Top 10 Arbeitgeber nach kununu

Arbeitgeberranking-Overkill – Überspannen kununu und XING den Bogen?

Herzlichen Glückwunsch an die heco GmbH zum beliebtesten Arbeitgeber Handel/Gewerbe in Deutschland! Zumindest Stand 22.07.2013. News zum aktuellen Arbeitgeberranking.

Das Arbeitgeberbewertungsportal kununu veröffentlichte letzte Woche Arbeitgeberrankings auf Basis der auf der Plattform abgegebenen Bewertungen. Dabei haben sich 22 heco-Mitarbeiter, bei denen es sich vermutlich auch um die 22 auf XING Vertretenen handelt, öffentlich sehr positiv über ihren Arbeitgeber ausgelassen. Und schwupps – her mit dem Titel, die Henkel AG geht derweil leer aus! – Schön einfach, oder?

Die „Trendence-Falle“

Jetzt mag man einwenden, dass es sich bei kununu-Bewertungen immerhin um Meinungsäußerungen von Mitarbeitern handelt und nicht um eine reine Imagebefragung im Stile von Trendence oder Universum. Stimmt. Bei letzteren beiden stehen bekanntlich nur die Markenbekanntheit und das Arbeitgeberimage im Mittelpunkt der Befragung tausender Studenten. Dabei sind deren Rankings vergleichbar mit Sommerloch-füllenden Umfragen wie zum Beispiel „Welcher Hollywoodstar ist am besten im Bett?“. Da gewinnen dann häufig die Angelina Jolies und Jessica Simpsons dieser Welt.

Und stets wundere ich mich neu, woher wir Männer die besonderen Qualitäten jener Hollywood-Stars glauben einschätzen zu können. Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass sich die Jolie tatsächlich in großem Maße auf deutsche Männer gestürzt hätte. Oder liegt das nur daran, dass ich in Franken großgeworden bin? – Hm.

Hollywood zum Anfassen?

Wahrscheinlicher ist, dass wir Männer an unseren Expertenstatus zum Thema „Sex mit Hollywood-Stars“ glauben, weil wir doch schon so viele Fotos in Magazinen und im Internet von der schmollmundigen Amerikanerin gesehen haben und jedes Mal neu verzückt einen Augenorgasmus bekommen. Dass wir dabei der professionellen Photoshop-Marketing-Welt erliegen könnten, kommt uns derweil leider nicht in den Sinn. Da mag ich mich manchmal gar nicht ausnehmen.

Übertragen auf unser Thema lautet die Frage also: Wird ein Unternehmen deswegen zum „Top-Arbeitgeber“, weil viele befragte Studenten, die nie dort gearbeitet haben oder Unternehmensvertreter persönlich kennen, das Unternehmen für einen Top-Arbeitgeber halten…?

Freund und Feind zugleich?

Ich sehe gerade die Ersten unter Euch überlegen, warum ich mich schon wieder über Trendence und Co auslasse und gleichzeitig als Personalmarketing-Verantwortlicher der DATEV mit diesen Siegeln in der Arbeitgeberkommunikation arbeite. Aber das ist leicht erklärt: DATEV ist nicht deswegen ein Top-Arbeitgeber, weil Trendence uns ein entsprechendes Siegel ausstellt. Sondern weil wir mit unserer besonderen Unternehmenskultur unsere Mitarbeiter auf breiter Basis langfristig überzeugen können. Insofern SIND wir ein toller Arbeitgeber und das Siegel drückt das aus, weswegen die Botschaft stimmt.

Wen es interessiert, der kann mehr zu meiner Meinung über Arbeitgebersiegel auch in meinem Interview gegenüber Berufsstart.de erfahren.

Jaja, aber bei kununu-Bewertungen handelt es sich doch um reale Meinungen von echten Mitarbeitern – das eingangs genannte Ranking tritt somit doch gar nicht in die „Trendence-Falle“, oder?

Von „echten“ Mitarbeitern und Personalern

Ah, da haben wir es schon: Sind Bewertungen auf kununu tatsächlich von „echten“ Mitarbeitern? Es gibt hier viele Zweifler. So habe ich am Wochenende mit einer Bekannten via Facebook gechattet und ihr von meinem geplanten Blog erzählt. Ihre Antwort (Zitat): „Na da ist entweder etwas sehr Begeistertes zu lesen oder sehr Schlechtes. Es kommt immer drauf an, wer der Verfasser ist. Meistens sind die sehr guten Sachen von den Personalern des Unternehmens geschrieben und sehr schlechte von den Bewerbern, welche nicht eingestellt worden sind.“ – Holla, da ist aber viel Skepsis vorhanden!

Authentische Bewertungen des Unternehmens durch Mitarbeiter
Sind anonyme Arbeitgeberbewertungen auf Online-Portalen echt?

Zugegeben, das Faken von Bewertungen wird aufgrund der kompletten Anonymität auf kununu leicht gemacht. Aber mit diesem latent vorhandenen Vorwurf müssen sich auch Portale wie Amazon, Ebay oder Holidaycheck rumschlagen. Und trotzdem lesen Hundertausende diese Bewertungen. Hinzu kommt, dass diese nicht nur gelesen werden, sondern dass sie tatsächlich auch oft wirken. Deshalb gibt es im Internet unzählige Beiträge, wie der Realitätsgrad solcher Bewertungen einzuschätzen ist.

Natürlich kann man es sich leicht machen und allen zu positiven Bewertungen von Anfang an skeptisch gegenüber stehen, weil das bewertete Unternehmen vermeintlich ja sooo toll auch nun wieder nicht sein kann.

Masse versus Qualität

Ein wenig schuld daran ist möglicherweise auch die seit der Übernahme von kununu durch XING erfolgte Integration sogenannter Expressbewertungen in die persönliche XING-Startseite. Dort wird man auf Basis der Arbeitgeberangabe im eigenen Profil aufgefordert, sein brötchengebendes Unternehmen zu bewerten:

Expressbewertung XING

Dabei sind mit einem Klick fünf Sterne vergeben, wenn man seinen Arbeitgeber super findet. Allerdings verleitet diese Expressbewertung dazu, mal eben schnell pauschal zu bewerten, sich aber nicht differenzierter damit zu befassen. Das führt dann im kununu-Arbeitgeber-Profil dazu, dass dort eine komplett unkommentierte „5 von 5 Punkten“ Bewertung aufschlägt. Und die untergräbt per se bei den Zweiflern die Glaubwürdigkeit eines Gesamtbewertungsergebnisses. Verständlich. Auch ich freue mich aus diesem Grund wesentlich mehr über eine gut begründete 4,2 als über eine komplett unkommentierte Expressbewertung mit 5.0.

Daher mein Wunsch und Aufruf an Alle: Wenn Ihr bewertet, gebt bitte ausgiebig Feedback. Das steigert die Glaubwürdigkeit und hilft uns Verantwortlichen hinter den Kulissen, das Feedback konkret einordnen zu können und ggf. Verbesserungen einzuleiten
. Danke!

Ist schlecht gleich echt?

Sind dann schlechte Bewertungen realistischer und besser zur Bildung einer Meinung über einen Arbeitgeber geeignet? Die Paranoia einiger Unternehmen, Mitbewerber könnten bewusst negative Bewertungen abgeben und damit dem Unternehmensimage schaden, lasse ich hier mal außen vor. Wenngleich ich aus persönlichen Gesprächen mit Verantwortlichen weiß, dass einige große Automobilunternehmen kununu aus unterschiedlichen Gründen bewusst meiden und versuchen, die Plattform durch Passivität nicht zu einflussreich werden zu lassen.

Wenn Mitarbeiter ihren Arbeitgeber extrem negativ bewerten, dann gilt es immer sehr genau hinzuschauen: Mit einer „1 von 5“-Bewertung sagt dieser Mitarbeiter letztlich, dass er beim furchtbarsten Arbeitgeber überhaupt arbeitet. Eigentlich bliebe für ihn nur die sofortige Kündigung und die Suche nach einem neuen Arbeitgeber. Häufig entstehen solche Extrembewertungen allerdings aufgrund einer emotionalen Trotzreaktion wegen eines kurz zuvor erlebten individuellen Ereignisses (zum Beispiel eines aus seiner Sicht groben Fehlverhaltens des Chefs).

Insofern sind auch solche Bewertungen mit Vorsicht zu genießen. Trotzdem sollte das (immerhin öffentlich zugängliche Feedback) ernst genommen werden.

Die Frage nach der Repräsentativität

Ich liebe die mir in diesem Zusammenhang häufig gestellte Frage „Wie repräsentativ sind eigentlich solche Bewertungen?“, gefolgt von der Behauptung „Das sind doch alles nur Einzelmeinungen!“. In regelmäßigen Abständen muss ich unser Unternehmensengagement auf kununu unter dieser Fragestellung erneut erläutern.

Da hilft ein kleiner Test. Probiert beim nächsten Mal, wenn Euer Chef mit Kritik an Eurer Arbeit um die Ecke kommt, einfach folgende Antwort aus: „Danke für die Bewertung meiner Arbeit. Ich mache schnell mal eine Umfrage unter meinen Kollegen, um ein repräsentativeres Feedback zu erhalten. Mit Einzelmeinungen kann ich nichts anfangen.“.

Geäußerte Kritik sollten Unternehmen ernst nehmen
Wenn Chefs Kritik nicht zulassen.

Feedback ist immer wertvoll

Will heißen: Arbeitgeberbewertungen (positive wie negative) sind immer wertvoll, wenn sie differenziert und detailliert abgegeben werden und alle bewerteten Aspekte tatsächlich auch verbal beleuchten. Damit lässt sich arbeiten, insbesondere wenn Unternehmen mit diesen Bewertungen offen umgehen. Die in den Bewertungen geschilderten Eindrücke können trotzdem immer noch Einzelfälle sein. Pauschalisieren und Hochstilisieren ist weder bei sehr positiven noch bei sehr negativen Bewertungen angebracht. – Nur, genau: Ernstnehmen.

Die Summe macht es aus

Aber ist das Aufstellen von Arbeitgeberrankings auf Basis nur sehr weniger Bewertungen und das darauf basierende Verleihen von Titeln wie „Beliebtester Arbeitgeber der Branche“ nicht zu viel des Guten? Heizt dieser Ranking-Overkill nicht die Skepsis der Zweifelnden noch weiter an?

Klar, vielleicht fühlt sich ein großes Unternehmen, wie zum Beispiel die Rewe Group, die in besagtem Branchenranking angeblich „nur knapp“ (es waren immerhin 0,65 Punkte Abstand?!) den Eingang ins Ranking verpasst hat, angestachelt, weitere Bewertungen für das Portal „auf den Weg zu bringen“. Aber was wäre dann gewonnen? Wenn die großen Konzerne ihre finanziellen Mittel in die Hände nehmen und tatsächlich so etwas wie ein Bewertungs-Wettrüsten auf Basis von Masse statt Qualität ausgetragen wird?

Arbeitgeberranking – Eine Gratwanderung

Insofern liebe kununu- und XING-Verantwortlichen, Ihr betretet mit den vermehrt über XING abgegebenen Expressbewertungen und fragwürdigen Rankings meiner Meinung nach einen sehr schmalen Grat. Ich verstehe natürlich, dass sich der Zusammenschluss Eurer Unternehmen finanziell lohnen und kununu weiter auf die Beine kommen muss. Dazu braucht es weitere (große) Firmen, die bisher noch nicht bei Euch bewertet wurden. Immerhin bedeutet ja „kununu“ auf Suaheli so viel wie „unbeschriebenes Blatt“, das auf der Plattform beschrieben werden soll.

Aber der Markt, also die Unternehmen und die Nutzer gleichermaßen, werden das nur akzeptieren, wenn die Qualität und Glaubwürdigkeit der Plattform stimmt. Insofern bleibe ich gespannt und am Thema dran …


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Stefan Scheller

Autor und Speaker Persoblogger Stefan SchellerMein Name ist Stefan Scheller. In meiner Rolle als Persoblogger und Top HR-Influencer (Personalmagazin 05/22) betreibe ich diese Website und das gleichnamige HR Praxisportal. Vielen Dank für das Lesen meiner Beiträge und Hören meines Podcasts Klartext HR!

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