlichen Eröffnung des weihnachtlichen Markts durch das Nürnberger Christkind, zwei Minuten später an der nächsten Ecke eine Krippenausstellung steht. Und dort das Christkind ein Junge ist.
Gender Diversity – ein Thema für echte Profis
„Mama, ist das Christkind jetzt eigentlich ein Mädchen oder ein Junge?“
Wir haben uns kurzfristig für die plausiblere Erklärung („ein Mädchen“) entschieden, um dann zur erneuten Erhöhung der Verwirrung das Jesus-Kind als Figur daneben einzuführen. Und um zu vermeiden, dass ich die diesjährige in Planung befindliche Holzkrippe kurzfristig noch umbauen muss. Obwohl auch das Jesus-Kind, das ja weitläufig als Christkind bezeichnet wird, streng genommen gar kein Christ ist, sondern Jude. Aber diese historischen Feinheiten wollte ich mir und dem Kleinen dann doch lieber schenken.
Das erspart uns aber keine Antwort auf die Frage, warum Gott denn keine eigene Frau hat und unbedingt die vom Josef beglücken muss? Und ob dann Frau Holle (die bekanntlich auch irgendwo da oben wohnt und bei Schnee aktiv wird) die Frau von Gott sei?
Lachen Sie nicht! – Denn dann haben Sie wahrscheinlich ebenfalls noch nie Fragen beantwortet wie die folgende: „Kriegt denn auch das Christkind den Popo geklatscht vom Knecht Ruprecht, wenn es nicht brav ist?“. – Ein weiteres Dilemma bahnt sich seinen Lauf: Darf das Christkind über den anderen Kindern stehen und ungestraft frech sein? Oder untergräbt das am Ende die Position und Jobbeschreibung des Knecht Ruprecht? Für den es im Übrigen ja auch kein weibliches Pendant „Magd Rita“ oder ähnlich gibt.
Ach, was bin ich froh, wenn endlich wieder Sommer ist… ;o)
In diesem Sinne wünsche ich allen meinen Lesern eine beschauliche und besinnliche Weihnachtszeit!