Etwas mehr als eine Woche ist es jetzt her, dass die Verleihung des Focus-XING Awards „Top nationaler Arbeitgeber 2014″ in Berlin stattfand. Zwischenzeitlich wurde das Ranking via Focus Spezial-Ausgabe und auch mit der regulären Ausgabe vom 03.02. vermarktet. Aber dem Burda-Verlag reicht das bei Weitem nicht. Es folgt ein weiteres Beispiel, wie Burda den Ruf seiner Tochter kununu beschädigt.
Arbeitgeberrankings und Siegel ohne Ende
Es ist legitim, Geld zu verdienen im HR-Business. Auch zeigen seit Jahren Anbieter wie Trendence, Universum Global, Potentialpark, Great Place to Work, das CRF Institute und viele andere, dass es sehr gut funktioniert, wenn diese Unternehmen zu ihren Arbeitgeberrankings rufen.
Über den Sinn und Unsinn dieser Siegel wurde zur Genüge geschrieben (auch von mir in drei Beiträgen). Und ob es tatsächlich noch ein weiteres Siegel gebraucht hätte, lasse ich an dieser Stelle ebenfalls offen. Zumindest ist der „Top nationaler Arbeitgeber 2014″-Award keinesfalls so einzigartig hinsichtlich des Befragungsdesigns von Mitarbeitern in Firmen, wie er dargestellt wurde. Auch Great Place to Work ist via Mitarbeiterbefragungen seit Jahren unterwegs.
Der Unterschied scheint zu sein, dass die Unternehmen bei letztgenanntem Wettbewerb vorab (!) über die Konditionen und Bedingungen für eine Teilnahme detailliert aufgeklärt wurden. Beim Focus-XING-Award passierte das nicht. Vielmehr kommt nun im Nachhinein die Wahrheit zu Vorschein…
Der aktuelle Fall des Focus-XING Award Logos
In dieser Woche ging ein Aufschrei durch die Personalmarketer-Szene. Vertreter befreundeter Unternehmen kontaktierten mich, weil sie gerade dabei waren, ihre Informations- und Pressekampagne mit den gewonnenen Preisen zu launchen. Und dabei jäh zurückgeworfen wurden.
Es hat sich herausgestellt, dass Burda Medien eine Nutzung des Siegels mit dem Focus-Logo nicht gestattet, wenn nicht eine Lizenzgebühr von 10.000 Euro pro Jahr (alternativ 6.000 Euro für sechs Monate) gezahlt wird. Oha, gut zu wissen. Alternativ können Unternehmen wohl 3 Wochen lang ab Veröffentlichung das Titelbild des Focus Spezial für ihre Kampagnen kostenfrei nutzen. Aha. Drei Wochen…
Auf meine telefonische Nachfrage bei Burda erfuhr ich zudem, dass es wohl keinerlei lizenzrechtliche Abstufungen gebe, z.B. für die Veröffentlichung lediglich auf der eigenen Unternehmensseite. Soso.
Das kommt mir in etwa so vor, als wenn man einen Oskar verleiht, dann aber kurz vor der Übergabe der Trophäe innehält und erst auf Rückfrage die Antwort gibt, dass man vorab eine Million Dollar für den goldenen Mann mit Schwert zahlen muss, um ihn tatsächlich mit nach Hause nehmen zu können oder damit fotografiert werden zu dürfen.
Tritt gegen die Glaubwürdigkeit der Partner
Für mich persönlich nicht nur ein weiterer grober Fail in der Kommunikation von Burda, sondern auch ein weiterer Tritt gegen die Glaubwürdigkeit der Partner, insbesondere kununu.
Im neuen kununu-Upgrade befindet sich nämlich die Möglichkeit nach Siegeln zu filtern. Neben den kununu-eigenen Siegeln „Open Company“ und „Top Company“ gibt es dort auch das Focus-XING-Award-Logo. Als ich bei meinem ersten Praxistest von kununu am Wochenende feststellen musste, dass DATEV (trotz Auszeichnung in allen drei Kategorien) nicht mit diesem Filter zu finden war, ging ich noch von einem Fehler aus.
Heute stellt sich heraus, dass auch kununu diesen Award-Gewinn nicht im Filter anzeigt, wenn nicht die 10.000 Euro Lizenzgebühren an Burda bezahlt werden. Sonst bleibt auch das Siegel ausgegraut.
Spätestens jetzt ärgert mich das Thema persönlich mehr als mich der zweite Platz unserer Firma gefreut hatte. Wenn ein Unternehmen diese Auszeichnung gewonnen und verliehen bekommen hat, dann sollte es auch unter diesem Filter angezeigt werden. Alles andere ist wie ein gefühlter Sargnagel in der Glaubwürdigkeit der gesamten Veranstaltung!
Nutzung von verliehenen Sigeln nur gegen hohe Lizenzgebühren
Was für ein Signal sendet Burda mit einem solchen Verhalten auf kununu? Wenn der Nutzer beziehungsweise Jobsuchende zunehmend erkennt, dass ihm in erster Linie nur Firmen auf kununu angezeigt werden, die dafür kräftig zahlen, er darüber hinaus aber auf kein objektives Bild des Arbeitsmarkts blickt. Dann droht trotz (oder in diesem Fall gerade wegen) dieser Siegel ein immenser Vertrauensschaden und Glaubwürdigkeitsverlust. Nennen wir es ruhig mal „Siegelgate“.
Die Frage ist, ob sich die Unternehmen ein solches Geschäftsgebaren gefallen lassen? – Leider glaube ich, dass sie das tun. Der Siegel- und Rankingwahn hat um sich gegriffen und der Konkurrenzdruck scheint mir hoch genug, so dass finanzkräftige Unternehmen ihre Platzierungen auch gegenüber ihren Mitberbern ausschlachten wollen.
Vielleicht sollte ich mal auf das Hamburger Verlagshaus Gruner+Jahr, ein Unternehmen der Bertelsmann Media Group zugehen, ob die nicht mit mir und dem Magazin Stern auch so ein Arbeitgeberranking aufsetzen…?
Manch ein Personaler mag sich jetzt fragen, wieso er im Vorfeld des Focus-XING-Awards nie in eine Kommunikation einbezogen wurde und warum das alles bisher kostenfrei schien. Tja, da sind wir wohl wieder dem klassischen Facebook-Irrtum erlegen, von dem ich mich frei glaubte: „If something seems to be for free – YOU are the product being sold!“.
***** UPDATE *****
Eben habe ich entdeckt, dass sich zumindest hinsichtlich der oben genannten Siegel-Nutzung via kununu eine faire Lösung gefunden zu haben scheint. Herzlichen Dank an alle daran Beteiligten.