Blind HR Battle besserer Recruiter

Der Fachbereich als besserer Recruiter? – Ein Argumentationsduell.

Den Auftakt meines neuen HR Social Media Formats auf Persoblogger.de macht ein Argumentationsduell zwischen zwei Blogger-Größen der Szene. Das Blind HR Battle startet in die erste Runde! Auf der einen Seite steht Henrik Zaborowski, der mit der These antritt, dass das Recruiting der Zukunft besser durch den Fachbereich direkt erfolgt. Dem gegenüber verteidigt HR-Celebrity Robindo Ullah die Recruitingabteilung und spricht sich für die Recruiter Next Generation aus.

Runde 1 des Blind HR Battle:

Henrik Zaborowski - Blind HR Battle auf Persoblogger.de

„Recruiting gehört in die Fachabteilung zum Hiring Manager!“

Hier seine Argumentation:

HR kann die Fachanforderungen nicht einschätzen

Wenn Recruiter verschiedene Fachbereiche betreuen, können sie nicht jede spezifische Anforderung im Detail kennen und „richtig abstrahieren“. D. h. zum Einen, dass HR nicht pro-aktiv Kandidaten in fachspezifischen Foren oder auf Kongressen ansprechen kann, weil sie von der Materie zu wenig Ahnung haben. Zum anderen werden bei Sichtung von Bewerbungsunterlagen Bewerber, die ähnliche aber nicht genau die namentlich genannten Kompetenzen mitbringen, nicht als potentiell interessant erkannt und aussortiert. Stattdessen wird nur anhand der vom Fachbereich vorgegebenen Schlüsselbegriffe selektiert. Meistens erwartet der Fachbereich ja auch nur diese „perfekten“ Bewerber, weil der

Fachbereich verwöhnt wird und trotzdem unzufrieden ist

Fachbereiche, die nur eine Auswahl von Kandidaten bekommen, können kein „Gefühl für den Markt“ entwickeln. Vielleicht sind die fünf vorgestellten Kandidaten nicht die Idealkandidaten, aber die „besten“ von den verfügbaren? Um das einzuschätzen, muss der Fachbereich aber die Gesamtmasse kennen. Sonst wird er immer sagen: „Die passen nicht, ich brauche bessere.“

Fachbereich gibt sich ohne eigene Mitarbeit weniger Mühe

Warum beschweren sich HR und Bewerber oft über die langsame Rückmeldung vom Fachbereich? Meines Erachtens, weil dem Fachbereich der Bezug zum Bewerber fehlt, wenn er den nicht vorher selber mit gesucht oder vorausgewählt hat. Es fehlt der „Verlustschmerz“, wenn der Kandidat aufgrund zu langsamer Geschwindigkeit oder Schlampigkeit im Prozess abspringt und die Arbeit damit vergebens war. Solange HR die Arbeit alleine macht, ist der Schmerz für den Fachbereich sehr gering. Ist er aber involviert, würde er sich auch im weiteren Prozess viel intensiver und verbindlicher engagieren.

Echte Führungskräfte wollen selber rekrutieren

Echte Führungskräfte wissen von der Bedeutung eines guten Recruitings. Und wollen selber aktiv sein. Nicht umsonst gingen in der Vergangenheit viele Beauftragungen von Personalberatern an HR vorbei. Oder es wird das eigene Netzwerk genutzt und die Kandidaten von HR nur als Vergleichsmasse heran gezogen. Führungskräfte, die sich aus dem Recruiting raushalten (weil es keine Prio für sie hat), sind meines Erachtens schlechte Führungskräfte oder haben aus verschiedensten Gründen keinen echten Recruitingbedarf.

Gute Führungskräfte, die dringend Mitarbeiter suchen, werden dem Recruiting eine hohe Priorität einräumen. Zudem sind durch technologische Entwicklungen und die sozialen Netzwerke die Kontaktanbahnung und das Empfehlungsmanagement (sprich: das Recruiting) deutlich schlanker geworden und damit auch für Führungskräfte besser in den Arbeitstag integrierbar.

HR ist selten ein aussagekräftiger Gesprächspartner

Top Kandidaten möchte schnell aussagekräftige Informationen haben und nicht das oberflächliche Blabla aus der Stellenanzeige. Ein aktives Zugehen auf die Spezialisten mit echten und individuell relevanten Informationen kann im Zweifel aber nur vom Fachbereich im direkten (z. B. telefonischen) Austausch kommen. Das Gespräch mit HR kann für Top Kandidaten sinnlose Zeitverschwendung sein, denn

Bewerber wollen auf Augenhöhe kommunizieren

Top Kandidaten nehmen sich Zeit für den Bewerbungsprozess, wenn sie das Gefühl haben, wertgeschätzt zu werden und ohne Verzögerung die Infos zu bekommen, die sie für die Bewertung der Position brauchen. Diese Infos kommen vom Fachbereich nicht nur kompetenter, sondern auch authentischer. Außerdem können direkt Entscheidungen über das weitere Vorgehen getroffen, z. B. direkt Termine vereinbart werden. Oder beide einigen sich, dass es für diese Position nicht passt, aber es andere Optionen gibt.

HR hat schlechtes Image und wird im Recruiting nicht ernst genommen

Dieser Punkt ließe sich sicherlich ändern, im Moment trägt HR aber die Last der vergangenen Jahrzehnte voller Recruiting-Inkompetenz mit sich herum. Wer so ein schlechtes Image hat, sowohl bei Bewerbern als auch bei den Fachbereichen, der muss viel Arbeit investieren um zu zeigen, dass er es doch besser kann.

Die Frage ist, was sinnvoller ist: HR neue Kompetenzen und Autorität zu geben? Oder lieber gleich Führung neu zu definieren, die Hiring Manager stärker vom operativen Geschäft zu befreien und in die strategisch wichtigste Aufgabe der nächsten Jahrzehnte, das Recruiting, einzubinden?

Vielen Dank, Henrik für Deine Argumente.

 

Die Gegenposition von: Robindo Ullah - Blind HR Battle auf Persoblogger.de

 

Recruiting gehört in eine Abteilung im HR-Recruiting!“

Seine Argumentation:

Es geht um Professionalisierung

Es geht bei unserer Diskussion nicht um eine Besitzfrage, sondern vielmehr um das Thema Professionalisierung. Sich diesen Unterschied bewusst zu machen, ist ein entscheidender erster Schritt in der nachfolgenden Argumentation. Denn Ziel ist es nicht, den Fachbereich aus dem Prozess herauszunehmen, sondern seine Stärken wie beispielsweise Fachkenntnisse und Kommunikation auf Augenhöhe bestmöglich zu nutzen.

Den Recruiter verstehe ich als Prozess-Guide bzw. Owner, der die Ressourcen des Fachbereichs möglichst effizient nutzen muss. Hierzu muss er seinen Fachbereich und dessen Aufgaben genau kennen. Als Bindeglied zur Welt der Bewerber ist es aber ebenfalls seine Aufgabe, das notwendige Zielgruppen Know How aufzubringen, um diese abzuholen und durch den jeweiligen Bewerbungsprozess führen zu können. Gerade diesen letzten Bereich sehe ich in einer Spezialistenfunktion und nicht als zusätzliches Aufgabengebiet eines Fachbereichs.

Komplexität verhindert erfolgreiches Post&Pray Recruiting

Betrachten wir den Arbeitsmarkt, so hat sich dieser in den letzten Jahren derart entwickelt, dass das Thema Recruiting enorm an Komplexität gewonnen hat. Das alt bekannte passive Recruiting oder auch Post&Pray Recruiting genannt, welches das Veröffentlichen von Stellenanzeigen und das anschließende Warten und Hoffen auf Bewerber umfasst, genügt den Anforderungen des modernen Arbeitsmarktes bei weitem nicht mehr. Leider hat sich diese Erkenntnis noch nicht überall verbreitet, so dass die Annahme, der Fachbereich könnte das Recruiting übernehmen, verständlich ist. Denn eine Post&Pray Strategie lässt sich tatsächlich auch nebenbei umsetzen.

Individualisierung der Zielgruppen

Bei einer realistischen Betrachtung des Arbeitsmarktes müssen wir uns allerdings von dieser „One-Size-fits-all“ Methode des passiven Recruitings verabschieden. Die einfache Stellenanzeige als ultimative Recruitingwaffe gehört längst der Vergangenheit an.

Der Markt verlangt Individualisierung, was wiederum eine Professionalisierung zur Folge haben muss. Unterschiedlichste Zielgruppen wollen auf verschiedenste Weisen und Wege angesprochen werden bzw. lassen sich gar nicht mehr anders ansprechen. Spezialisten-Know-How wird benötigt – und das meiner Meinung nach sogar für jede einzelne Zielgruppe separat (Schüler, Studenten, Academics, non-Academics und ggf. branchenspezifisch).

Active Sourcing ist zeitaufwändig

Durch den Mangel an qualifiziertem Personal hat zudem die aktive Suche nach Kandidaten an Bedeutung zugenommen. Das heißt, die aktive Ansprache von potenziellen Bewerbern und das so genannte Sourcen von insbesondere Professionals bei schwer zu besetzenden Funktionen, ist aus dem Recruiting-Alltag kaum noch wegzudenken. Die Nutzung verschiedenster Netzwerke und auch der gesamte Anspracheprozess verlangen allerdings eine zusätzliche Ausbildung der Rekrutierenden. Wer glaubt, dies ist neben einem Hauptjob machbar, unterschätzt den Zeitaufwand, den man in Professionalität investieren muss.

Recruiting muss am Puls des zu Recruitierenden sein

Die fortschreitende Technisierung der Gesellschaft bringt eine weitere Herausforderung mit sich, der sich zukünftige RNGs (Recruiter next Generation bzw. auch Umberto genannt) stellen müssen. Während Fachbereiche oftmals gut damit zu tun haben, ihren originären Bereich am Puls der Zeit zu halten, müssen RNGs sich mit der Medien- und Techniknutzung ihrer Zielgruppen bis ins kleinste Detail auseinandersetzen.

Ziel ist es, der Zielgruppe einen Schritt voraus zu sein, um diese an den entsprechenden Stellen auch abholen zu können. Mobile Recruiting (mobil optimierte Karriereseite, Authentifizierung im Bewerbungsprozess via Handynummer, Augmented Reality, etc.), Gamification (Minecraft, PS Vita, Recrutainment, etc.), video- und fotobasierte Ansprache (via Vine, Instagram, Pinterest, etc.), Sourcing (mit boolschen Operatoren, Strings, etc.) – das ist nur ein Bruchteil der Themen, mit denen sich RNGs heute schon beschäftigen müssen und das nicht nur oberflächlich. Wenn man den Trends stets hinterher läuft, wird man auch lediglich der Zielgruppe hinterherhecheln.

Diese Aufgabe einem Fachbereich zuzumuten, wäre nicht nur grob fahrlässig, sondern meiner Meinung nach das Ende einer derzeit noch in den Kinderschuhen steckende Professionalisierung des Recruitings.

Herzlichen Dank auch an Dich, Robin.

So, und nun freue ich mich über eine angeregte Diskussion zum Thema des Battle. Ich denke, zu den beiden Ansichten gibt es sicherlich einiges zu sagen, oder?

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Stefan Scheller

Autor und Speaker Persoblogger Stefan SchellerMein Name ist Stefan Scheller. In meiner Rolle als Persoblogger und Top HR-Influencer (Personalmagazin 05/22) betreibe ich diese Website und das gleichnamige HR Praxisportal. Vielen Dank für das Lesen meiner Beiträge und Hören meines Podcasts Klartext HR!

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