Tops und Flops – gute Arbeitgeber, böse Arbeitgeber

Lange Zeit hatte man im Employer Branding das Gefühl, es gäbe nur noch Top Arbeitgeber. Jedes noch so kleine Unternehmen hat eines der vielen bunten Siegel auf seinen Karriereseiten prangen. Alle kümmern sich fürsorglich um ihre Mitarbeiter, engagieren Feelgood-Manager und sorgen sich täglich um die Einhaltung einer gesunden Work-Life-Balance, oder eines perfekten Work-Life-Blends, wie man neuerdings sagt.

Doch diese Phase scheint jetzt zu Ende zu gehen. Und nicht nur, weil Henner Knabenreich wieder die Goldene Runkelrübe verleiht für die schlimmsten Personalmarketingsünden ever. Ach was: ever ever.

Nein! Das Manager Magazin hat am 10.11.2014 einen Beitrag unter dem Titel „Deutschlands härteste Arbeitgeber“ online veröffentlicht. Geschrieben von gleich vier Autoren. Wahrscheinlich, um das rechtliche Risiko zu minimieren, wenn es zu Klagen der dort beschriebenen Unternehmen wegen des Inhalts kommt. Denn dort kommen die Unternehmen mehr als nur schlecht weg. Ja, man bekommt nahezu den Eindruck einer „Liste des Bösen“.

Der Führungsstil von Topmanagern in der Kritik

Das Magazin hat sich den Führungsstil der Topmanager oder Inhaber angesehen sowie deren Umgang mit dem weiteren Management. Zahlreiche sehr eindrucksvoll geschilderte Todsünden moderner Personalarbeit wurden aufgereiht neben Zitaten von ehemaligen Managern. Oder sollte ich eher „Opfern“ sagen?

Die Rede ist von „gnadenlosem Darwinismus“, „unerbittlichen Egomanen“, „kaltblütig“ oder „Gottmodus“ (übrigens einer meiner neuen Lieblingsbegriffe, zu dem mir ganz spontan ein witziger Spruch einfällt: „Ganz egal wer Dein Vater ist – solange ich hier angele, geht keiner übers Wasser!“).

Da wirkt der Begriff „Gängeleien“ fast schon niedlich. Wahrscheinlich sind den Autoren ab Seite 6 des Beitrags die Begriffe ausgegangen, um die vermeintlichen Unmöglichkeiten der Oberen zu beschreiben.

Das Topmanagement als Kulturmacher

Dabei beschreiben die Autoren teilweise recht kleinteilig, wie sich durch das Verhalten des Topmanagement die Unternehmenskultur quasi in ein Klima der Angst und Unterdrückung verwandelt. Getreu dem alt bekannten Motto: „Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken“.

Natürlich habe ich mir die dort genannten Firmen einmal hinsichtlich ihres Onlineauftritts auf den jeweiligen Karriereseiten des Unternehmens angesehen. Denn wo angeblich so ein harter und rücksichtsloser Unternehmer-Typ (ja, es wurden nur Männer beschrieben!) die Unternehmenskultur prägt, dort müsste sich das doch auch im Web widerspiegeln. Dachte ich zumindest.

Die Karriereseiten zieren Arbeitgebersiegel

Sie ahnen es sicher bereits: Licht und Schatten scheinen sehr nah beieinander zu wohnen. Die Arbeitgeberseiten einiger genannter Unternehmen zieren scharenwiese Arbeitgebersiegel. Die entsprechenden Menüpunkte heißen dann sogar vielversprechend „Ausgezeichnet“.

Finde den Fehler!

Jetzt mal ehrlich, liebe Autoren des Manager Magazins. Wer so viele so wunderbare Arbeitgeberauszeichnungen sein eigen nennt und bei kununu top bewertet ist, der kann doch nicht … oder doch? Ich bin verwirrt…

Gutes Unternehmen – schlechtes Unternehmen

„Gibt es eigentlich positive Marken und negative Marken?“, eine Frage, die meine Praktikanten und ich bei den DATEV Einführungstagen immer den neuen Mitarbeitern stellen. Spannend wird es, wenn daraufhin Marken genannt werden, die ein Teil der Anwesenden für positiv hält, ein anderer Teil für negativ. Denn dann sind wir schnell am wesentlichen Punkt der Erkenntnis: Marken entstehen im Kopf und wirken über Emotionen. Es gibt per se keine positiven oder negativen (Arbeitgeber)marken. Je nach eigenem Erleben und Empfinden bewerten wir Unternehmen.

Was für den einen ein super Arbeitgeber ist, wäre für den anderen die reinste Hölle.

Mitarbeiter sind leidensfähig und leidenswillig

Einer der zentralen Sätze des besagten Beitrags im Onlinebereich des Manager Magazins ist für mich folgender: „Die Meister des rüden Stils finden nach wie vor leidensfähige Mitarbeiter.“ – Sieh an, sieh an.

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Selbst in Zeiten des vieldiskutierten Fachkräftemangels scheint es diesen Unternehmen zu gelingen, die Eskapaden ihres Topmanagements zu egalisieren und zumindest ein geschmacksneutrales Employer Branding zu produzieren.

Wahrscheinlich umgibt diese Unternehmen geradezu der wohlriechende Nebel des Sinatra-Effekts „If I can make it there, I can make it anywhere!“. Gepaart mit einem erstaunlichen Effekt aus der Psychologie, der besagt, dass Menschen lieber mit Menschen zusammen arbeiten, die sie kennen, aber nicht mögen – als mit Leuten, die sie mögen, aber nicht einschätzen können.

Man muss die letzten Zeilen erst einmal eine Weile auf sich wirken lassen …

Der Antichrist des Feelgood Managements

Antichrist? Vielleicht schreibe ich doch besser Antagonist? Egal. Sie wissen, was ich meine.

Da machen sich also Heerscharen von Online-Portalen daran, die sogenannte „New Work“, nicht zu verwechseln mit New York (das wäre wieder Sinatra) zu definieren und dem Wir-haben-uns-lieb-Guru alias Feelgood-Manager zu frönen. Und am Ende braucht es das gar nicht?! Die angeblich so sensible, umweltbewusste und verantwortungsvolle Spaßgeneration Y arbeitet trotzdem gerne in einem Umfeld, bei dem Zuckerbrot ständig aus ist und stattdessen die Peitsche auf dem Speiseplan steht?

Ich bin überrascht. – Ach Quatsch. Kein Stück!

Die kulturelle Passung macht den Unterschied

Es ist alles wie sonst auch: Jedes Unternehmen sucht die passenden Mitarbeiter. Cultural fit rules the world! Oder zu Deutsch „Jedes Töpfchen findet sein Deckelchen“. Die von den Autoren des besagten Beitrags dargestellte Unternehmenskultur mag für die meisten von uns der reinste Horror sein – trotzdem behaupte ich, dass es auch dort die übliche Verteilung der zufriedenen und unzufriedenen Arbeitgeber gibt.

Am Ende kommt es wohl doch vor allem auf die Passung an. Immerhin gibt es eine Menge Manager, die in der Freizeit gerne mal härter geschlagen und beschimpft werden wollen – hab ich mir, ähm, sagen lassen. Und da sollten wir aufgeklärte Personaler ja ebenfalls nicht sofort von Perversion sprechen.

Anti-Arbeitgebersiegel –Employer Brandroding

Ich möchte diesen Beitrag vielmehr mit einem konstruktiv positiven Vorschlag abschließen:

Damit Unternehmen zukünftig noch leichter an ihre passenden Mitarbeiter kommen, habe ich neue Arbeitgebersiegel entworfen. Für all diejenigen Unternehmen, für die Facebook einen „Dislike“-Button an die Karriereseite bauen müsste, folgende Ideen für Auszeichnungen und Arbeitgeberpreise:

Flenndance – die mit den Tränen tanzen:
Deutschlands 100 Schock-Arbeitgeber

flenndance-logo

Dark Place to Würg:

Flop Company (by nonono):
von Mitleidenden empfohlen
nonono-logo

Top narzistischer Arbeitgeber (by Fötus):
fötus-logo

Unfair Company:
Hochmut Praktikum

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Rechtlicher Hinweis:
Zufällige Ähnlichkeiten mit bestehenden Arbeitgebersiegeln oder Rankings sind übrigens sowas von zufällig. Mehr geht gar nicht. Gleiches gilt für die Ironie in diesem Beitrag…

Wer jetzt neugierig geworden ist und den Beitrag im Original lesen möchte: http://www.manager-magazin.de/magazin/artikel/fuehrung-deutschlands-haerteste-arbeitgeber-a-1000880.html


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Stefan Scheller

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